Imlil ~ am Fuß des Jbel Toubkal

 

 

Etappe 3 ~ v. Do. 12.5. bis Sa. 14.5.2011

 

 Nein, Imlil war regenfrei, wenn auch nicht wasserfrei. Ein rauschender Gebirgsbach ~ vielleicht schon eher ein Flüsschen in seinem Bett aus kleinen und großen, bis zu ganz großen Felskullern ~ hatte es wegen des vielen Regens verdammt eilig, den kleinen Ort zu durchqueren. Ich konnte mir gut ausmalen, wie es hier zugehen würde, wenn die Schneeschmelze oder zu viel Regen für noch mehr Wasser-Power sorgen, wie es ~ wie man mir erzählte ~ 1995 der Fall passierte und mehr oder weniger alles weggespült worden war.

Aber noch war ich ja nicht dort. Denn erst einmal musste ich nach meiner ersten und einzigen Nacht im Riad Amazigh im Anschluss an das wirklich gute Frühstück zum Place de Foucauld aufbrechen, um mit einem „petite Taxi“ zu einem „grande Taxi“ zum „Bab er Rod“ (Name der Taxi Station) am Stadtrand zu fahren. Und dann dort auch möglichst bald eins bekommen.
Dabei war eigentlich schon alles geritzt, auch wenn ich es noch nicht wusste. Mein oder unser Gemeinschaftstaxi wartete nämlich schon, auch wenn ich erst mal noch alleine da herumstand und klarzumachen versuchte, was ich wollte und was nicht. Zum Beispiel keine 60 Dirham für meinen Platz in einem Gemeinschaftstaxi zahlen, sondern einen angemessenen Betrag darunter, der sich dann, wie zuvor schon gesagt, bei 30 einpendelte. Dann aber tauchten auch schon die beiden Marrakeschi mit ihrem Töchterchen auf und bald darauf auch das andere junge Paar, und wir waren komplett. Die 67 Kilometer nach Imlil konnten unter die Räder genommen werden.
Es sollte ~ je nach Straßenzustand ~ eineinhalb bis zweieinhalb Stunden dauern, denn die Straße nach Asni wurde an einigen Stellen verbreitert und erneuert. Sie hatte es wohl auch nötig und teilweise sah es aus, als ob gerade ein dicker Steinschlag herunter gekommen wäre. Und an diesen Stellen wurde der Auf- und abfahrende Verkehr ~ zum Leidwesen der Taxifahrer ~ im Wechsel vorbei geführt. Ihr Hupkonzert mochte ihnen vielleicht den Frust über die vertane Zeit etwas erleichtern, half aber letztlich nichts. Zumal wir dann dennoch & endlich ankamen, und die übliche Prozedur, mich in dieses oder jenes Hotel abzuschleppen, begann.

Ich hatte mir jedoch aus dem Lonely Planet bereits eins ausgesucht und wollte keinem der Schlepper folgen. Zumal sie behaupteten ~ darauf wird ja immer hingewiesen ~ dass das Hotel
»El Aine« geschlossen sei. Hihi, auf euch falle ich doch nicht mehr herein, freute ich mich und stiefelte los. Nur um festzustellen, dass diese Aussage nun wirklich und endlich einmal stimmte. Das Hotel war nicht nur geschlossen, es stand sogar zum Verkauf.
Also suchte ich nach der zweiten LP Empfehlung, dem Hotel
»Café Aksoual« und fiel selber darauf rein; tat ich doch ~ wie auch schon damals hin und wieder ~ einen Griff ins Klo. Und zwar dieses Mal ins sogen. türkische Klo, die Hocktoilette, die natürlich nicht wirklich ein Problem gewesen wäre. Zu oft hatte ich ihre Benutzung üben dürfen und sie zumindest akzeptieren, wenn auch nicht lieben gelernt. Ich musste meine Hand auch für eine Nacht drin lassen, da ich meine Taler zu schnell rausgerückt hatte, ohne zuvor alles ausreichend zu inspizieren Es gab kein Toilettenpapier, aber dafür den bekannten Eimer für benutztes Papier, der erst leer und dann übervoll war, weil er in der ganzen Zeit nicht einmal geleert wurde.
Für 250 Dirham (ca. 22 Euro) bekam ich ein nacktes Zimmer mit Doppelbett incl. Halbpension. Dormbeds gab es gar nicht. Das Fenster meines Zimmers verzichtete auf jegliche Art von Vorhang, wohl deswegen, um den Kirschbaum immer vor Augen zu haben.
Den besten Ausblick hatte man aus dem kleinen Fenster der Hocktoilette, auf einen majestätischen Berg. Die Gemeinschaftsdusche war auf dem Flur, was ja durchaus noch als normal anzusehen ist. Aber auch das einzige Waschbecken für alle hing im Flur an der Wand. Man konnte sich also ungestört Duschen, aber nur im öffentlichen Bereich waschen. Aber so etwas wie ein Handtuch, stand bei dem Preis dennoch nicht zur Verfügung. Wie schön, dass ich vorsorglich nicht nur Toilettenpapier, sondern auch mein leichtgewichtiges Microfaser Handtuch mitgenommenen hatte.
Auf dem Bett lag eine normale Zudecke, die aussah, wie eine gut genutzte Umzugsdecke und unter der schon viele Gäste ohne jegliche weitere Laken geschlafen zu haben schienen. Wie gut, dass ich auch mein Schlafsack Inlett und meinen Sarong aus Indonesien dabei hatte. So konnte mich die Schmuddel-Decke nicht weiter schrecken oder gar vom Schlaf abhalten. Bei näherem Hinsehen wirkte die ganze obere Etage leicht schmuddelig, während das Restaurant unten im Erdgeschoss einen durchaus guten Endruck machte, der vom Frühstück, incl. recht gutem Kaffee und meinem Abendessen noch positiv unterstützt wurde. Und das, obwohl dem Koch ein leichter Brandenburger bei seiner abendlichen Tajine gelungen war. Kann ja jedem mal passieren. Aber ein leckeres Tomatensüppchen riss das Ganze zumindest ein wenig raus.

