Mit Bahn, Bus & Schiff nach Australien usw!

Saalfeld

 

Etappe 3 (Thüringen) ~ Mo. 13. bis Fr. 17.08.2007

 

Bevor ich überhaupt nach Saalfeld gelangen konnte, stand mir die gleiche Prozedur bevor, die ich in umgekehrter Form schon hinter mir hatte. Jetzt hieß es also, vom Hostel wieder zum Bahnhof zu gelangen. Allerdings hatte ich aus meinen DD Erfahrungen der letzten Tage gelernt, wie ich auf dieser Rückfahrt die Straßenbahn einen Tacken besser für meine Zwecke benutzen könnte.

Und so latschte ich noch vorm Frühstück und komplett ohne Gepäck ~ da es an der nächsten Haltestelle keinen Ticketautomaten gab ~ zu der Kreuzung, an der ich eh umsteigen musste und ab dort zwischen 2 Linien wählen konnte. Dort löste ich nun mein Spezial-Ticket für über Sechzigjährige, eine Tageskarte für 3 Euro fünfzig, die sich rechnerisch als die günstigste Variante darstellte, da ich ja an dem Morgen noch mehrere Fahrten mit der Tram vorhatte. Ich kletterte also in die nächste Bahn, Richtung Bahnhof und versuchte nun zum ersten Mal auch dort dem Automaten klar zu machen (incl. Zahlung per Bankkarte), dass ich eine Fahrkarte ~ und zwar das Sachsenticket benötigte ~ um so auf die preiswerteste Art (18 €) nach Saalfeld zu gelangen. Und das gelang so gut, dass ich fix wieder im Hostel war, frühstücken konnte, anschließend meine Habseligkeiten zusammen packte, um dann erneut mit meinem gesamten Gepäck plus Tagesticket die Straßenbahn Richtung Bahnhof Dresden Neustadt zu entern.

 

Bis hierher alles ganz easy.

 

Los ging's mit den Schwierigkeiten dann im Bahnhof, kurz nachdem ich meinem Cousin meine Ankunftszeit verklickert hatte. Denn eine zwar charmante, aber dennoch gnadenlose weibliche Stimme verkündete die gar nicht frohe Botschaft, dass sich ausgerechnet mein Zug aus irgendwelchen Gründen um 30 Minuten verspäten würde. Da hatten wir den Salat, denn dadurch würde ich meinen Anschlusszug in Leipzig nicht bekommen und deutlich später in Saalfeld ankommen. Also, nächster Anruf und die geduldige Weste übergestreift. Ich sach's ja, Dresden mit seiner seltsamen Energie und nun das. Oder ist das nur eine Art Vorübung für das noch vor mir liegende Bahnabenteuer in den noch vor mir liegenden Ländern? Das kann ja heiter werden. Aber meine Odyssee war dann halt doch am späten Nachmittag auf dem Saalfelder Bahnsteig zu Ende.

Dort stand Klaus, mein 5 Jahre älterer Cousin, den ich nun zum dritten Mal in meinem Leben sah und lud mich zuerst in sein Auto und wenig später in ein als Gäste- und Musterwohnung genutztes 2 Zimmer-Appartement ein.

Hach, hatte ich doch endlich mal wieder einen Bereich ganz für mich allein, nur für mich. Mit allem was dazu gehört. Wie ein richtiger Mensch kam ich mir wieder vor und habe erst einmal von meinem Revier Besitz ergriffen. Nein, nicht mit einer oder mehrerer Duftmarken an allen Ecken und Kannten, sondern in dem ich alle Klamotten aus meinen beiden Rucksäcken zerrte und überall verteilte. Im Schrank, auf dem freien Teil des Doppelbetts, auf dem Sofa, dem Esstisch, im Bad, im Flur und in der Küche. Mein Reich, in das ~ wie gehabt ~ niemand irgendwann spät nachts einfach so eindringen konnte, um mit Gepolter und Getöse im Nachbarbett einzuparken. Ich hätte nie gedacht, dass und wie sehr ich diese Tage genießen würde.

