Mit Bahn, Bus & Schiff nach Australien usw!

 

Yogyakarta

 

Etappe 53 ~ von Fr. 26.09. bis Fr. 10.10.2008

 

Mit meinem Ticket hätte ich bis nach Solo, der nächsten, 65 Kilometer von Yogyakarta entfernten Stadt fahren können. Denn putzigerweise gab es keins zu kaufen, dass nur bis Yogya ging, wie die Einheimischen ihre Stadt auch nennen. Und es gab sie nur zu den teureren Ramadan Preisen. Es hieß also, gegen Ende der Fahrt etwas auf der Hut zu sein, da es keine Ansage im Zug oder auf den Bahnhöfen nur schwer auffindbare Hinweise gab, die einem zeigten, wann man wo war. Aber der Bahnhof, den wir nach ca. 8 Stunden erreichten, konnte nur mein Ziel sein, was man mir dann auch bestätigte. Also raus aus meinem rollenden Domizil der letzten Stunden und ab in die Bahnhofshalle. Hier wollte oder sollte ich auf jemanden vom Hotel warten, der mich aufgabeln würde. Ich hatte nämlich schon ziemlich früh wegen Ramadan und meiner nicht mehr ganz so frühen Ankunftszeit beim mir vom By Moritz empfohlenen Wisma Ary's aus dem Zug übers Handy angebimmelt und mir ein Zimmer reservieren lassen. Was sehr weise war, wie ich feststellen sollte. Zum einen, weil ich so noch das preiswertere Einzelzimmer mit Aircon bekam und zum anderen, weil ich ohne meinen Anruf gar keins mehr bekommen hätte, weil gegen Ende des Ramadans halt alles unterwegs ist und irgendwo Quartier benötigt. Und der freundliche Receptionist fragte halt, ob ich up gepickt werden möchte. Ein Service, den ich immer gerne in Anspruch genommen habe.

Und noch während ich da in der Bahnhofshalle wartete, spürte ich, dass diese Stadt wohl wieder eine
meiner Städte werden könnte, bzw. würde. Selbst diese Halle schien so etwas wie eine Einladung aus zu strahlen. Und so folgte gerne und gespannt auf alles weitere dem Hotel Kurier zu seinem Moped, dass leider zwischen Sattel und Lenker keine Ausbuchtung für meinen Rucksack hatte, so dass ich dieses Teil dann zum ersten Mal auf dem Rücken behalten musste, während der Fahrer sich mein Daypack vor die Brust schnallte und mit mir losbrauste. Gott sei Dank nicht im Kavaliersstart, denn dann hätte mich das Gewischt meines Rucksacks glatt vom Sitz gehebelt. Aber wackelig genug war es jedes Mal beim Anfahren schon, und auch die Kurven hatte ihre ganz eigene Dynamik. Und wieder hatte ich das Bild vor Augen, wie ich oder überhaupt jemand so etwas in Deutschland probieren würde. Na ja, bei uns wäre ich, ehrlich gesagt, nicht einmal auf den Gedanken gekommen, das auszuprobieren, geschweige denn, es zu tun. Aber ohne vom galoppierenden Pferd zu fallen, kamen wir dann am Ziel, dem Wisma Ary's an. Einem schnuckeligen kleinen Hotel mit 16 Zimmern in einer Art Dschungel Stil, einer Lodge oder wie immer man das auch bezeichnen will, jedenfalls einladend vom allerersten Schritt in den Hof und weiter zur Reception und zu den Zimmern. Wie ich erfuhr, wurde das Hotel von einem Japaner geplant und es sah so aus und fühlte sich für mich so an, als wenn er ~ bewusst oder nicht ~ zumindest teilweise Feng Shui eingesetzt hatte.

