Mit Bahn, Bus & Schiff nach Australien usw!

 

Mentawai Islands ~ Sipora

 

 

Etappe 45 ~ von Sa. 26.07. bis Mi. 30.07.2008

 

Diese Inselgruppe westlich vor Sumatra wird in meinem Lonely Planet von 2007 noch als ziemliches Niemandsland beschrieben, mit wenig, bis gar keiner Infrastruktur, wobei die Recherche natürlich bereits 2006 erfolgt sein dürfte. Es wird nur eine einzige Unterkunft genannt und außer der Hauptinsel Siberut, wird keine der anderen Inseln erwähnt. Aber auch hier verändert die Zeit halt alles und Schritt für Schritt wird es bald auch hier all das geben, was es an anderer Stelle schon eine Weile gibt. Aber trotz diverser Neuerungen, war es nicht ganz so einfach, auf Sipora, meiner ersten Insel, an Land zu gehen, wie es an und für sich bei einer Fähre dieses Kalibers hätte sein können, nämlich den Pier anzusteuern, die große Klappe runter zu lassen ~ über die alle Fahrgäste das Schiff in Padang auch betreten hatten ~ und gut ist's. Das war hier nicht möglich, weil es in dem kleinen Hafen nur an einer Längsseite festgemacht werden konnte. Und dazu musste die Fähre sich in diversen Steuerungsmannövern ~ die ein bisschen aussahen, als hätte der Käpten zu tief ins Glas geschaut ~ dem Pier nähern. Was wiederum bedeutete, dass wir mit Sack und Pack über Berge von Ladung klettern mussten, die zugleich per Hand durch die Luken über Planken bereits ausgeladen wurde. Das sah dann so aus, 1 Stück Ladung, 1 Passagier, schön im Gleichtakt. Draußen erwartete mich dann das bereits vertraute Chaos, das hier allerdings noch einmal eine Nummer verschärft erschien. Aber ich hatte ja auf der Taxifahrt zum 35 Kilometer von Padang entfernten Fährhafen schon Rikas Boss, den Australier Furgous kennen gelernt und brauchte mich nur an ihn zu halten. Und so lernte ich dann auch gleich den Rest der Mannschaft kennen, die seine und meine Klamotten zu einem kleinen Expressboot schleppten, das uns zum eigentlichen Ziel, auf die kleine Insel Awera bringen sollte. Was ich bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht so recht gerafft hatte, da mein Ziel ja Sipora hieß.

Hundemüde kletterte ich in das Boot, um in den Morgen, Richtung Awera, zu fahren, das ca. 30 Bootsminuten vor Siporas, auf Siberut weisende Spitze, im Indischen Ozean liegt. Ein wolkenverhangener Himmel deutete darauf hin, dass es regnen und mein erster Tag am Meer zumindest kein reiner Sonnentag werden könnte. Aber immerhin war ich mal wieder am Meer und brauste mit einem 40 PS Outborder zwischen den mehr oder weniger unbewohnt aussehenden Inseln dahin. Mangroven wechselten sich an den Ufern mit Palmen ab und überall sah ich nur menschenleere Sandstrände. Und hin und wieder ein kleines Fischerboot oder einen Einbaum mit Auslegern. Einer der drei Jung's saß ganz vorne im Bug und gab dem Käpten und Steuermann Zeichen, wie er durch die Korallenriffe und Untiefen zu fahren hatte. Und als dann außer Wasser, Palmen und Sandstrand und gar nichts mehr zu sehen war, schienen wir plötzlich am Ziel zu sein, denn es ging auf einen weißgelben Strand zu. Dann wurde bilderbuchmässig zwischen den Palmen ein einzelnes Holzhaus mit Palmblätterdach sichtbar, das Awera Island Guesthouse. Eine schräg über den Strand und das türkisfarbige Meer ragende Palme rundete die Postkartenidylle ab, in der nur noch Robinson fehlte, wie er aus dem Busch heraustrat.

Aber im Gegensatz zu seiner Geschichte, war hier alles vorhanden, was die heutige Zivilisation so bietet, Strom über einen Generator + Akku, Wasser aus der Tiefe der Insel, das in einen Tank gepumpt wurde, der sich auf einem Turm befand, um es mit ein wenig Druck in in der Dusche ankommen zu lassen, ein WC, eine Küche mit Kühlschrank, bequeme Betten mit Moskitonetzen, wenn auch ohne hier normalerweise nicht erforderliche Zudecken, da es warm genug ist. Dennoch kam in den frühen, etwas kühleren Morgenstunden mein extra gekaufter Sarong zum Einsatz, den ich allerdings erst noch auftrennen musste, da er schlauchförmig zusammen genäht war. Beim Kauf hatte ich nämlich noch nicht gewusst, dass es dieses gute Stück in zwei Varianten gibt, dem großen Tuch, das ich haben wollte und dem Schlauch, der das Wickeln vereinfacht, wenn man ihn als Kleidungsstück tragen will. Auf der Fähre hatte er mir zwar auch schon gedient, dort aber noch nicht seiner endgültigen Form.

