Mit Bus, Bahn & Schiff nach Australien usw!

 

Padang / Bukittinggi & mehr

 

Etappe 44 ~ von Mo. 14.07 bis Sa. 27.07.2008

 

Das Schöne an diesen Mini-Bus Fahrten ist, dass man am Hotel abgeholt und an der Stelle abgeliefert wird, die man angegeben hat. Und so landete ich auf Grund der mehr als 9 Stunden dauernden Fahrt dann punktgenau am Hotel Imanuel in Padang, und hatte damit schon wiiiiieder eine Ankunft im Dunkeln. Aber hier hatten sie wenigstens noch ein Bett für mich, und einer der freundlichen Jungs vom Team brachte mich wenig später zu einem nahe gelegenen kleinen Straßenrestaurant, weil mal wieder alles wegen Stromausfall im Dunkeln lag, und ich ja noch keinen Rundgang hatte machen können. Was bei diesen unebenen Bürgersteigen + offenen Abwasserkanälen im Dunkeln halsbrecherisch gewesen wäre. Candellight Dinner auf indonesisch war also angesagt, wenn auch ohne die passende Begleitung.

TJA, in Indonesien scheint alles etwas komplizierter zu sein, als in allen anderen Ländern zuvor. Das Indonesien, in dem ich mich z.Z. aufhalte und die nächste Zeit hauptsächlich aufhalten werde, scheint eine Art Ausreißer zu sein. Bali ist zwar auch Indonesien, aber auch wenn ich noch nicht dort war, wage ich die Behauptung, dass es mit dem Rest nicht gut vergleichbar ist. Und Bali ist ja nun mal für uns Westler erst einmal der Indonesien-Traum überhaupt. Ich bin jetzt schon gespannt, wie es sein wird, wenn ich dort eintrudeln werde. Sicher wunderschön. Aber insbesondere der Rest Indonesiens scheint aufregender, schöner und interessanter daher zu kommen als die Länder zuvor. Und so langsam beginne ich zu ahnen, zu verstehen, was Freund Torsten an diesem Land, an seinen Leuten und letztlich an einer Indonesierin so faszinierte, dass er auf Borneo in Kalimantan heiratete.

Manoman, ich weiß manchmal nicht, wo mir wegen der vielen ungefilterten Eindrücke der Kopf steht und vor allem, was ich von dieser Freundlichkeit halten soll, so ungewohnt fühlt sie sich an, obwohl ich doch schon sooooo viele äußerst freundliche Menschen auf meiner Reise getroffen habe. Ist das nun echt? Ist das geschauspielert? Ich nehme eher ersteres an, aber gefragt habe ich mich schon das eine oder andere mal. Diese leuchtenden, freundlichen, lachenden ~ oder auch mal ernst schauenden ~ Augen, sie haben etwas, was ich kaum in Worte fassen kann. Und dabei ist es egal, wo ich ihnen begegne.

Als ich das erste Mal zum Strand ging und am Tourist Police Office wegen Infos vorbei marschierte, setzte sich das fort, was ich nun schon die ganzen Tage hier erlebe. Die Jungs und Mädchen in Uniform dort waren einfach Klasse in ihrer Art. Ich musste mich erst mal setzen ~ bekam etwas zu Trinken ~ und erzählen. Und ähnlich ging es weiter am Strand. Dort lud mich sogar eine ganze, nicht gerade kleine Familie ein, mich mit den Fingern von ihren Tellern zu bedienen. Im ersten Moment dachte ich, dass das doch wohl nur ein Jux sein könnte, aber es schien ihr voller Ernst zu sein, obwohl niemand von ihnen Englisch sprach. Die Gestik sprach für sich. Und so machte ich ihnen mit meiner Gestik klar, dass mein Bauch voll sei, weil ich gerade gefrühstückt hatte. Nur wenig später bekam ich von einer Frau mit 3 Kindern ~ d.h. zuerst von einer ihrer kleinen Töchter ~ die Einladung, doch an ihrer kleinen Verkaufsbude für Zigaretten Platz zu nehmen. Und auch hier bekam ich etwas zu essen angeboten. Da die Kinder etwas Englisch sprachen, klappte es hier mit dem Reden ganz gut. Und so ging es weiter, immer wieder habe ich mich mehr oder weniger gut mit den Menschen unterwegs unterhalten. Mal haben sie mich angesprochen, mal war ich es ~ etwas, was ich früher nie gut gekonnt habe. Wenn mich von weitem jemand anstrahlte, bin ich hingegangen und habe drauf los gequasselt. Und wenn es mit Händen und Füßen war. Außerdem habe ich meine ersten fahrenden Tankstellen zu Gesicht bekommen. Das sind Fahrräder, die zu einer Art Dreirad umgebaut wurden, und auf dessen Ladefläche ein 200 Liter Fass mit Benzin liegt. In dem Einfüllstutzen steckt ein Schlauch, über den dann per Ansaugmethode das Benzin in die mitgebrachten Behältnisse gefüllt wird. Das können Cola und andere Flaschen sein oder Plastikkanister. Sogar offene Schalen habe ich gesehen. Der Käufer zahlt seinen Obulus, schnappt sich sein Gefäß, hat sich den Weg zur Tankstelle gespart, marschiert zurück zu seinem Haus und füllt es in seinen Tank. Während die Tankstellenbesitzer wieder munter in die Pedale treten. Manoman, wohin bin ich hier geraten? Auf diesem Erkundungsgang entdeckte ich aber auch etwas, von dem ich dachte, dass es das auf Druck internationaler Bestimmungen nicht mehr geben würde, nämlich Schildkröteneier in rauhen Mengen, die lose und in Plastiktüten zum Verkauf und Verzehr angeboten wurden. Die meisten hatten Tischtennisball Format, aber einige waren groß wie ein Tennisball. Zuerst dachte ich, dass es Hühnereier ohne Kalkschale seien, wie es sie auch bei uns früher mal gab, wenn die Hennen nicht das richtige Futter bekamen und keinen Kalk für die Schalen mehr produzieren konnten. Aber dann fiel der Groschen. Ob sie auch gekocht werden, entzieht sich meiner Kenntnis, den herumliegenden leeren Schalen nach, werden sie wohl nur ausgeschlürft. Da lagen viele kleine Schildkröten ~ besser das, aus dem sie entstehen sollten ~ die nie ihren Weg in den Indischen Ozean finden würden. Und da ich auf Kreta mal gesehen habe, wie sie sich aus dem Sand herausbuddeln, um dann zielgerichtet aufs Meer zu zu streben, berührten mich diese Bilder schon auf seltsame Art und Weise.