Jaaa, hier im Hotel, wie auch
in dieser Stadt, sollte ich mich in den nächsten Tage so wohlfühlen, wie lange nicht mehr. Mein erster Eindruck hatte nicht getrogen. Und das trotz der zu nahe gelegenen Moschee, deren Lautsprecher auch hier morgens um vier losdröhnten, und der scheiß Mücken, die es hier auf Grund der Mini Dschungel Anlage nun mal reichlich gab. Gott sei Dank aber nicht im Zimmer. Aber andauernd erwischte mich morgens und abends so'n Viech, wenn ich in dem allseits offenen Restaurant frühstückte oder zu Abend aß. Und das obwohl ich zu diesen Zeiten extra auf meine lange Hose + Socken umstieg. Diese Biester waren ~ wenn auch zu anderen Zeiten ~ ähnlich aufdringlich, wie die Lautsprecher, die aber wenigstens nicht pieksten. Aber auch hier in Yogya bin ich den Geheimnissen und meinen Unverständlichkeiten des Islam nicht auf die Spur gekommen. Im Gegenteil, es wurde noch verwirrender und niemand, den ich darauf ansprach, konnte mir eine Erklärung geben. Je näher das Ende des Ramadan und damit der große Feiertag Idul Fitr kam, desto turbulenter wurde es. Die Einkaufsstraßen, insbesondere die Jalan Maliboro und ihre Shopping Mals waren übervoll mit Leuten, die wie die Bekloppten alles kauften, was sich kaufen ließ. Ähnlich wie bei uns in den letzten Tagen vor Weihnachten, vielleicht sogar noch schlimmer. Die Läden und Straßen waren so voll, dass kaum ein Durchkommen war. Aber auch die Aktivitäten der Moscheen nahmen zu. Jeden Tag und besonders am letzten Tag, gab es manchmal stundenlange Zusatzeinlagen über die Lautsprecher. Besonders am letzten Tag, an dem in der Moschee zur Abendbrotzeit über mehr als eine Stunde über die Lautsprecher ein Dauerfeuer eines Singsangs abgefeuert wurde, der ohnegleichen war. Ein erwachsener männliche Vorbeter mit nicht besonders angenehmer Stimme ~ Vorbeterinnen gibt es ja nicht ~ wechselte sich mit zwei kleinen Kindern ab, von denen eins gerade so alt war, dass es ganze Sätze zusammenhängend herausbrachte und das andere aber auch nur wenig älter war. Entsprechend war ihr Singsang ohne musikalischen Hintergrund, der nur aus la la, le le und ähnlichen Lauten zu bestehen schien. Eine Kakophonie, wie ich sie selten gehört habe, und der ich über mehr als eine Stunde nicht ausweichen konnte. Und nirgendwo gab es ein Kleinkaliber Gewehr o.ä., um auf die Lautsprecher zu schießen. Hätten sie das nicht auch genauso gut unter Ausschluss der Öffentlichkeit zelebrieren können? Und niemand konnte mir eine andere Antwort auf meine Frage nach dem Warum geben, als Das macht man nun mal so. Anschließend gab es dann eine Art Karnevallsumzug durch die Straßen, für den man mit viel Fantasie Figuren und alles mögliche gebaut hatte, die bei diesem Umzug zu bewundern und bestaunen waren. Sie wurden von diversen Fußtrupps begleitet und von Pikups, auf denen sich komplette große Musikanlagen befanden und mit voller Lautstärke das wiederholten, was eben noch vom Turm der Moschee übers Quartier schallte. Ich mochte es kaum glauben. In diesem Umzug gab es auch ein Kampfflugzeug aus Pappmaschee, das von einem Jugendlichen gebastelt worden war. Es trug die äußerst sinnvolle Aufschrift Fighting for Palästina, was für mich gut zu anderen Begebenheiten passte, die mir auch immer wieder begegnet waren. Hakenkreuze auf Motorradhelmen, Osamah Bin Lahden's Portrait mit entsprechenden Begleitsätzen auf T-Shirts und Autos, Hitlers Mein Kampf oder Aussagen von maximal 30 Jahre alten Männern, die sie von sich gaben, wenn sie erfuhren, dass ich Deutscher bin. Das klang dann in etwa so: Hitler war gut, weil er die Juden umgebracht hat oder ähnliches. Und wenn ich sie dann fragte, wie es ihnen gefallen würde, wenn ich die Gräueltaten der Japaner während der Besatzungszeit genauso gutheißen würde, wollten sie sich dazu nicht äußern und stiegen aus dem Gespräch aus. Ich werde die Denkweise dieser Menschen und ihrer Religion wohl nie verstehen oder wenigstens nachvolziehen können. ICH, der bisher glaubte, alles und jeden verstehen zu können. War ich damit bisher zu überheblich???