Ich habe mir dann am anderen Morgen ein anderes Hostel zu suchen versucht und musste feststellen, dass es in zwei anderen auch nicht besser, allenfalls etwas günstiger vom Preis her war. Erst das dritte, das Café Hotel Soleil, um dass ich einen Bogen gemacht hatte, weil es teuer aussah, gefiel mir gut und es kostete „nur“ die gleichen 250 Dirham incl. Halbpension.
Aber welch ein Unterschied. Der Raum war in einem dunklen Pink gestrichen, hatte neben einem Einbauschrank noch einen Garderobenständer und einen relativ großen Spiegel, um meinem Outfit bei Bedarf den letzten Schliff zu verpassen. Es gab 2 Tische plus Stuhl, und die Fenster gingen ~ ei wie fein ~ auf den rauschenden Gebirgsfluss und die Berge. Super! Außerdem hatte ich ein eigenes Duschbad mit normalem WC und die Kleinigkeiten, wie Toilettenpapier, Seife und Handtuch waren ebenfalls vorhanden. Also alles in allem ein ganz anderer Schnack.
Wieso war ich eigentlich nicht gleich dort gelandet? Hier fühlte ich mich für jeden einzelnen Dirham wohl, zumal die Mitarbeiter super nett, und das Frühstück, sowie das Abendessen fast zwangsläufig noch einen Tick besser waren, und letzteres ohne Brandenburger serviert wurde.
Allerdings war es mir nicht möglich, auf Grund der grauenvollen Matratze in dem Einzelbett zu schlafen. Wehe dem, der in diesem Bett schlafen muss, weil er sich das Zimmer mit einem Paar geteilt hat und das ausgezeichnete Doppelbett zwangsläufig von ihm belegt wird. Auf dem teppichbelegten Fußboden würde man besser liegen, der wäre nicht so hart und auch nicht so schief und kuhlig gelegen, so dass man auf einer Stelle liegen bleiben und nicht immer zu Außenrand rutschen würde.

Da ich ja das Zimmer für mich hatte, war die Frage eher akademisch, wer im Doppelbett und wer im Einzelbett schlafen würde.