Internetmäßig sieht es auch hier total mau aus. Es gibt zwar vereinzelte Internet Cafes, aber dort akzeptiert man entweder mein Notebook nicht
oder es gibt technische Probleme. Mal passt seltsamerweise ihr Stecker nicht in die Buchse meines Notebooks, oder es ist Stromausfall, oder einer der noch selteneneren Hotspots akzeptiert mich ebenfalls nicht, und wenn er es tut, schmeißt er mich von Zeit zu Zeit raus. Es ist zum Mäusemelken, denn auf einem fremden Rechner, mit einer anders gestrickten Tastatur und der bescheidenen Gmx Oberfläche, macht es nicht wirklich Spaß. Aber in der Not frisst der Teufel halt Fliegen, gelle?. Und so muss ich mich wohl daran gewöhnen, mit weniger Internet und Skypen auszukommen. Was mir nicht leicht fällt, zumal erst einmal kaum Besserung abzusehen ist, sondern eher das Gegenteil der Fall sein dürfte.

An meinem vorerst letzten Abend in Padang ~ bevor ich also nach Bukittinggi weiter ziehen würde, um dann nach Padang wegen der Fähre auf die Mentawai Island zurückzukommen ~ hatte ich noch über einen anderen deutschen Traveller von einem versteckten Hotspot ganz in der Nähe meines Hotels erfahren und wartete nun darauf, dass es aufhörte zu gießen. Der Himmel hatte mal wieder seine Schleusen komplett geöffnet und das nun schon seit über 3 Stunden. Aber als es dann endlich etwas weniger zu werden begann, packte ich mein wertvollstes Reise-Utensil in eine Plastiktüte und machte mich auf den Weg. Und dann saß ich auf einer großzügig überdachten Terrasse, bekam einen leckeren Fisch serviert und während es weiterpladderte konnte ich endlich meine E-Mails checken, skypen und einiges mehr erledigen. Aber auch hier schmierte das Internet immer mal wieder ab, so dass es wieder nicht die reine Freude war.

Dafür war es dann am anderen Morgen die reine Freude zu erleben, dass es auch einmal nicht nur mit Verspätung los gehen kann, sondern sogar eine Dreiviertelstunde vor der Zeit. Ich hatte mich darauf eingestellt, um 9 Uhr oder später abgeholt zu werden und war gerade mit meinem Frühstück fertig, als man mir mitteilte, dass der Mini Bus vor der Tür stünde. Das hatte es ja auf meiner gesamten Reise noch nicht gegeben. Aber Gott sei Dank hatte ich meine Klamotten bis auf ein paar Kleinigkeiten gepackt und so konnten wir 5 Minuten später losfahren, um dann 3,5 Stunden später in Bukittinggi, einer Stadt, die mehr als 900 Meter über Null liegt, anzukommen. Das hatte zur Folge, dass es hier längst nicht mehr so heiß war, wie in Padang oder den anderen Städten. Mein Zimmer im Hotel kam ohne Aircon oder Fan daher und die Abende waren so kühl, dass ein Hemd mit langem Arm oder ein leichter Pulli zwar noch nicht sein mussten, aber für den einen oder anderen schon angebracht waren.

Hier hatte ich den nächsten Servas Kontakt, zwar nicht mit Übernachtung, aber als Begleitung mit Kopftuch bei meinen ersten Gängen durch die Stadt oder zum Sianok Canyon, zum Morgen-Markt und in die lokalen Fressbuden. Aida war, bzw. ist Moslemin und führt eine kleine Privatschule für Kinder betuchterer Eltern, in denen sie neben der normalen Schule eineinhalbstundenweise ~ und vor allem spielerisch = eine Viertelstunde lernen, 10 Minuten spielen ~ an Englisch und andere Dinge herangeführt werden. Sie hat 6 weitere Lehrerinnen unter Vertrag (ebenfalls alle mit Kopftuch), die von ihr interessanterweise mit
„teacher Mary, teacher sowieso“angesprochen wurden. Ihre Schule, die nur aus einigen kleinen Räumen besteht, machte einen guten, kindgerechten Eindruck auf mich, wie auch die Lehrerinnen und die Kinder. Und wie ich wenig später erkennen konnte, gehören diese Räumlichkeiten ihrer Familie, genauer gesagt, ihrer Tante. Denn natürlich musste ich diese Frau kennen lernen und sah dann, dass beide Grundstücke schon lange miteinander verbunden gewesen sein müssen.