Einen kleinen, wohlwollend von mir registrierten Ausgleich gab es dann am Ramadanende doch noch. Eine Wohltat, denn am Morgen danach, und danach, und danach, blieben die Lautsprecher um 4 Uhr stumm. Aus welchen Gründen auch immer. Denn auch hier vermochte / konnte mir niemand meine neugierige Frage nach dem Warum beantworten, zumal es am vierten Tag dann in alter Frische wieder losging. Aber außer diesen abtörnenden Momenten, die ja nur mal kürzer mal etwas länger auf mich einwirkten, hatte Yogyakarta in seiner positiven Energie aber reichlich anderes zu bieten. Z.B.
dass hier ich endlich wieder die Dinge unternehmen konnte, die ich auf Grund der Affenhitze zuvor oft nicht mehr so recht tun mochte. Sie erschien mir seltsamerweise auch nicht soooo schlimm zu sein wie sonst, obwohl es natürlich nicht kühler war. Auch die Stadt schien nicht so dreckig zu sein, wie alle anderen, obwohl sie es natürlich ebenfalls an allen Ecken und Kanten war. Aber was war an dieser Stadt anders??? Um das herauszufinden, müsste ich allerdings länger hier sein, als ich es dann tatsächlich war. Meine 14 Tage reichten dazu nicht aus.

Ich nahm also meine Erkundungsgänge per pedes hier wieder auf, zu meinem und zum Erstaunen einiger Einheimischer, die sich immer nur wundern konnten, wie weit ich mich von meinem Ausgangspunkt ohne fahrbaren Untersatz entfernt hatte. Zu Fuß gehen, ist her ungewöhnlich. Hier fährt man sogar zum drei Häuser entfernt wohnenden Nachbarn mit dem Moped. Aber auch ich habe mir immer wieder mal eine Fahrrad Rickshaw gegönnt, vor allem, wenn ich die Wege schon mehrmals abgelaufen war und ein weiteres Mal dorthin wollte oder musste. Meine anfängliche Scheu, mich von einem Menschen durch die Gegend strampeln zu lassen, hatte ich komplett abgebaut. Zumal die Fahrer immer wieder darauf hinwiesen, wenn ich ihnen klar machte, dass ich lieber laufen würde, dass ich ihnen Arbeit und Brot damit gäbe. Und wenn man die Menge der Rickshaws sieht, die hier mit und ohne Passagier(e) unterwegs sind ~ und die vielen, die außerdem überall wartend herumstehen ~ dann wird einem klar, dass diese Menschen wirklich ihren Lebensunterhalt auf diese Weise für sich und ihre Familie verdienen. Und das bis ins hohe Alter, weil es keinerlei Altersabsicherung oder Vorsorge gibt. Ein Einheimischer, mit dem ich am Straßenrand stand und schwatzte, zeigte mir einen Fahrer, der, wie er sagte, über 70 war und immer noch rüstig und flott mit seinen Fahrgästen durch die Gegend dreiradelte. Und er wies darauf hin, dass gerade wir Ausländer diese Dienste ruhig öfter in Anspruch nehmen sollten, weil auf diese Weise halt ein paar Rupia mehr in den Taschen dieser Fahrer landeten. Aber leicht ist diese Arbeit nun mal nicht, denn diese Dreiräder haben keine Schaltung, kein gar nichts, nicht einmal einen Rücktritt. Die Pedale drehen sich also immer munter mit. Okay, die Preise sind dann Touristenpreise, und ich habe mich jedes Mal gefragt, will ich und soll ich wirklich um die wenigen Rupia feilschen, die sie mir mehr abzuverlangen versuchten? Ich habe es dann nur getan, wenn die Preise doppelt oder dreifach so hoch waren, als die, die üblich waren. Oder anders ausgedrückt, ich habe mit ihnen gehandelt, um nicht aus der Übung zu kommen und ihnen dann, wenn sie sich auf den mir bekannten Preis eingelassen hatten, am Ende der Fahrt, ca. die halbe Differenz mehr zu geben, was meistens ein Lächeln auf ihre Gesichter zauberte. Und auch wenn ich damit mal wieder gegen eine der Backpacker Regeln verstoßen haben sollte, mich haben diese paar Cent nicht ärmer gemacht, sie aber hatten am Schluss ihres langen Arbeitstages wenn auch nicht viel, aber doch etwas mehr in der Tasche, und ich fühlte mich besser damit. Selbst wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein bedeutete.