Allerdings ~ auch das sei nicht unerwähnt ~ bemerkte ich so ca. nach dem zweiten Tag, dass mir etwas zu fehlen begann, nämlich der dauernde Kontakt mit irgend jemandem, der wie ich, aus dem Rucksack lebte. Und sei es nur ein Hallo auf der Treppe oder (in Dresden) das Warten auf das freiwerdende Bad mit der spannenden Frage: „Wer mag da gleich raus kommen und wie wird die Butze aussehen?“ Ist schon putzig, gelle?

Dabei hatte ich ja den lieben langen Tag mit meinen beiden zu tun, mit Klaus und seiner Sylvia, die sich rührend um ihren Wessi-Cousin kümmerten. D.h. Cousin stimmt ja nur in seinem Fall. Wie sich das verwandschaftliche Verhältnis zwischen ihr und mir nennt, wussten wir alle drei nicht. Wir haben uns dann auf Schwipp-Cousine / Cousin geeinigt, so à la Schwipp-Schwager o.ä. Aber all diese Dinge interessieren hier wohl eher weniger. Und auch nicht, dass mir Klaus in einer Art Zeitraffer alles das zeigte, erklärte, was ich von und aus der Vergangenheit (m)einer thüringischen Familienhälfte nicht kannte ~ den Geburtsort meines Vaters, das Haus, in dem er groß wurde usw. usf. Und natürlich die bezaubernde Landschaft, die ganz allgemein für mich etwas hatte, was sie zu etwas Besonderem werden ließ. Ich hatte das Empfinden, dass sie sich, einschließlich der Dörfer und Städte von westdeutschen Landschaften nebst Orten unterscheidet, und zwar in einer Weise, die ich nur so beschreiben kann: westdeutsch = geleckt / perfekt, deutsch halt. Ostdeutsch = ursprünglich, sich selbst darstellend in einer Form, die (noch) nicht verbogen ist. Es war ein seltsames Empfinden und mag komisch klingen, aber immer dann, wenn wir auf unseren Touren die ehemalige Demarkationslinie überfuhren, spürte ich im gleichen Moment den Unterschied.

 

Naja, und dann kam auch schon der letzte Tag, den ich morgens für mich reserviert hatte, um endlich mal wieder ein wenig meinen Internet Neigungen und anderem nachzugehen, was ich die letzten Tage halt vermisst / versäumt hatte. Wobei sich der Zugang zum www mal wieder nicht als ganz einfach erwies, denn in Saalbach schien es kein Internet Café zu geben. Ich konnte nur 2 Spielsalons ausfindig machen, von denen mir eins sogar kostenfrei die Nutzung ihres WLAN erlaubte. Und dann saß ich ~ der noch nie so eine Spielhölle von innen gesehen hatte ~ plötzlich in einem Raum mit einem riesigen abgedeckten Billard- wahrscheinlich eher Snookertisch und konnte zumindest einen Teil dessen erledigen, was ich mir vorgenommen hatte. Hätte ich bloß mehr erledigt, denn die Internet Diaspora sollte sich noch verstärken. Aber ich dachte an meine beiden, die doch auch am letzten Tag noch ein Programm für mich hatten.

Und so war der Nachmittag dann wieder Thüringen reserviert und der Abend ~ nach dem letzten gemeinsamen Abendbrot ~ dem Packen meiner sieben Sachen, bzw. dem Rest, der noch übrig geblieben war. Schließlich hatte ich auch hier wieder einiges aussortiert und somit mein drittes Paket zurück zu meinem Bruder geschickt. Und so langsam nahm mein Gepäck eine Form und ein Gewicht an, bei dem ich mir vorstellen konnte, damit weiter zu ziehen. Obwohl mir das Daypack vor der Brust eigentlich immer noch zu viel war. Aber ich wusste kaum noch, was ich noch aussortieren könnte. Das war das Problem. Aber kommt Zeit, kommt Rat ~ wie es so schön heißt. Wer weiß also, was mir im nächsten Durchgang als entbehrenswert erscheint.

 

Einmal also werde ich in meinem wunderschönen Plattenbau-Domizil noch wach und dann ist wieder Reisetag. Fröhliche Weihnachten. Wo ich das wohl verbringen werde? Mhmm, seltsamer Gedanke von jemandem, der um dieses Fest schon lange nichts mehr gibt.

 

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