Was aber viel interessanter war, war die Tatsache, dass sich auf dem Grundstück auch ein über 100 Jahre altes Büffelhornhaus befand, das zwar nicht mehr bewohnt wurde, aber absolut intakt war. Und dieses Haus durfte ich mir von Innen anschauen. Es war ein Holzhaus, das auf einem hohen Steinsockel stand und noch komplett so eingerichtet, wie es die Großeltern der Tante mal eingerichtet hatten, die nicht zu den Ärmsten gezählt haben dürften. Und es hatte eine Atmosphäre, in der ich mich sofort wohl fühlte. Außerdem war es kühl, wie es wohl nur durch traditionelle Bauweise erreichbar ist. Das wäre 'ne Hütte nach meinem Geschmack, in die ich sofort einziehen könnte. Ein Riesenraum, der nur durch die Holzsäulen und die Möbel gegliedert wurde, mit einigen Nebenräumen. Spitze. Wie Aida erzählte, sei es das älteste und wahrscheinlich letzte noch existierende Haus dieser Art in der Stadt und vielleicht sogar in der ganzen näheren Umgebung.

Ich lernte aber auch zwei ihrer Freunde kennen, weil ich nach einem Guide gefragt hatte, der mit mir mit dem Moped durch die Gegend fahren sollte. Einer der beiden war sogar ein professioneller Guide, so dass ich dann doch wieder dort landete, wo ich eigentlich nicht hinwollte. Allerdings ~ um das schon mal vorweg zu sagen ~ bin ich in guten Händen gelandet, die mich sicher überall hin und zurück brachten. Z.B. in den Ort Palapuh, von dem aus mein erster kleiner Trip in den Dschungel erfolgte, um die größte Blume der Welt, die Rafflesia Arnoldii zu sehen. Dieses Teil ist recht beeindruckend und auch recht selten, wenn ich es richtig verstanden habe. Die Blüten können 1 bis 1,5 m Durchmesser erreichen, wobei meine jedoch
„nur“ca. 60 bis 70 cm hatte. Außerdem muss man Glück haben, dass gerade eine blüht. Aber dieses Glück hatte ich und es gab sogar in einigen Metern Entfernung schon eine Nachfolgerknospe, die bereits größer als ein Fußball war. In einem Bildband, den man mir vor unserem Start in den Dschungel in die Hand gedrückt hatte, konnte ich sehen, dass diese Blume in diversen Arten in fast allen tropischen Ländern wächst, wenn auch relativ selten, und wenn sie die richtigen Bedingungen hat. Auch diese Fotos waren beeindruckend in ihrer Vielfalt und Größe. Und wenn ich schon eher von ihr etwas gehört hätte, wäre sie mir vielleicht schon in Thailand oder Malaysia begegnet. Auf jeden Fall möchte ich mir ~ wenn ich wieder in Deutschland sein werde ~ ein Buch über diese Pflanze kaufen, um noch mehr über sie zu erfahren.

Mein gemäßigter Dschungel Trip war ähnlich dem, was ich mir vorgestellt hatte. Es ging über Stock und Stein, durch Matsch und Patsch, sowie kleine Bäche. Und einige Male kam ich ganz schön ins Rutschen, weil es steil an einigen matschigen Passagen bergauf oder bergab ging, wobei dieses stetige Bergauf und Bergab für einen prächtigen Muskelkater am nächsten Tag sorgte. Auf diesem Marsch habe ich eine Ameisenart gesehen, die fast 4 cm Zentimeter lang war und von der ich nicht soooo gerne gebissen würde, da das recht schmerzhaft sein soll. Außerdem begegnete mir mein zweiter
„Milliepedie“, ein Millionenfüßler, aber dieses Mal in Schwarz. Der erste in Bangkok war ja rotbraun, und im Gegensatz zu dem, sollte man sich von einem schwarzen auch nicht anknabbern lassen. Und statt in Plantagen, wuchsen hier die Kaffeebäume zwischen den anderen Pflanzen des Dschungels, was die Ernte der roten Bohnen für die Bauern sicher nicht leichter machte. Und es gab Zimtbäume, von deren Existenz ich zuvor noch nichts gehört hatte. Die Frage war mir zuhause zwar schon einige Male gekommen, was das wohl für eine Pflanze sein könnte, von dem die Zimtstangen oder das Pulver stammt, aber nachgegangen war ich ihr nie. Und hier fand ich nun des Rätsels Lösung.

Zimsstangen ~ wie wir sie kennen ~ sind die klein geschnittenen Rindenstücke der dünneren Äste des Zimtbaumes, der zur Gewinnung abgeholzt und dann geschält wird. Zuvor wird der Baum im unteren Bereich schon von seiner Rinde befreit, so dass der Baum nicht weiter mit Nährstoffen versorgt wird und so oder so absterben würde. Und genau so einen Baum zeigte mir mein Guide ohne weitere Erklärung und ließ mich an einem Rindenstückchen schnuppern. Mein erstaunter Blick brachte ihn sichtlich zum Schmunzeln. Und dann sah ich später überall auf den Höfen und am Straßenrand dann die 80 cm bis 1 m langen Stücke zum Trocknen herum liegen, die ich zuvor schon auf dem Markt in Nagoya gesehen hatte. In mir tauchte da schon die Frage auf, ob das nicht eine Art Raubbau an der Natur sein könnte. Aber um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, fragte ich erst einmal, ob der Zimtbaum ein schnell wachsender Baum sei und erfuhr, dass es ca. 10 Jahre braucht, bis der Baum gefällt, und die Rinde geerntet werden kann. Und da ich keinen dummen Guide bei mir hatte, wusste er sofort, worauf ich hinaus wollte und gab mir als weitere Information, dass das Holz komplett verarbeitet würde. Die dickeren Stücke im Möbelbau, während der Rest als Brennholz und für Gebrauchsgegenstände verwendet wird. Und er wies darauf hin, wie häufig der Baum da im Dschungel herumstand. Also packte ich mein bisschen Umweltbewusstsein ganz schnell wieder ein und hielt die Klappe. Zumal ich mit anderen Dingen zur Genüge beschäftigt war, wie meiner Schweißproduktion. Obwohl es auch hier deutlich kühler war, als an allen anderen Orten zuvor, war ich klatschnass geschwitzt und hätte mein Hemd so auswringen können. Ich hatte den Eindruck, in keiner Sauna mehr geschwitzt zu haben und so folgten die Schweißtropfen ganz natürlich der Schwerkraft und tropften mir aus dem Bart, liefen mir in den Nacken und den Rücken und überall herunter, und ich konnte nichts dagegen tun, außer es fließen zu lassen. Ich war froh, irgendwann wieder auf dem Moped Richtung Harau Valley zu sitzen und mich vom Fahrtwind kühlen und trocknen zu lassen.