Und bei so einer Fahrt habe ich dann den
Fehler begangen und mich zur sogen. Art School for Batik fahren lassen. Das ist eine Kunstschule, an der die Kunst der Batik Herstellung in dreijährigen Kursen für künstlerisch ausgerichtete Menschen von der Picke auf vermittelt wird. Aber auch in kürzeren Kursen, von denen der kürzeste immerhin noch über 3 Monate geht und das jeden Tag von 8 bis 14 Uhr, wobei das Wochenende frei ist. Kostenpunkt rund 500 Euro, und ich habe glatt einen Moment überlegt, die Zeit und das Geld zu investieren, schließlich wollte ich früher so etwas auch schon mal lernen. Aber da wäre es dann halt nur ein simpler VHS Kurs gewesen. Man sagte mir, dass alles, was ausbildungsmässig zeitlich darunter liegt, Stümperei sei. Und wenn ich so sah, was die Studenten alles zu lernen hatten, z.B. mit einzelnen Katzenhaaren die feinsten Linien zu malen und damit ganze Flächen auszufüllen, oder lupenfeine Punkte, um eine pointilistische Wirkung zu erzielen, dann konnte ich dem nur zustimmen. Eine gute Batik ~ erfuhr ich ~ dauert je nach Größe und der eingesetzten Technik, mindestens 2 Wochen, bei einer ganz kleinen, bis hin zu mehreren Monaten, bei größeren oder aufwändigeren Stücken. Außerdem werden sie nicht nur einseitig, sondern beidseitig gemalt, und die Farben sind wasch- und bügelfest und kommen vielfach aus Deutschland. Alles, was diesem Standard nicht entspricht, wird als Coca-Cola-Batik bezeichnet und man verwies darauf, diese Art Batik oft bereits die erste Wäsche nicht überlebe, weil man danach wieder ein fast neutrales Tuch hätte, das erneut bemalt werden könnte. Hier konnten Arbeiten von Studenten und mehr oder weniger bekannten Künstlern gekauft werden, und diese Arbeiten waren nicht alle traditionell, sondern oft erfrischend modern. Und an dieser Stelle passierte der Fehler, denn ich konnte einer Batik nicht widerstehen und kaufte dort mein erstes Reise Mitbringsel, obwohl die Preise dort nicht verhandelbar waren. Und fast hätte ich noch an einer anderen Stelle von einem Kunstprofessor eine dieser Schattenpuppen aus dünnem bemaltem Leder gekauft. Ich, der normalerweise für so etwas wenig bis gar nichts übrig hat. Aber dieses Teil hatte etwas, was mich ansprach, dennoch habe ich dann darauf verzichtet, weil es halt etwas teurer war. Für die Arbeit eines Professors sicher angemessen. Stattdessen habe ich am Tag darauf beim Bruder meines Mopedfahrers ~ der mich zum Sultanspalast, zum Prambanan Tempel und zur ältesten und wichtigsten Tempelanlage Indonesiens, nach Borobudur fuhr ~ eine kleine farbenprächtige Lederarbeit gekauft. Garuda, den indonesischen Adler.

