Ourika Valley


Tagestrip am Mo. 16. Mai 2011

 

Mein Geburtstagstrip sozusagen, auch wenn er sich nur deshalb jetzt schon ergeben hatte, weil meine Tour in die Wüste immer noch nicht klar war. Manoman, nun bin ich 68 und muss zugeben, dass mir die Akzeptanz dieser Jahreszahl weniger leicht fällt, als die der vorherigen. Noch zwei Geburtstage, dann habe ich die 70 erreicht. Werde ich mir bis dahin oder bis dahin meinen Südamerika-Traum erfüllt haben, bzw. erfüllen?
Na ja, es ist müßig, darüber zu spekulieren, es kommt, wie es kommt, und ich werde es nehmen, wie es kommt. So, wie ich auch den Ourika-Valley-Tag genommen habe. Lief er doch anders, als ich es erwarte hatte, ja, aller Voraussicht auch erwarten konnte.

Zuerst einmal verpennte Kamal, der mir am Abend zuvor klar gemacht hatte, dass er mich um 8:50 zum verabredeten Treffpunkt bringen müsse, wo ich dann auf den Guide und seine Truppe treffen würde. Nun denn, wir waren dann um 8:30 dort, was ~ wie immer in anderen Ländern, außer unserem und ähnlich pünktlich orientierten Ländern ~ kein Problem war. Und so kam dann Guide Mustafa plus Auto plus Truppe (2 Mann und 1 Frau = Ami, Engländer und girl friend, eine Schwedin, beide in Edinburgh zuhause) zur Krönung noch 10 Minuten später. Inchallah.
Aber dann ging's wirklich los, wobei ich einen Teil der Strecke bereits kannte, da ich das erste Stück Straße schon auf dem Weg nach Imlil unter den Gemeinschaftstaxirädern hatte. Jetzt war es allerdings kein Taxi, sondern ein Ford Transit, der schon bald dem Abzweig folgte und damit in den Regen führte. Dieser Regen sollte uns dann auch erst einmal ~ bis auf einen kleinen Mini-Ausritt auf einem Dromedar und das Frühstück in einem Berberhaus (Verwandte von Mustafa, versteht sich) ~ den ganzen Morgen begleiten. Seinetwegen haben wir sogar das ebenso leckere, wie opulente Mittagessen vorverlegt. In der Hoffnung, dass der marokkanische Wettergott es sich doch noch anders überlegen würde. Diese Menge an Essen, marokkanischer Tomatensalat mit Fladenbrot, eine Tajine mit Hähnchenkeulen, eine Tajine mit Gemüse und Lammfleisch, eine Schüssel mit Couscous und Gemüse, Minztee plus Wasser und zum Abschluss ein riesiger Obstteller mit Orangen, Melonenschnitzen und Datteln, war von uns vier Leutchen nicht zu bewältigen. Und obwohl wir unsere Teller nicht leer gegessen hatten, zeigte der Gott des Wetters ein Einsehen. Ab ca. 14 Uhr klarte es auf, wir waren regenfrei. Wie auch schon in der Zeit, als wir unser Frühstück im Haus der Berberfamilie vertilgten. Ein Berber-Frühstück natürlich, das schon oder noch in Vorbereitung war, als wir das Haus aus Lehm betraten, indem uns die Frau des Hauses zuerst einmal zeigte, wie sie ihren köstlichen Tee in der zuvor schon beschriebenen Weise zubereitete. Allein das machte mich schon so jifferig, dass ich kaum noch warten konnte, bis der Tee kredenzt wurde. Wie das roch, und wie die Frau das machte. Manoman, was ist unser Friesentee Ritual doch simpel dagegen, auch wenn das Ergebnis ähnlich lecker ist. Und das sagt jetzt jemand, der alles andere als ein Tee-Freak ist.
Vorher hatten wir bereits zu sehen bekommen, wie eine Tochter des Hauses dicke Fladen auf einem kleinen Feuer buk, auch wenn wir da noch nicht wussten, dass sie für uns bestimmt waren. Aber 4 Stück von diesen ca. 1 bis 1,5 cm dicken und ca. 30 cm großen Fladen bekamen wir dann an unser Tischchen geliefert. Was nicht nicht zu schaffen war, obwohl Mustafa und der Fahrer ebenfalls zulangten, nachdem unser Guide die Dinger ~ obwohl sie fast zu heiß zum Anfassen waren ~ vorschriftsmäßig und mit einiger Anstrengung in kleinere Stücke zerrissen hatte.