Unterwegs kamen wir immer wieder an Flaggen vorbei, die den Farben nach, unserer entsprachen, nur dass sie nicht waagerecht, sondern senkrecht angeordnet waren ~ Schwarz, Rot, Gold. Da musste ich doch erst mal nachhorchen. Nicht dass es mich interessiert hätte, wenn mal wieder einer unserer Politiker durch die Weltgeschichte reiste, sondern grundsätzlich. Und ich erfuhr, dass es die Farben dreier Bezirke ist, die sich zusammen geschlossen haben, und diese Flaggen immer dann aufgestellt werden, wenn etwas Besonderes, wie eine Hochzeit o.ä. stattfindet. Heiraten scheint in Indonesien nach wie vor einen hohen Stellenwert zu haben, wobei es interessant ist, wer wen heiratet, denn in dieser Ecke hier, um Bukittinggi, haben Frauen das Recht, sich einen Mann zum Heiraten zu kaufen, so, wie es bei anderen Völkern meistens der Mann ist, der seine Frau von den Eltern kauft. Für einen halbwegs gutsituierten Mann muss Frau dann schon mal ein paar Milliönchen hinblättern, wobei der Preis aber wohl meistens in Form eines Autos oder anderer Sachwerte übergeben wird. In Solock ~ auf der anderen Seite von Padang, Richtung Süden ~ sind die Töchter die Erben von Haus und Grund, und nicht die Söhne. Sie bestimmen auch, wenn es darum geht, etwas zu verkaufen oder zu kaufen. Die
„armen“Erst-, Zweit- und sonstwie Geborenen haben hier ganz schön schlechte Karten. So stand z.B. das alte indonesische Büffelhornhaus in Solok ~ in dem ich einen Nacht verbrachte ~ leer, weil die Tochter irgendwo im Süden Sumatras mit ihrer Familie lebte, und sie es keinem ihrer Brüder überließ, um dort zu wohnen. Andere Länder andere Sitten.

Harau Valley ist ein langezogenes Tal, das halt links und rechts von mehr oder weniger aufregenden Felsen, Bergen und Wasserfällen gestaltet wird. Bestellte Reis- und andere Felder wechseln sich mit Dschungel und einigen wenigen Homestays ab, in denen Interessierte mit den Einheimischen hautnah leben können. Je tiefer im Valley, desto ursprünglicher wird das Ganze. Dort gibt es dann keinen Strom mehr, die Englischkenntnisse sind rudimentär, aber die Menschen sind in gleicher Form herzlich, wie ich es in Indonesien die ganze Zeit schon erlebt hatte. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Wir haben dort aber nur Rast gemacht, und ich durfte halt ein wenig reinschnuppern und hätte, wenn ich geblieben wäre, zusammen mit der ganzen Familie auf einer großen Bambusmatte in der offenen Hütte übernachtet, den im Teich unter der Hütte frisch gefangenen Fisch mit selbstgemachter Chillipaste gegessen und das Quellwasser vom Berg getrunken, wenn auch abgekocht. Der einzige, der ein wenig Englisch sprach, war der 78-jährige Großvater, der immer noch mit seinen Gästen als Guide durch den Dschungel und auf die Vulkane kraxelt und sich ~ wie mir mein Guide erzählte ~ bisher noch von keinem noch so sportlichen Europäer bei diesen Touren die Butter vom Brot nehmen ließ.

In einer anderen Unterkunft, dem Echo Homstay das allerdings etwas mehr Komfort bot, traf ich eine junge Deutsche, die sich dort für ein paar Tage einquartiert hatte. Neunzehn Lenze zählte sie, war vor etwas über einem halben Jahr als Noch-18-Jährige aufgebrochen, um ebenfalls über Land von Indien aus bis nach Indonesien zu ziehen und dann von Bali aus nach Australien zu fliegen, wo sie 1 Jahr bleiben wollte. Ich staunte mal wieder Bauklötze und war genauso beeindruckt, wie damals 1994 in Thailand, als ich ~ oder wir ~ immer wieder über solche jungen Frauen stolperten, die a) mutterseelenallein und b) lange unterwegs waren, bzw. sein wollten. Tja, ihr würde ich in Down Under gerne wieder über den Weg laufen, um zu erfahren, wie es für sie weiter gegangen ist. Ich bin sicher, genauso gut wie bisher, so klar, deutlich und ihrer sicher, wie sie durch die Weltgeschichte gondelte.

Diese Homestays ~ mit weniger oder kaum Komfort ~ haben schon etwas, wie ich auch am Lake Maninjau feststellen konnte. Dieses Teil lag ein Stück außerhalb des eigentlichen Ortes genau am Ufer des Sees, der im Gegensatz zu etlichen anderen Gewässern, einen sehr sauberen Eindruck machte, was in Indonesien natürlich trügen kann. Denn an allen Gewässern werden die Autos gewaschen oder die Wäsche. Und sie werden ~ wie bei uns früher auch ~ als Abwasserauffangbehälter genutzt. Vielleicht lag es an der Abgeschiedenheit, dass ich hier einen anderen Eindruck bekam. Auf jeden Fall mache das Ganze einen bezaubernden und einladenden Eindruck, so dass es kein Wunder war, dass die kleinen Hütten alle mit Gästen besetzt und somit ausgebucht waren. Als wir gerade abfahren wollten, kam eine deutsche Gruppe mit Kind und Kegeln, die ~ wie ich erfuhr ~ nicht zum ersten Mal hier waren. Leckeres Essen, ein traumhafter See direkt vor der Hüttentür, eine ebenso bezaubernde Dschungellandschaft mit Bergen und Vulkanen drumherum und einiges mehr, das war schon verlockend. Aber ich hatte mich ja entschlossen, auf die Inseln zu fahren. Und wenn mich Wasser jeglicher Art schon reizt, dann ganz besonders das Meer, das hier sogar der Indische Ozean sein würde. Wie unendlich weit weg und unerreichbar war er mir früher immer vorgekommen, und nun würde ich bald darin plantschen. Geil, eh.