Internetanschluss gab es auch hier natürlich (noch) nicht, obwohl er bereits vorgesehen war und bald kommen soll. Z.Z. befand sich die nächste Möglichkeit, um ins Internet zu gelangen, 25 Kilometer weit entfernt. Immerhin konnte ich mein Lieblingsspielzeug nutzen, ohne plötzlich mit leerem Akku dazustehen. Aber erst einmal war ein wenig Schlaf nachzuholen, faul auf der Terrasse zu sitzen und danach Strand- und Wassererkundung angesagt. Wobei es bei letzterem hieß, sich nicht zu weit vom Ufer zu entfernen, da eine starke Strömung an der Insel vorbei zog. Weiter draußen waren gischtige Wellen zu sehen, die das Surferherz von Furgous und Achil (= Adjschil, einem der Jungs) höher schlagen ließen, und ich sah sie dann auch bald, wie Su (= ßu) mit dem Boot und den Boards dorthin fuhr, während ich mit Ojil (= Osil, mit weichem S) die Stellung hielt. Er war hauptsächlich fürs Kochen zuständig, aber auch für die Sauberkeit des Hauses und sprach ~ wie Su ~ noch nicht genug Englisch, um sich wirklich mit ihm unterhalten zu können. Trotzdem machte es Spaß, ihn bei seinen Bemühungen ums Englische immer mal wieder zu unterstützen. Für die drei Jungs war ich Mr Hans, und ich konnte ihnen diese indonesische Höflichkeitsvariante der Anrede auch nicht ausreden, nach der jemand, der um einiges älter ist, entsprechend angesprochen werden muss. Dabei war Achil immerhin schon 27, verheiratet und Vater, obwohl er wie 20 ausah.

Am nächsten Tag bin ich dann mit rausgefahren, um mir das Surfertreiben mal aus der Nähe anzuschauen. Und auf der Fahrt dorthin habe ich dann meine ersten freilebenden Delphine gesehen. Leider waren sie zu weit entfernt, so dass meine kleine IXUS mal wieder überfordert war und nur Stecknadelkopf große Punkte auf den Chip bannte. Und als wir näher kamen, tauchte sie leider ab, statt ~ wie in allen Filmen zu sehen ~ um unser Boot zu spielen. Dafür gab es dann später am Liegeplatz jede Menge springender Fische zu sehen, wobei die größeren einzeln durch die Gegend hüpften, während die Jungfische, wie auf Komando, in ganzen Gruppen ihre Übungen machten. Auch meine ersten Tintenfische bekam ich gezeigt, wobei ich ~ wenn man es mir nicht gesagt hätte ~ sie nicht als solche erkannt hätte, obwohl eine ganze Horde direkt unter mir schwamm. Ansonsten gab das Schnorcheln an dieser Stelle nicht viel her, und so saß ich dann bald wieder im Boot, um die Surfer zu beobachten. Leider konnte ich es nicht selber mal ausprobieren, da ein Anfänger ~ wie man mir klarmachte ~ einen Sandtrand benötigt, den wir zwar hatten, nur nicht korallenfrei. Und die Dinger können nun mal für ziemliche Verletzungen sorgen, wenn man an ihnen entlangschrammt. Immerhin weiß ich nun schon mal, dass die Wellen ihre eigenen Bezeichnungen haben, wie Teleskop, Maccaroni, Rifle, Barrel usw., je nach ihrer Beschaffenheit. Die ersten drei sind Wellen, die sich überschlagen und dann Röhren bilden, in denen allerdings nur die Könner innen entlangsurfen, während auf dem Barrel geritten wird.