Der Palast liegt in dem alten sehr urbanen Stadtviertel Kraton, das aus kleinen verwinkelten Wohngässchen besteht, die sehr lebendig und heimelig wirken. Und in diesen Gassen hatten auch mein Fahrer und sein Bruder ihre kleinen Häuser. Wobei seines bei dem letzten Erdbeben 2006 zerstört wurde, wie viele andere Häuser in Yogyakarta auch. Und nur durch staatliche und ausländische Hilfe ~ u.a. aus Deutschland ~ hatte er ein deutlich kleineres Häuschen wieder aufbauen können; die alten Grenzen waren noch zu sehen. In ihm lebte er mit seiner Mutter, und dort hatten beide ihr Atelier, denn auch sie stellten Batiken her und verkauften sie. Muttern machte traditionelle Sarongs und Sohnemann bemalte Seide und Baumwolle mit wilden, abstrakten Motiven, die nicht so sehr mein Fall waren. Direkt vor ihrer Haustür standen malerisch die Ruinen eines noch älteren Palastes in der Gegend herum, wie die Kulisse aus einem Mittelalter Film. Und dahinter befand sich der sogen.
„Bird Market, wo aber nicht nur Vögel, wie Colibris, Singvögel, Eulen, Papageien, Falken usw., sondern auch Tiere aller Art angeboten wurde. Mit Sicherheit auch solche, die dem Artenschutz unterliegen. Es gab eigentlich nichts, was es außer den Vögeln nicht gab. Angefangen von unterschiedlichsten Maden und Krabbeltieren, die als Futter dienten, über Geckos, Schlangen, Affen, Hunden, Katzen, Kaninchen, Hamster, Eichhörnchen ähnliche Tiere, die in den Kokospalmen leben und natürlich alles mögliche an Zubehör, wie Käfige usw. In diesem Zusammenhang erfuhr ich dann, dass auch hier Hundefleisch gegessen wird, selbst von den Muslims. Allerdings nicht als Delikatesse, sondern als Medizin. Und zwar wird es von Menschen gegessen, die unter Juckreiz leiden. Hundefleisch soll das Krankheitsbild sehr positiv beeinflussen.

Hier in Yogya versuchte ich auch, einheimische Musik- und Tanzgruppen zu finden, die über traditionellen Darbietungen hinausgingen. Also in Richtung Ethno-Music oder Ethno-Dancing. Aber das war etwas, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. So hatte mir z.B. Ranggar ~ mein 19-jähriger Mentor und Mitarbeiter in dem Internet Café, der sich 21 Stunden lang bemühte, mir einen etwas tieferen Einblick in die
„Bahasa Indonesia, seine Muttersprache zu geben ~ auf meine Frage hin erzählt, dass es ganz in der Nähe eine andere „School of Arts“ gäbe, an der regelmäßig Veranstaltungen stattfänden. Also nix wie hin. Aber leider hatten die Studenten ihre wahrscheinlich sehr verdienten „Ramadan Ferien“, und ich traf nur zwei Dozenten an, die mir dann anboten, doch wenigstens mal einen Blick in die Ateliers zu werfen. Da wäre ich doch glatt gerne wieder zum Studenten geworden. So blieb es dann bei dem Eindruck, den das traditionelle Ramyana Ballet hinterlassen hatte, dass in einem Open Air Theater vor der Kulisse des Prambanan Tempels aufgeführt wurde. Leider war gerade kein Vollmond, denn zusammen mit der Kulisse des Tempels muss das geradezu magisch wirken.

Die Geschichte rankt sich um eine Ansammlung von Prinzen, die alle auf eine bestimmte und besonders schöne Prinzessin scharf sind und sich bei dem vom Vater ausgeschriebenen Wettbewerb mächtig ins Zeug legen. Es passiert das, was immer in den Märchen zu diesem Thema passiert, die Prinzessin verliebt sich in den schönen Sieger, und ein anderer finsterer Mit-Prinz, versucht ihnen die Tour zu vermasseln und klaut die Prinzessin. Worauf der Sieger natürlich mit allen Mitteln ~ und der Unterstützung von Hanumans Armee, der Armee der Affen ~ versucht, seine Braut zurück zu bekommen. Natürlich klappt das nur mit vielen Irrungen und Wirrungen, denn Prinz Rama nimmt an, dass Prinzessin Shinta mit dem Finsterling rumgemacht hat und will sie erst einmal nicht mehr. Erst als den Finsterling getötet hat und einige seiner besten Leute den Tod gefunden haben und Shinta sich, um ihre Unschuld zu beweisen in einen Scheiterhaufen stürzt und von keiner einzigen Brandblase verunstaltet wird, schließt er sie glücklich in die Arme. Und wenn sie nicht gestorben sind ... Tja, und diese Geschichte aus Tausend und einer Nacht gaben sie in einer bezaubernden, wenn auch traditionellen Form zum besten, so dass in mir der Wunsch auftauchte, eben auch ein moderneres Pendant sehen zu wollen.