Aber erst einmal musste ich dazu zurück nach Padang, um mich dort um alles Weitere, wei Fährticket usw. zu kümmern und auch den von Torsten angeleierten Kontakt zu Rika und ihrem Mann zu vertiefen. Die beiden waren, bzw. sind dabei, auf der Insel Sipora ein Surfcamp aufzubauen, und mit ihr tauschte ich bereits seit Tagen fleißig SMS aus. Wie ich dann aber später von ihr erfuhr, ist sie die Mitarbeiterin, quasi Managerin eines Australiers, der sich dieses Projekt ausgedacht hat. Und ihn sollte ich auch noch kennen lernen. Aber erst einmal versuchte ich wieder im Hotel Imanuel unterzukommen und versuchte mein Zimmer per Handy von Bukittinggi aus zu buchen. Leider bekam ich gesagt, dass eine Gruppe alle Zimmer gebucht hatte, aber man bot mir eins zu gleichen Konditionen in ihrem zweiten Hotel an, was ich gerne annahm, da ich dachte, dass es zumindest ähnlich sein würde. Das erwies sich aber leider als Irrtum, denn es war eine ziemliche Bruchbude mit Haken und Ösen, die ich zu dem Preis ~ der plötzlich doch höher sein sollte ~ nicht akzeptieren konnte. Das einzige freie Zimmer hatte kein Bad, dafür eine Hocktoilette mit dem dazugehörigen Wasserbehälter, aus dem das Wasser für die Toilette geschöpft wird, denn eine Spülung haben diese Dinger nun mal nicht. Darin, oder damit könnte ich mich doch auch waschen, war der Kommentar. Ich aber wollte bei dieser Affenhitze eine schöne Ganzkörperdusche und nicht so ein Geplemper über einem Becken. Dann ließen sich die landestypischen Lamellenfenster nicht schließen, womit ich jeder Mücke in der Umgebung die Erlaubnis erteilt hätte, mich nächtens zu besuchen und sich an mir zu bedienen. Außerdem ließ sich die Tür von innen nicht abschließen, sondern nur durch einen kleinen Mini-Riegel vom Außen abtrennen. All das war überhaupt nicht nach meinem Geschmack und so marschierte ich in der Mittagshitze los, um a) ein Zimmer zu finden und b) etwas zwischen meine Beißerchen zu bekommen. Letzteres erwies sich als das Einfachere, denn ich bekam an diesem Tag schon um die Mittagszeit die rote Karte, bzw. nur noch die teuersten Zimmer angeboten. Bis mir dann mein Taxifahrer ~ den ich mir schließlich genommen hatte ~ von einem neuen Homestay in der Stadt erzählte. Und da wurde ich dann zu einem brauchbaren Preis ~ wenn auch nur mit
„shared bathroom“endlich fündig und konnte mich Punkt b) widmen und fand ein kleines Lokal, in dem ich das leckerste bekam, was ich bisher hier gefunden hatte. Eine indonsische Suppe mit kleinen Fleischstückchen und einen Nachtisch, der sogar im Reiseführer erwähnt war, dem „Dadiah Campur“. Er besteht aus Wasserbüffelyoghurt, der in Bambusröhren ganz langsam reift ~ wie mir später Rika erzählte ~ mit diversen Früchten und einer krokantähnlichen Schicht oben drauf. Die Suppe enthielt kleine Kartoffelstückchen ~ die ich außer Vollkornbrot doch hin und wieder vermisse ~ und Nudeln, sowie ziemlich kleingeschnitte Gemüsestückchen und ebensolches Fleisch. Beides war zum Reinsetzen, und ich habe es am nächsten Abend gleich noch einmal verputzt, und zwar wieder als Candellight Dinner, denn der obligatorische Stromausfall ließ nicht lange auf sich warten.

Als ich Rika dann endlich traf, stellte sich nach einer Weile heraus, dass ich mich zwar mit einer Rika unterhielt, allerdings mit der falschen. Als die Tür zur verabredeten Zeit aufging und eine junge Frau hinein kam und meine Frage, ob sie Rika sei, bejahte, schien alles klar zu sein. Aber irgendwie passten die Details nicht zusammen, so dass ich ihr dann auf meinem Handy die Nummer zeigte, mit der ich die ganze Zeit gesimst hatte. Es war nicht ihre. In dem Moment mischte sich ein junger Mann ein, der sich gerade zu uns gesellt hatte. Er meinte, dass es die Nummer einer Freundin sei, die jeden Moment auftauchen würde. Und kaum ausgesprochen, stand sie auch schon mit ihrem Mann in der Tür. Fast hätte ich mich mit der falschen eingelassen, denn auch die andere Rika kümmerte sich um Leute wie mich, die auf die Inseln wollen.