Mein Rundgang hatte ergeben, dass ich wohl ohne geeignete Karte eher nicht alleine versuchen sollte, irgendwelche Wege und Pfade zu finden, die mich in und durch die wilde Bergwelt bringen könnten. Als Nicht-so-sehr-der-Bergfan, kam ich mir in diesem engen Tal, in das sich der Ort hinein quetschte, doch ziemlich klein und unbedeutend vor. Mir reichte es vorerst, erst einmal nur der Hauptstraße und den versteckten Wegen zwischen den Häusern abseits der Hauptstraße und am Fluss zu folgen.
Anschließend meldete ich mich bei der „Information de Tourist“ für einen 2-stündigen Muli Ritt über irgendwelche Gebirgspfade durch 2 Berber Dörfer an. Um sicher zu gehen, dass ich nicht wieder abspringen würde, war eine Anzahlung von 50 Dirham fällig, die restlichen 110 Dirham sollten vor Antritt des Ritts gezahlt werden. Ich bekam sogar einen handgeschriebenen Zettel mit allen wichtigen Daten als Quittung. Was wollte ich mehr, zumal mir ein Muli als Reittier in meiner Liste reitbarer Tiere noch fehlte.
Am anderen Morgen machte man mich dann um 10 Uhr mit Abdul und seinem namenlosen Maultier bekannt, nachdem ich den Rest des vereinbarten Betrages auf den Tisch geblättert hatte. Wir haben den Mischling aus Pferd und Esel dann auf
»HANS« getauft, nachdem Abdul den noch namenlosen an eine Art Rampe geführt hatte, damit ich überhaupt aufsteigen konnte. Es gab nämlich weder Steigbügel noch Sattel, nur ein dickes Polster, über das eine Decke gelegt war, die auf beiden Seiten an der vorderen unteren Ecke ein Tasche hatte, in die man seine Füße stecken musste. Womit dann immerhin ein gewisser Halt gewährleistet war. Zur Unterstützung gab es dann an dieser Decke noch eine Schlaufe zum Festhalten und das war's. Antreiben, lenken, stoppen, alles wurde von Abdul bewerkstelligt, der allerdings auch immer wieder leichte Mühe damit hatte, sein etwas bewegungsfaules Maultier in Bewegung zu halten. Aber das wird diesen Tieren ja nun mal nachgesagt. Insofern war es auch gut, dass ich mich für einen 2-Stunden Ausritt entschieden hatte, in einer wären wir nicht weit gekommen. Zumal das Tempo ja das Schritt-Tempo Abduls war und nicht das, was »HANS« vielleicht hätte leisten können. It doesn't matter, wir zottelten gemütlich den Berg hoch. Wobei die Pfade zuerst immer abenteuerlicher wurden.
Rechter Hand ging es meistens steil bergab. Je höher wir kamen, desto tiefer hätte der freie Fall im Falle eines Strauchelns von
»HANS« ausfallen können. Als wenn der um den Nervenkitzel wüsste, hatte er die absolute Tendenz, so weit rechts wie möglich direkt am Abhang entlang zu laufen. Aber so trittsicher, wie er war, hatte weder Abdul noch ich Bedenken.
Da oben, hoch auf
»HANS« thronend, musste ich an meine Campervan Fahrt in Neuseeland denken und wie unwohl ich mich meistens fühlte, wenn ich auf meiner Seite den Abgrund hatte. Dabei bewegte ich mich nicht einmal so dicht an der Kante. Auf »HANS« machte es mir nichts aus. Es war einfach nur klasse, mir von seinem Rücken aus die Gegend anzuschauen. Allerdings wurde der Wind kälter und kälter, je höher wir kamen. Ich war froh, meine Fleecejacke nicht nur mitgenommenen, sondern auch angezogen zu haben.

Dann zottelten wir durchs erste Berberdorf und danach ging es auf einem Schotterweg weiter, der von den Ausmaßen zuließ, dass sich hierher auch mal ein Auto verirrte. Und richtig, genau dafür war diese Straße auch gedacht, denn hier oben pflegten sich in der Sommerhitze die entsprechend Betuchten aus Marrakesch und Casablanca zurückzuziehen ~ immer wieder gab es entsprechende Anwesen, denen man ansah, dass das keine Berber Häuser waren ~ und auch das Dorf wurde über diese Straße versorgt, es musste nicht mehr alles per Muli oder zu Fuß hochgebracht werden.
Allerdings hatte dieses Dorf eine seltsame Ausstrahlung, passend zu den dunkelgrauen Häusern. Niemand antwortete auf meinen Gruß, schaute mich an oder lächelte. Seltsam, was eine Farbe ausmachen kann! Denn im nächsten Dorf war das völlig anders. Die Häuser waren im hellen Lehmton gehalten und hier bekam ich sogar Kontakt zu ein paar Kindern, und die Frauen gaben sich freundlich. Dafür waren die Wege in diesem Dorf derartig abenteuerlich, dass Abdul mich an einer besonders kniffligen Stelle abzusteigen bat.
Das aber war etwas, was gar nicht gut klappen wollte, denn meine Knie hatten sich in der seltsamen Hockhaltung so verkrampft, dass ich kaum von HANS herunter kam und nur mit Mühe die ersten Schritte tun konnte. Und so beschloss ich, gar nicht erst wieder aufzusteigen, sondern die letzten paarhundert Meter zu laufen. Damit konnte ich nun, wie schon gesagt, ein weiteres reitbares Tier meiner Sammlung hinzufügen und hatte außerdem einen schönen 2-Stunden Ausflug gemacht. Jetzt fehlt nur noch ein Esel und ein Dromedar. Vielleicht gibt es ja außerdem noch ein paar Exoten, von denen ich im Moment noch gar nichts weiß.