Für diesen Abend hatte ich mir das VIP Ticket gegönnt, um vielleicht ein paar Bilder schießen zu können, auf denen die Darsteller nicht nur als kleine Winzlinge zu sehen sind. Aber obwohl ich auf den ARD Sitzen saß, war ich zum Fotografieren mit meiner Ixus nicht wirklich nah genug dran. Um die Mimik, die Kostüme und die Bewegungen zu sehen, war es schon schön, da vorne zu hocken. Dass das aber nicht für alle galt, zeigte eine Gruppe Japaner neben mir, die irgendwann mitten in einem Akt unisono das Theater verließen. Vielleicht, weil sie hier keine Beweisfotos
„Ich mit dem Hauptdarsteller“ o.ä. schießen konnten. Dazu hätten sie bis zum Schluss warten müssen, denn da wurden die Zuschauer auf die Bühne gebeten, um genau das zu tun. Aber vielleicht behagte ihnen auch einfach die ganze Art der Darstellung nicht.

Was meine „Bahasa Indonesia Lessons anging (Bahsa = Sprache), reizte es mich plötzlich enorm, den Versuch zu starten, mehr als Dankeschön oder guten Tag sagen zu können. Und so machte ich mich auf die Suche, die allerdings ebenfalls wegen Ramadan beschwerlich war. So hatte auch die offizielle Sprachschule geschlossen und würde die Tore erst wieder zu dem Zeitpunkt öffnen, an dem ich Yogya wieder zu verlassen gedachte. Immerhin erfuhr ich so den Preis für 'ne Einzelstunde, da ja längere Kurse für mich nicht infrage kamen. 8 USD wollten sie haben, also ca. 5,5 Euro. Und als ich meinen Wunsch dann mal in meinen I-Café zum Besten gab, erklärte sich besagter Ranggar bereit, es mit mir für den halben Preis zu versuchen. Tja, und so hatte ich in den ersten Tagen jeweils zwei Stunden am Tag, um sie dann auf eine zu reduzieren. Natürlich versuchte ich dann bei jeder Gelegenheit meine neu erworbenen Kenntnisse anzuwenden, z.B. beim Sockenkauf, weil ein Paar auseinander gefallen war, oder beim Aushandeln des Fahrpreises für ein Bejak. Und siehe da, es funktionierte, jedenfalls die ersten zwei drei Sätze, die ich mir sicherheitshalber zuvor auf einem Zettel notiert hatte. Aber dann glaubten meine Gesprächspartner, ich sei des Indonesischen mächtig und legten los. Und damit kam ich dann natürlich ganz schnell an meine Grenzen und musste wieder aufs Englische umsteigen. Aber im Grunde genommen ist es relativ einfach diese Sprache zu erlernen, weil das meiste so ausgesprochen wird, wie es geschrieben wird und fast alle Buchstaben genauso wie unsere deutschen gesprochen werden. Mit ein paar Ausnahmen, die ich mir aber fix merken konnte.

Ob diese Sprachlektionen etwas gebracht haben? Vielleicht nicht das, was ich mir gewünscht hatte, aber dazu war / ist die Zeit einfach zu kurz. Aber immerhin das, dass ich mich hin und wieder mit ein oder zwei Sätze an jemandem wenden konnte. Schließlich klingt es doch ganz anders, wenn ich in der Garküche sage: „Saya ingin soto ayam dan nasi.“ (Ich möchte Hünhnersuppe mit Reis) als mit den Fingern auf etwas zu zeigen. Und auch dass ich auf den Schildern, die überall zu finden sind, immer wieder Worte erkannte und auch ihre Bedeutung wusste. Umgekehrt war es deutlich schwieriger. Wenn ich mich vom Deutschen aus an das indonesische Wort erinnern wollte, fiel es mir meistens nicht ein, weil es noch nicht im Langzeitgedächtnis verankert war, denn das Vokabeln Lernen mir nicht leicht fiel. Der Knackpunkt war, dass die meisten Worte keinerlei Assoziationen mit einem deutschen oder englischen Wort hatten und ich somit keine Eselsbrücken fand. Wer ahnt schon, dass „laki-laki“ Junge heißt, „kaos“ ein Hemd ist oder „terima kasih“ Dankeschön bedeutet. So niedlich das für unsere Ohren auch erst einmal klingen mag. Hinzukam, dass ich immer wieder bei bestimmten Worten die Folge der Buchstaben verdrehte, was natürlich lustig, aber kaum verständlich für einen Einheimischen war. Ich veränderte sie kreativ und vertauschte die Reihenfolge, weil es sich für mich in dem Moment so passend anhörte. So machte ich anfangs z.B. aus dem Wort „belajar“ (studieren, lernen) „belajer“ oder aus „terlalu mahal“ (zu teuer) „terhalu malal“. Dass es dabei zwangsläufig zu Missverständnissen kommen musste, dürfte klar sein. Ich brauchte Zeit, um mir das zu merken. Aber dennoch hat es Spaß gemacht. Und schließlich ist es das erste Land ~ keine Ahnung wieso ~ in dem ich mich in die Sprache hinein knien wollte und auch tat. Ist schon putzig.