Wir sind dann allemann auf den Mopeds der beiden Männer zu ihrem Lieblingsrestaurant in Padang gefahren, wobei ich dann anschließend wieder
„(m)ein“indonesisches Erlebnis hatte. Ich lernte nämlich Mr. Lemon kennen, als er Rika fragte, was für ein komischer Vogel, sprich Ausländer sich da in ihrem Schlepptau befindet. Das dann gipfelte darin, dass er mich mit zu seinem kleinen Getränke Verkaufsstand nahm und mir etwas anbot, von dem ich im ersten Moment nicht so recht wusste, ob ich dass denn wohl trinken wollte. Es war eine vanillegelbe Flüssigkeit mit Eiswürfeln, zwischen denen rötlich braune wurmähnliche Gebilde unterschiedlicher Größe schwammen. Außerdem gab es am Boden des Glases einen nicht definierbaren Satz einer krümmeligen Masse. Aber diese Gläser gingen weg wie warme Semmeln. Ein Zeichen, dass es soooo schlimm also nicht sein konnte. Und nachdem ich dann noch erfuhr, dass die Würmer Sago, und dass die Krümmel Durianstückchen seien, ließ ich mir auch eins geben. Und siehe da, es schmeckte ganz angenehm, auch wenn es nicht mein Lieblingsgetränk werden würde. Aber ein anderes könnte es werden, das ich in Solok kennen lernte, als ich mit Rika und Pooni dort war, um die eine Nacht in dem Büffelhornhaus zu verbringen. Nämlich Tee mit Ei, ebenfalls erst einmal ein gewöhnungsbedürftiger Getränke-Gedanke. Dazu wird in einem 5-Minuten-Akt ein Eigelb mit etwas Zucker geschlagen, bis es weißlich aussieht und dann mit heißem, warmen oder auch kaltem schwarzem Tee und etwas von der dicken süßen Kondensmilch aufgefüllt. Diese immer noch etwas gewöhnungsbedürftig aussehende Mischung muss man selber noch verrühren, bevor sie unverfänglich aussieht, und dann kann der este Testschluck erfolgen. Ich hätte mir gleich noch ein zweites Glas bestellen, und das erste in einem Zug austrinken können, so überrascht war ich vom Geschmack dieses Getränks. Das Gelbe vom Ei schmeckte ich gar nicht durch, und der Teegeschmack war nur noch eine zarte süße Erinnerung. Einfach köstlich.

Mr. Lemon stellte sich übrigens als Englischlehrer raus, der in seinem Zweitjob als Getränkeverkäufer tätig war. 68 Lenze zählte er und blickte auf eine Schar von insgesamt 15 Kindern, eigene und Enkelkinder. Ein stolzer Opa, der noch nicht daran zu denken schien, einen seiner Jobs an den Nagel zu hängen. In einem Land ohne soziales
Auffangnetzvielleicht auch einfach nur ein Muss.

Ein Muss ist es aber auch, sich rechtzeitig um sein Ticket zu kümmern, vor allem, wenn man ~ wie ich ~ dem Ganzen in Indonesien auf Grund der Gegebenheiten etwas hilflos gegenübersteht. Insofern war ganz froh, mit Rika eine gute Unterstützung an meiner Seite zu haben. Sie und ihr Mann fuhren mit mir direkt zum Fährbüro, und so bekam ich mein Ticket ohne den üblichen Zwischenhandel. Sie hatte mir bestätigt, dass es grausam sei, wenn man die preiswerteste Economy Class buchen würde und mir so etwas wie die Business Class empfohlen ~ mit der sie auch immer fährt ~ da sie über Aircon verfügt, insges. 48 verstellbare Sitze hat und die Möglichkeit bietet, an Bord gegen einen kleinen Aufpreis eine Matratze zu bekommen. Die um rund 400 % teurere Kabine mit 2 bis 4 Betten könnte ich mir sparen, und ich nahm ihren Rat an, wie ich auch ihrem Rat folgte, nicht die kleine, romantische Holzfähre zu nehmen, da ich dort vor nächtlichen Besuchern, wie Flöhen und Wanzen nicht sicher sei. Was konnte also bei einer Nacht auf einer größeren indonesischen Fähre aus Metall schon großartig anders sein, als damals auf der litauischen?

Es war sogar eine Idee besser, denn es fehlten die betrunkenen Truckfahrer, die Sitze waren bequemer, besser und vielfältiger verstellbar, und die Abstände waren größer. Allerdings gab es keine Matratzen mehr, weil sie bei meinem Eintreffen eine Stunde vor Abfahrt schon alle vergeben waren. Ob ich mir für die Rückfahrt dann doch eine Kabine gönnen werde, weiß ich (noch) nicht, denn eine etwas unbequemere Nacht auf einer Fähre ist kein Beinbruch, und der fehlende Schlaf schnell wieder reingeholt. Aber auf die besagte Economy Class würde wohl selbst im Notfall verzichten, denn dort gab es nur an die 200 Kunststoffstühle ~ ähnlich dieser billigen Gartenstühle ~ ein paar Liegepritschen, es durfte gequalmt werden und der Müll wurde in den Gängen verteilt, sofern er nicht ~ wie Pampers, die ihren Zweck erfüllt hatten ~ gleich über Bord geworfen wurde. Als ich am anderen Morgen an den offenen Luken stand, sah ich sie an mir vorbei fliegen und ins Wasser klatschen. Ein letztes Mal, bevor es dann auf Sipora an wieder Land ging.

 

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Fotos

Etappe 44 ~ von Mo. 14.07 bis Sa. 27.07.2008

 

Das Schöne an diesen Mini Bus Fahrten ist, dass man am Hotel abgeholt und an der Stelle abgeliefert wird, die man angegeben hat. Und so landete ich auf Grund der mehr als 9 Stunden dauernden Fahrt dann punktgenau am Hotel Imanuel in Padang, und hatte damit schon wiiiiieder eine Ankunft im Dunkeln. Aber hier hatten sie wenigstens noch ein Bett für mich, und einer der freundlichen Jungs vom Team brachte mich wenig später zu einem nahe gelegenen kleinen Straßenrestaurant, weil mal wieder alles wegen Stromausfall im Dunkeln lag, und ich ja noch keinen Rundgang hatte machen können. Was bei diesen unebenen Bürgersteigen + offenen Abwasserkanälen im Dunkeln halsbrecherisch gewesen wäre. Candellight Dinner auf indonesisch war also angesagt, wenn auch ohne die passende Begleitung.