Auch meine erste große Schildgröte ~ ca. 50 cm ~ bekam ich hier zu Gesicht, wenn auch nicht im Wasser, sondern an Land bei unserem Einkauf. Leider war sie für den Verzehr bestimmt, denn die Einheimischen dürfen diese Tiere nach wie vor für ihren Eigenbedarf fangen. Aber für unsereinen ist es schon gewöhnungsbedürftig zu sehen, wie so ein Prachtexemplar dann in einen Sack gestopft wird, statt wieder ins Meer entlassen zu werden. Aber ich fragte mich, warum das so ist? Nur weil ich weiß, dass diese seit Millionen Jahren auf unseren Planeten lebenden Tiere ihn bald für immer verlassen haben könnten? Beim nächsten jedenfalls habe ich mir diese Gedanken nicht gemacht ~ auch wenn er längst überfischt sein dürfte ~ einem rötlichen Fisch, einem sehr begehrten Speisefisch, der überall teuer bezahlt werden muss, hier aber für ein Taschengeld zu haben ist, dem
Meraux (keine Ahnung ob er sich so schreibt), den ich bisher noch nie auf einer Speisekarte gesehen, geschweige denn gegessen hatte. Und er schmeckte wirklich köstlich, nachdem sich Ojil mit ihm befasst hatte. Und weil er halt frisch am Strand auf Sipora zu haben war, gab es ihn dann ~ anders zubereitet ~ an meinem letzten Abend noch einmal.

Tja, und dann hieß es, am anderen Morgen mal wieder frühzeitig aufzustehen, das Gepäck ins Boot zu befördern, um zum Hafen zu gelangen und ein Tiket zu erstehen. Wobei sich herausstellen sollte, dass selbst die Hilfe von Einheimischen keine Garantie für problemlosen Ablauf ist. Die Holzfähre lag bereits am Pier und Achil erzählte dem Typen auf dem Schiff, dass ich ein Ticket brauche, und obwohl die beiden sich kannten, hieß es
„später“, wenn ich an Bord sein würde. Also war erst einmal wieder Warten angesagt, da zuvor die große Fähre aus Padang einlaufen würde, bevor es dann gegen 9 Uhr dreißig losgehen sollte. Als sie dann kam und in ihrer speziellen Art am Pier festmachen wollte, fuhr meine Holzfähre plötzlich los, was mir einen ziemlichen Schreck einjagte, da ich in diesem Moment allein auf unserem Warteplatz saß, und annahm, dass sie ausnahmsweise früher losfahren würde. Was sie aber nicht tat, sie räumte nur das Feld und würde später, wie man mir versicherte, wieder anlegen, wenn die große Fähre nach Jakarta losgemacht hätte, wo sie für eine Zeit ins Dock sollte. Und damit hätte ich mich dann auch zufrieden geben können, wenn eine Zeit später nicht plötzlich meine Holzfähre hinter der Metallfähre hervorgetuckert gekommen wäre und zu unser aller Erstaunen nicht den Anschein erweckte, noch einmal anlegen zu wollen. Alles Winken und Schreien nützte nichts, das Teil nahm Fahrt auf und fuhr volle Pulle ohne mich Richtung Siberut.

Gott sei dank war ich in Asien, denn jetzt passierte etwas, was bei uns UNMÖGLICH gewesen wäre. Su, Achil und ich bewegten uns mitsamt meinem Gepäck in Richtung Expressboot und dann knatterten wir mit den 40 PS dem Ausreißer hinterher. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber Su schaffte es, die Fähre nicht nur einzuholen, sondern auch zu überholen. Und nun reagierten sie auch auf unser Winken und stoppten, so dass ich quasi auf offener See an Bord klettern konnte. Puuuuhhhh, das war knapp. Und da ich zuvor nach dem Ticketpreis gefragt hatte, bezahlte ich dann, weil ich das Geld abgezählt bereit hatte, trotz des Sonderservices nur diesen und nicht den etwas höheren, der per Hand auf das Ticket geschrieben worden war. Und da diese Überfahrt am Tag stattfand, kletterte ich mit Sack und Pack aufs Oberdeck und ließ die Wellen an mir vorüberziehen. Leider erwies sich auch dieser Platz nicht frei von gewissen Tierchen, wie Floh & Co, die es auf Blut abgesehen haben, so dass ich am Ende 23 Bisse an meinen unteren Extremitäten zählte. Damit hatte ich ja an Deck nun nicht gerechnet, zumal Rikas Warnung ja nur die Kabinen betraf. Ich würde mich für die nächste Fahrt auf einem Holzschiff also entsprechend homöopathisch zu schützen versuchen.

Für die Insel Siberut hatte ich Freund Torsten ~ der passend von seinem nächsten Urwaldtripp auf Kalimantan wieder in einer Stadt aufgetaucht war ~ und auch Rika per Handy um Unterstützung gebeten. Schließlich hatte mir Torten seinen damaligen Guide Franziskus wärmstens empfohlen und Rika kannte ebenfalls jemanden auf der Insel, von dem sie meinte, dass ich mich ihm anvertrauen könnte. Jetzt musste sich nur noch zeigen, wer mich am Hafen abholen und für wen ich mich entscheiden würde.

 

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