Gemacht habe ich es wohl auch u.a. mit dem Hintergrund, dass ich mir ein weiteres 60-Tage Visum gönnen wollte, weil ich einfach mehr Zeit für meine Schiff-Suche brauchte, zumal ich ja noch nicht einmal dort angekommen war, wo es am ehesten zum Erfolg führen könnte, nämlich auf Timor. Denn bisher zeigte sie sich immer noch mehr als unbefriedigend. Und weil ich außer Sumatra und Java bei meinem langsamen Reisetempo noch keine meiner anderen Wunsch-Inseln angesteuert hatte. Bali lag zwar schon fast greifbar vor mir ~ es waren nur noch wenige hundert Kilometer ~ und wäre zeitlich noch gut bis Ende Oktober zu schaffen ~ vielleicht auch noch Lombock ~ aber alles andere eben nicht. Und so griff ich Freund Torstens Gedanken, eine nochmalige Verlängerung zu beantragen, ganz leichten Herzens auf, obwohl ich dann nicht vor Ende Dezember, Anfang Januar nach Down Under kommen würde. Aber was soll's, DU läuft ja nicht weg. Ich müsste ~ wie seinerzeit nach Georgetown / Penang, nur wieder ins benachbarte Ausland. Und da bot es sich an, mit einem Schiff nach Pontianak in Kalimantan auf die Rieseninsel Borneo zu fahren, um von dort aus nun doch noch in den malaysischen Teil, nach Kuning, der Hauptstadt Sarawaks zu gelangen, um mein drittes Visum zu bekommen.

Torsten und ich würden uns dann auf unserer beider Reise auf Java, und zwar in Surabaya, meiner nächsten Stadt, nun noch einmal treffen, bevor er sich dann von Bali aus ~ wohin wir gemeinsam von Surabaya aus weiterreisen wollen ~ zurück in heimatliche Gefilde bewegen wird. Wir könnten dann vis a vis über all die Feinheiten reden, die er ja nun schon hinter sich hat, und was mir das Reise-Leben in Indonesien halt etwas erleichtern würde. Au ja, ich freue mich auf das Wiedersehen und auch darauf, Indonesien dann vorerst einmal mit 3 x 60 Tagen zum zweit längsten Aufenthaltsland zu küren. Wobei es natürlich auch weniger sein können, abhängig davon, wie schnell und ob ich ein Schiff finde. Aber Australien, wo ich ja aber erst noch hin will, wird dann mit einem Jahr wohl den Platz 1 bekommen. China wird sich dann mit 2 Monaten an dritter Stelle befinden. Au Mensch, das klingt immer noch völlig abgefahren, wenn ich so etwas denke, sage oder schreibe: Ich war 2 Monate dort, 6 Monate dort und 1 Jahr dort.