TJA, in Indonesien scheint alles etwas komplizierter zu sein, als in allen anderen Ländern zuvor. Das Indonesien, in dem ich mich z.Z. aufhalte und die nächste Zeit hauptsächlich aufhalten werde, scheint eine Art Ausreißer zu sein. Bali ist zwar auch Indonesien, aber auch wenn ich noch nicht dort war, wage ich die Behauptung, dass es mit dem Rest nicht gut vergleichbar ist. Und Bali ist ja nun mal für uns Westler erst einmal der Indonesien-Traum überhaupt. Ich bin jetzt schon gespannt, wie es sein wird, wenn ich dort eintrudeln werde. Sicher wird es wunderschön sein. Aber insbesondere der Rest Indonesiens scheint aufregender, schöner und interessanter daher zu kommen als die Länder zuvor. Und so langsam beginne ich zu ahnen, zu verstehen, was Freund Torsten an diesem Land, an seinen Leuten und letztlich an einer Indonesierin so faszinierte, dass er auf Borneo in Kalimantan geheiratet hat.

Manoman, ich weiß manchmal nicht, wo mir wegen der vielen ungefilterten Eindrücke der Kopf steht und vor allem, was ich von dieser Freundlichkeit halten soll, so ungewohnt fühlt sie sich an, obwohl ich doch schon sooooo viele äußerst freundliche Menschen auf meiner Reise getroffen habe. Ist das nun echt? Ist das geschauspielert? Ich nehme eher ersteres an, aber gefragt habe ich mich schon das eine oder andere mal. Diese leuchtenden, freundlichen, lachenden ~ oder auch mal ernst schauenden ~ Augen, sie haben etwas, was ich kaum in Worte fassen kann. Und dabei ist es egal, wo ich ihnen begegne.

Als ich das erste Mal zum Strand ging und am Tourist Police Office wegen Infos vorbei marschierte, setzte sich das fort, was ich nun schon die ganzen Tage hier erlebe. Die Jungs und Mädchen in Uniform dort waren einfach Klasse in ihrer Art. Ich musste mich erst mal setzen ~ bekam etwas zu Trinken ~ und erzählen. Und ähnlich ging es weiter am Strand. Dort lud mich sogar eine ganze, nicht gerade kleine Familie ein, mich mit den Fingern von ihren Tellern zu bedienen. Im ersten Moment dachte ich, dass das doch wohl nur ein Jux sein könnte, aber es schien ihr voller Ernst zu sein, obwohl niemand von ihnen Englisch sprach. Die Gestik sprach für sich. Und so machte ich ihnen mit meiner Gestik klar, dass mein Bauch voll sei, weil ich gerade gefrühstückt hatte. Nur wenig später bekam ich von einer Frau mit 3 Kindern ~ d.h. zuerst von einer ihrer kleinen Töchter ~ die Einladung, doch an ihrer kleinen Verkaufsbude für Zigaretten Platz zu nehmen. Und auch hier bekam ich etwas zu essen angeboten. Da die Kinder etwas Englisch sprachen, klappte es hier mit dem Reden ganz gut. Und so ging es weiter, immer wieder habe ich mich mehr oder weniger gut mit den Menschen unterwegs unterhalten. Mal haben sie mich angesprochen, mal war ich es ~ etwas, was ich früher nie gut gekonnt habe. Wenn mich von weitem jemand anstrahlte, bin ich hingegangen und habe drauf los gequasselt. Und wenn es mit Händen und Füßen war. Außerdem habe ich meine ersten fahrenden Tankstellen zu Gesicht bekommen. Das sind Fahrräder, die zu einer Art Dreirad umgebaut wurden, und auf dessen Ladefläche ein 200 Liter Fass mit Benzin liegt. In dem Einfüllstutzen steckt ein Schlauch, über den dann per Ansaugmethode das Benzin in die mitgebrachten Behältnisse gefüllt wird. Das können Cola und andere Flaschen sein oder Plastikkanister. Sogar offene Schalen habe ich gesehen. Der Käufer zahlt seinen Obulus, schnappt sich sein Gefäß, hat sich den Weg zur Tankstelle gespart, marschiert zurück zu seinem Haus und füllt es in seinen Tank. Während die Tankstellenbesitzer wieder munter in die Pedale treten. Manoman, wohin bin ich hier geraten? Auf diesem Erkundungsgang entdeckte ich aber auch etwas, von dem ich dachte, dass es das auf Druck internationaler Bestimmungen nicht mehr geben würde, nämlich Schildkröteneier in rauhen Mengen, die lose und in Plastiktüten zum Verkauf und Verzehr angeboten wurden. Die meisten hatten Tischtennisball Format, aber einige waren groß wie ein Tennisball. Zuerst dachte ich, dass es Hühnereier ohne Kalkschale seien, wie es sie auch bei uns früher mal gab, wenn die Hennen nicht das richtige Futter bekamen und keinen Kalk für die Schalen mehr produzieren konnten. Aber dann fiel der Groschen. Ob sie auch gekocht werden, entzieht sich meiner Kenntnis, den herumliegenden leeren Schalen nach, werden sie wohl nur ausgeschlürft. Da lagen viele kleine Schildkröten ~ besser das, aus dem sie entstehen sollten ~ die nie ihren Weg in den Indischen Ozean finden würden. Und da ich auf Kreta mal gesehen habe, wie sie sich aus dem Sand herausbuddeln, um dann zielgerichtet aufs Meer zu zu streben, berührten mich diese Bilder schon auf seltsame Art und Weise.