Zusammen mit den Falden gab es einen Teller mit einer dunkelgelber Butter, wie ich sie noch nie gesehen hatte, einen Teller mit Olivenöl, in das man das Brot tauchen konnte ~ was man allerdings mögen muss, mein Fall war das nicht ~ einen Topf mit leckerer Aprikosenmarmelade und natürlich diesen göttlichen Tee. Alles selbst gemacht, versteht sich. Die beiden Kühe, von der die Butter stammte, und ein Kälbchen lagen wiederkäuend nebenan im Stall.
Das Haus war, wie hier üblich, an den Hang gebaut. Und so kletterte man innen auch von einer Etage zur nächsten, bis hinauf auf die obligatorische Dachterrasse.
Im Eingangsbereich befand sich eine Töpferscheibe, Brennholz, Stroh für die Kühe und ein Sammelsurium verschiedenster Dinge.
Vom sich anschließenden Innenhof gingen die Toiletten und Räume ab, die wir nicht zu sehen bekamen. Hier stand auch ein Back- oder Grillofen aus Lehm und ein Mini-Haman für eine Person. In der nächsten Etage befanden sich dann die Küche und weitere Räume, sowie die Frauen und Kinder der nicht gerade kleinen Familie, die dort ihren Tätigkeiten nachgingen. Wobei die kleinen Kinder herumwuselten, bzw. sich im Tragetuch ihrer Mütter befanden. Tja, und die Männer standen herum und unterhielten sich.

Die beeindruckendste Person aber war die Frau des Hauses, die uns den Tee zubereitete. Sie war eine Patronin ~ falls ich das Wort so benutzen darf, Matronin klingt irgendwie nicht ~ die den Laden zu schmeißen gewohnt war und sicher trotz der hier üblichen Rollenverteilung auch ihren Mann im Griff hatte. Ihre Augen wichen nichts und niemandem aus, genau wie die verschleierte Frau, die mir den Armreif erst schenken, bzw. dann doch verkaufen wollte. Und auch sie war groß gewachsen. Bei diesem Blick konnte man sich vorkommen, wie ein kleiner Junge, der gerade bei irgendwas erwischt wurde aber noch nicht genau weiß, ob und was er verbrochen hat.

Diesem Highlight sollte dann der Mini-Ritt auf einem Dromedar folgen. Wir waren kaum im etwas nachlassenden Regen mittels einer Treppe aus Metall ~ ähnlich einer Behelfsgangway für Flugzeuge ~ auf die nassen Sitzpolster der hohen Dromedare geklettert, als der Kamelführer die Tiere auch schon für ca. 5 endlose Minuten einen Weg hinunterführte, eine gekonnte Kurve mit unserer Viererkarawane hinlegte und nach etwa 10 Minuten konnte es dann weitergehen, als niemand von uns etwas von dem Krimskrams kaufen wollte, der dort außerdem angeboten wurde. Wobei wir dann im Auto auf Mustafas Anraten unsere Planänderung mit dem Mittagessen beschlossen.
Als es dann nach dem Essen bei besserem Wetter weiterging, war auch wieder die herrlich wilde Berglandschaft zu sehen, die sich vorher mehr oder weniger in den Wolken und im Nebel versteckt hatte. Und wie zuvor schon auf der Fahrt nach Imlil konnte man zwar überall den Einfluss von Menschen erkennen, aber trotzdem wirkte das Ganze so wild und unnahbar, wie ich es zuvor noch nicht gesehen hatte.
Als wir dann an der Endstation ankamen ~ einem noch kleineren Ort als Imlil und genauso zwischen die Felsen gequetscht ~ stellte sich heraus, dass der viele Regen es unmöglich gemacht hatte, dass wir zu den Wasserfällen laufen, bzw. klettern konnten. Der Zugang war wegen zu viel Wasser gesperrt, und der Weg war zu schlüpfrig und durch auf den Weg gespültes Geröll unpassierbar geworden. Das hatte ich doch ähnlich bereits in NZ am Franz Joseph Glacier erlebt.