 

Für meinen letzten Tag in Yogyakarta hatte ich mir den Besuch des Affandi Museums vorgenommen, und zwar im Anschluss an meine ebenfalls letzte Stunde in "Bahasa Indonesia". Und auch hier erfasste mich ein bisschen von der Wehmut um das Wissen, dass ich erneut in die Phase eingetreten war, in der ich alles erst einmal zum letzten Mal in dieser Form und an dieser Stelle mache. Ich hatte 21 Stunden Unterricht bei dem jungen Mann, der seine Sache wirklich gut gemacht hatte. 385.000 Rupia bekam er insges. dafür, die ich dann auf 400.000 erhöht habe, was dann etwas mehr als 25 Euro ausmachte.Erst danach erzählte er mir (im Gegensatz zu den anderen zuvor), dass er jede Rupia gut gebrauchen könne, weil er sein Studium selber finanzieren müsse, da seine Eltern keinen Job hätten. Rechtsanwalt will er werden und er möchte, wenn er hier in Indonesien mit seiner Ausbildung fertig ist, einen Job und die entsprechenden Taler verdient und gespart hat, nach D kommen, um dort weiter zu studieren. Das sei sein großer Traum. Wer weiß, vielleicht sehen wir uns später ja noch einmal wieder. Der Knabe hatte trotz seiner 19 Lenze von Anfang an etwas, was mich beeindruckte. Ich traue ihm glatt zu, dass er seinen Weg geht und nicht nur davon träumt. Und das nicht auf die harte Tour durch Ausnutzen anderer. Good luck my teacher-friend.

Das Affandi Museum ist das Museum eines bedeutenden indonesischen Malers der Moderne und wohl auch Architekten, der 1990 gestorben ist. Er lebte hier in der Stadt mit seiner Frau und seiner Tochter. Er in einem Baumhaus, und sie in einem großen zweirädrigen Wagen, der heute als Muscholla dient, was nichts anderes ist, als eine kleine Moschee. Frau, wie Tochter waren / sind ebenfalls künstlerisch tätig, bzw. gewesen, da die Frau ebenfalls nicht mehr lebt. Beide Gräber befinden sich quasi mitten in der Stadt auf diesem Grundstück. Seine Bilder und Skulpturen sind recht interessant, und erst recht die Gebäude, die er auf dem gleichen Grundstück als Ausstellungsräume bauen ließ. Faszinierend, weil es ähnlich einer Waldorfschule keine rechten Winkel gibt. Alle Wände sind in kleineren und größeren flachen Bögen zu einander angeordnet und ebenso die Eingänge und Fenster. Manoman, ich hätte sofort in eines dieser Gebäude einziehen können. Das Schärfste aber war, dass ich, als ich Rangga davon erzählte, erfuhr, dass er die Tochter kennt ~ die irgendwas über 40 sein muss ~ weil sie in einem Semester über ihm studiert.

Vor meiner Fahrt zum Museum, machte ich jedoch noch eine neue Erfahrung. Es war zu weit dorthin, und so konnte ich keine Fahrrad Rickshaw, sondern musste ein Taxi nehmen. Und wie immer wurden erst einmal Mondpreise verlangt, und es sollte ohne Taxameter gefahren werden. Als wir dann bei 60.000 Rp angelangt waren ~ für Hin- und Rückfahrt, incl. Wartezeit ~ meinte ich dann, dass ich 'ne Runde drehen würde, um es mir zu überlegen. Ein junger Fahrer folgte mir, der plötzlich ~ bevor ich komplett verschwinden könnte ~ bereit war, das oder den Taxameter einzuschalten. Also fuhr ich mit ihm, gespannt darauf, was dabei herauskommen würde. Das Ergebnis war, dass ich zum Schluss aufgerundet 50.000 Rp zu zahlen hatte. Die 60.000 waren also gar nicht so daneben. Das fand ich schon sehr interessant, zumal ja die Uhr während der Wartezeit nicht weiter gelaufen wäre, und ich mich beliebig lange im Museum hätte aufhalten können. Was ich ja aber gar nicht vorhatte. Wobei die 60.000 auch gerade mal um die 4 Euro gewesen wären. Mit dem Taxi zu fahren, ist in Asien für unsereins wirklich kein Luxus.

Jaaaa, das waren so die Dinge, die sehr schön das Befinden meiner Yogya-Zeit zeigen. Ein Befinden, das ich mag und in dem ich mich wohlfühle, weil alles so sanft und friedlich abläuft. Gib mir mehr davon, hätte ich am liebsten gesungen, dem Text eines alten Schlagers entsprechend. Würde das nach Surabaya auf Bali erneut der Fall sein?

 

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