Da sich die Mittagszeit im Anmarsch befand, versuchte ich meinen Augen und meiner Nase zu folgen, um ein geeignetes kleines Lokal zu finden, das dem leisen Rühren in der Magengegend etwas zu bieten hatte. Und das möglichst auf einer Dachterrasse. Die tauchte dann am anderen Ende des Dorfes auf, auch hier mit Blick auf den Fluss, incl. seiner Geräuschkulisse und Blick über die Dorfstraße. Bei diesem Ausblick bekam ich dann meine bisher leckerste Tajine serviert, nämlich die schon erwähnte mit Hackfleisch und Ei.
Imlil verfügte aber nicht nur über eine Handvoll kleiner Lokale, sondern auch über 2 Internet Cafés, die sogar bereit waren, mich mit eigenem „le portable“ = Notebook zu akzeptieren. 7 Dirham sollte das Vergnügen pro Stunde kosten, also ca. 60 Cent. Nur kam ich nicht mehr dazu, sie auszugeben, da das eine Café geschlossen hatte und das andere sich nicht imstande sah, meinem Drang nach meiner Droge nachzugeben. Es hatte nämlich einen totalen Stromausfall gegeben, der bis in den späten Abend anhalten sollte.
Nichts, was in irgendeiner Form Strom benötigte, ging mehr. Und so war mein Notebook denn dann auch davon betroffen, nachdem der Akku alles gegeben hatte. Und da inzwischen die Dunkelheit herrschte, standen überall im Hotel Kerzen herum. Auch jeder Gast bekam eine, so dass mein Zimmer in Candellight Stimmung getaucht wurde.

Romantik hin und her, für den nächsten Morgen hatte ich meine Rückfahrt nach Marrakesch geplant, und fragte mich schon, ob sie genauso eaysgoing mit einem Gemeinschaftstaxi vonstatten gehen würde, wie die Anreise, denn allzu viele Traveller, die dann auch noch zurück wollten, schien es hier zur Zeit ja nicht zu geben.
Und so stand dann auch morgens nach meinem ausgezeichneten letzten Frühstück zuerst nicht ein einziges Taxi auf dem Platz, auf dem es bei meiner Ankunft noch gewimmelt hatte. Allerdings tauchte dann immerhin eines auf und der Fahrer erkannte in mir sofort mit berufsbedingter Sicherheit, dass da Beute auf ihn wartete. Er wollte mir schmackhaft machen, dass genau sein Taxi das ideale private Taxi für mich sei. Für 200 Dirham würde er mich nach Marrakesch bringen, 20 Dirham mehr, als es umgekehrt von der Taxistation am Stadtrand von Marrakesch hätte kosten sollen.
Natürlich lehnte ich ab, weil ich davon ausging, dass weitere Taxen eintrudeln würden, was sie aber innerhalb der nächsten Stunde (noch) nicht taten. Es würde also wahrscheinlich erst um die Mittagszeit oder später soweit sein, dass die ersten 240er mit ihren Fahrgästen aus Marrakesch eintrudelten. So, wie ich ja auch um die Zeit hier angekommen war.
Hatte ich darauf Bock? Eher nicht. Und so versuchte ich, mich mit dem einzigen Taxifahrer wenigstens dahingehend zu einigen, dass ich sein Taxi für 180 = 6 x 30 Dirham (oder ca. 16 € für 167 Kilometer) bekäme. Was dann, nachdem ich noch eine ganze Weile ausgeharrt hatte, auch sehr schnell klappte. Und so ging's dann munter retour. Sogar bis in die Stadt zu dem Taxenplatz in Nähe der Koutoubia Moschee brachte er mich auf meine Bitte. Wobei er mich normalerweise am Stadtrand hätte absetzen können.
Omar hieß dieser Mann. Und da er ein leidliches Englisch sprach, konnten wir unterwegs sogar über das ein oder andere reden. Z.B. über ein silbernes Amulett, das am Armaturenbrett hing. Ohne jeglichen Schnickschnack ganz schlicht gehalten, wirkte es nur durch seine Form und die geschwärzten, sowie silbrig gelassenen Bereiche. Ein senkrechtes, ca. 3 cm langes Stück Silber, dass ursprünglich einen ca. 3 mm runden Querschnitt, wie ein Draht gehabt hatte und mittig eingekerbt worden war. Wobei die Kerbe schwarz und die erhabenen Seiten silbrig waren. An die Senkrechte war unten und oben je ein Halbkreis angelötet, wobei der obere mit seiner Öffnung nach oben zeigte, und untere nach unten. Das Ganze sah damit einem Strichmännchen recht ähnlich, dessen Arme und Beine genauso behandelt waren, wie der Korpus.
»Es ist dem Berber Alphabet entnommen und stellt den Buchstaben Z dar«, erklärte Omar auf meine Frage.