Nun denn, dafür zeigte sich an anderer Stelle ein anderes Naturphänomen, nämlich ein anderer kleinerer Wasserfall, der auf Grund der Bodenverhältnisse dunkelorange den Fels herabstürzte, die Straße überflutete, um dann auf der anderen Seite der Straße seine fast blutrote Farbe mit dem schaumig-weißlichen Wasser des eigentlichen Flusses zu vermischen. Ebenfalls ein faszinierendes Bild, wie ich es vorher noch nie gesehen hatte. Jeder weitere dieser Fälle sorgte mit seinem roten Wasser dafür, dass der Fluss schließlich komplett rot gefärbt dahin floss.

Außerdem sahen wir die ersten reifen Kirschen an den vielen Bäumen, die hier in den Tälern neben Apfel-, Walnuss- und Aprikosenbäumen überall wuchsen. In Imlil, das höher liegt, waren sie noch nicht soweit. Mustafa, der eine Handvoll klauen wollte, bekam vom Besitzer, der am anderen Straßenrand im Gras saß, eine Breitseite an Schimpfworten zu hören, so dass es für jeden nur eine einzige Kirsche gab.
Tja, kein Wasserfall, keine Kirschen, was war nun schlimmer? Gar nichts, denn trotz allem hatte die Fahrt ja Spaß gemacht. Und wahrscheinlich hätte ich den nun ungesehenen Wasserfall doch auch nur wieder mit all den anderen von damals verglichen. Immerhin war ich dem verrückten Mustafa begegnet, vor dem mich Kamal als „crazy Mustafa“ vorgewarnt hatte, der sicher, wenn er vor genügend Publikum so richtig aufdrehte, einiges zu bieten haben dürfte. Bei unserer kleinen Gruppe gab er sich jedoch ziemlich gemäßigt. Obwohl er doch wissen wollte, was Kamal mir über ihn erzählt hatte.

Und da es unterwegs so schön geregnet hatte, war es wohl klar, dass es abends, zur üblichen Zeit gegen 18 Uhr in Marrakesch auch wieder regnete. Ein gelungener Tag also, der noch durch mein erstes, wirklich kaum zu essendes Gericht auf dem abendlichen Jemaa el Fna inclusive dem dreistem und ersten Versuch, dafür auch noch mehr Dirham einzuheimsen, als lt. Speisekarte fällig gewesen wäre.
Mir war so nach Calamares, und ich hatte mich gleich an der ersten Garküche einfangen lassen, die sie neben den vielen anderen Dingen anboten. Was ich jedoch bekam, war so etwas wie überaltetes Radiergummi, auf dem ich mit aller Macht herumkaute, um es irgendwie zu zerkleinern. Ich hätte ja gerne reklamiert, aber wie soll jemand, dessen Französisch mehr als bescheiden ist, jemandem, der kaum Englisch spricht, klarmachen, dass die Dinger zäh waren, weil sie zulange gebraten wurden. Das wäre ausgegangen wie das Hornberger Schießen. Und mit Wehmut gedachte ich der butterzarten Calamaresringe seinerzeit bei dem Kochkurs in Singapur.
Das Ganze hätte 35 oder maximal 40 Dirham kosten dürfen und Trinkgeld war ich für diese Gummiringe nicht bereit zu geben. Und als mir der Typ dann von meinen hingereichten 50 Dirham nichts herausgeben wollte, weil er den Rest wohl als passendes Trinkgeld ansah, stank es mir. Und so machte ich ihm klar, dass es kein Tipp geben würde. Worauf er nun erzählte, dass er das Brot, die Oliven, die beiden Saucen und die Benutzung von Messer und Gabel extra berechnen müsse. Nach dieser Einlage bestand ich mit Händen und Füßen auf der Herausgabe der 10 Dirham. Was erst einmal noch nichts brachte, hatte er doch den Schein sicher in der Hand. Erst als ich einem Pärchen, das sich gerade gesetzt hatte, erzählte, dass sie ja keine Calamares bestellen sollten und dass hier beschissen würde, rückte er die Penunzen dann doch grummelig wieder raus. Warum nicht gleich so. Dagegen fand ich alle vorherigen Bemühungen, mir ein paar Dirham aus der Tasche zu ziehen, doch irgendwie vertret- und nachvollziebar, auch wenn sie mich nicht jedes Mal begeisterten. Den Jungs hier fehlte der Charme der Asiaten, auch wenn sie mehr und vor allem andere Tricks draufhatten. Womöglich hätte ich ihm ja von meinem Geburtstag erzählen sollen, vielleicht hätte er mich ja dann eingeladen.

 

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Fotos Ourika Valley