 

»Außerdem bedeutet es Amaizigh«, fügte er hinzu. Womit sich der Kreis zu meinem zweiten Riad schloss, das ja diesen Namen trug und das Zeichen in ca. 40 cm Größe auf der Tür montiert hatte.

 

»Dieses Zeichen steht für „Freier Mann“ und geht auf die Sklavenzeit zurück, in der es nur freie Männer tragen durften«.
Leider habe ich ihn nicht gefragt, ob er mir das Schmuckstück eventuell verkaufen würde, oder wo ich so etwas kaufen oder machen lassen könne. Diese Gedanken kamen mir erst, als er längst wieder auf dem Rückweg war. Damit begann die Sucherei in den kleinen Schmuckgeschäften der Souks. Jedoch ohne Erfolg, sie wollten mir alle nur platte, wild ziselierte, mich wenig ansprechende und einfallslose Dinger verkaufen. Darauf verzichtete ich dann auf dieses ansprechende Amulett. Die Idee, es von einem der Jungs machen zu lassen, habe ich auch schnell wieder verworfen, obwohl sie sich diensteifrig anboten. Aber sie erwarteten von mir genaue Angaben ~ Größe, Breite, Höhe, Durchmesser ~ die ich nun mal nicht liefern konnte, denn dummerweise hatte ich es nicht fotografiert.

Als ich dann wieder in meinem alten Riad Iaazane ankam, verabschiedeten sich gerade zwei Männer, die mich, als Hakim meinen Namen rief, begrüßten: „Das ist also der ältere Herr aus Deutschland“. Und erfuhr dann nebenbei, dass die beiden aus Bremerhaven kamen und nur einen Kurztrip nach Marrakesch gemacht hatten. Ich war ein wenig erstaunt über dieses Phänomen, denn sie waren mindestens die sechsten oder achten, die mal eben für 2 Tage oder wenig länger die Gunst eines Billigfliegers in Anspruch genommen hatten. So etwas sollte ich doch nach meiner Rückkehr nach Deutschland in meine Überlegungen einbeziehen, gelle!
Erst einmal wartete aber mein altes Bett auf mich, und neben Hakim auch Kamal, der mich ebenfalls begrüßte, als wäre ich mindestens ein halbes Jahr weg gewesen. Mit Kamal versuchte ich gleich meinen Trip in die Wüste und ins Ourika Tal zu verhackstücken, wobei ich im Moment noch auf eine geführte Tour in die Sahara spekulierte, wie sie von Kamal wärmstens empfohlen wurde, und die die anderen zuvor schon voll des Lobes hinter sich gebracht hatten. Was mir nach den Erfahrungen mit Imlil auch einleuchtete, obwohl ich geführte Touren meistens zu vermeiden gesucht hatte. Da sich aber mangels der minimalen Interessenten Forderung (6 Stück) eh nicht so fix etwas tat, entschloss ich mich, die ebenfalls geführte Ourika Tour erst einmal vorzuziehen.
Auch die beiden Jungs aus Brasilien, Louis und Conrado (letzterer urgroßväterlicherseits deutscher Abstammung und damit absolut nicht brasilianisch aussehend), die Marrakesch nur für wenige Tage an ihre Europa Reise angehängt hatten, waren noch da und suchten für ihren letzten Abend nach einer Hasch Quelle, um sich noch einen, auch im Hanf-Anbauland verbotenen Joint rein zu ziehen. Er sei wohl etwas heftig gewesen, meinten sie am anderen Morgen, als sie ~ leicht verkatert ~ später als sonst zum Frühstück erschienen.

 

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