Internetmäßig sieht es auch hier total mau aus. Es gibt zwar vereinzelte Internet Cafes, aber dort akzeptiert man entweder mein Notebook nicht
oder es gibt technische Probleme. Mal passt seltsamerweise ihr Stecker nicht in die Buchse meines Notebooks, oder es ist Stromausfall, oder einer der noch selteneneren Hotspots akzeptiert mich ebenfalls nicht, und wenn er es tut, schmeißt er mich von Zeit zu Zeit raus. Es ist zum Mäusemelken, denn auf einem fremden Rechner, mit einer anders gestrickten Tastatur und der bescheidenen Gmx Oberfläche, macht es nicht wirklich Spaß. Aber in der Not frisst der Teufel halt Fliegen, gelle?. Und so muss ich mich wohl daran gewöhnen, mit weniger Internet und Skypen auszukommen. Was mir nicht leicht fällt, zumal erst einmal kaum Besserung abzusehen ist, sondern eher das Gegenteil der Fall sein dürfte.

An meinem vorerst letzten Abend in Padang ~ bevor ich also nach Bukittinggi weiter ziehen würde, um dann nach Padang wegen der Fähre auf die Mentawai Island zurückzukommen ~ hatte ich noch über einen anderen deutschen Traveller von einem versteckten Hotspot ganz in der Nähe meines Hotels erfahren und wartete nun darauf, dass es aufhörte zu gießen. Der Himmel hatte mal wieder seine Schleusen komplett geöffnet und das nun schon seit über 3 Stunden. Aber als es dann endlich etwas weniger zu werden begann, packte ich mein wertvollstes Reise-Utensil in eine Plastiktüte und machte mich auf den Weg. Und dann saß ich auf einer großzügig überdachten Terrasse, bekam einen leckeren Fisch serviert und während es weiterpladderte konnte ich endlich meine E-Mails checken, skypen und einiges mehr erledigen. Aber auch hier schmierte das Internet immer mal wieder ab, so dass es wieder nicht die reine Freude war.

Dafür war es dann am anderen Morgen die reine Freude zu erleben, dass es auch einmal nicht nur mit Verspätung los gehen kann, sondern sogar eine Dreiviertelstunde vor der Zeit. Ich hatte mich darauf eingestellt, um 9 Uhr oder später abgeholt zu werden und war gerade mit meinem Frühstück fertig, als man mir mitteilte, dass der Mini Bus vor der Tür stünde. Das hatte es ja auf meiner gesamten Reise noch nicht gegeben. Aber Gott sei Dank hatte ich meine Klamotten bis auf ein paar Kleinigkeiten gepackt und so konnten wir 5 Minuten später losfahren, um dann 3,5 Stunden später in Bukittinggi, einer Stadt, die mehr als 900 Meter über Null liegt, anzukommen. Das hatte zur Folge, dass es hier längst nicht mehr so heiß war, wie in Padang oder den anderen Städten. Mein Zimmer im Hotel kam ohne Aircon oder Fan daher und die Abende waren so kühl, dass ein Hemd mit langem Arm oder ein leichter Pulli zwar noch nicht sein mussten, aber für den einen oder anderen schon angebracht waren.

Hier hatte ich den nächsten Servas Kontakt, zwar nicht mit Übernachtung, aber als Begleitung mit Kopftuch bei meinen ersten Gängen durch die Stadt oder zum Sianok Canyon, zum Morgen-Markt und in die lokalen Fressbuden. Aida war, bzw. ist Moslemin und führt eine kleine Privatschule für Kinder betuchterer Eltern, in denen sie neben der normalen Schule eineinhalbstundenweise ~ und vor allem spielerisch = eine Viertelstunde lernen, 10 Minuten spielen ~ an Englisch und andere Dinge herangeführt werden. Sie hat 6 weitere Lehrerinnen unter Vertrag (ebenfalls alle mit Kopftuch), die von ihr interessanterweise mit
„teacher Mary, teacher sowieso“angesprochen wurden. Ihre Schule, die nur aus einigen kleinen Räumen besteht, machte einen guten, kindgerechten Eindruck auf mich, wie auch die Lehrerinnen und die Kinder. Und wie ich wenig später erkennen konnte, gehören diese Räumlichkeiten ihrer Familie, genauer gesagt, ihrer Tante. Denn natürlich musste ich diese Frau kennen lernen und sah dann, dass beide Grundstücke schon lange miteinander verbunden gewesen sein müssen.

Was aber viel interessanter war, war die Tatsache, dass sich auf dem Grundstück auch ein über 100 Jahre altes Büffelhornhaus befand, das zwar nicht mehr bewohnt wurde, aber absolut intakt war. Und dieses Haus durfte ich mir von Innen anschauen. Es war ein Holzhaus, das auf einem hohen Steinsockel stand und noch komplett so eingerichtet, wie es die Großeltern der Tante mal eingerichtet hatten, die nicht zu den Ärmsten gezählt haben dürften. Und es hatte eine Atmosphäre, in der ich mich sofort wohl fühlte. Außerdem war es kühl, wie es wohl nur durch traditionelle Bauweise erreichbar ist. Das wäre 'ne Hütte nach meinem Geschmack, in die ich sofort einziehen könnte. Ein Riesenraum, der nur durch die Holzsäulen und die Möbel gegliedert wurde, mit einigen Nebenräumen. Spitze. Wie Aida erzählte, sei es das älteste und wahrscheinlich letzte noch existierende Haus dieser Art in der Stadt und vielleicht sogar in der ganzen näheren Umgebung.

Ich lernte aber auch zwei ihrer Freunde kennen, weil ich nach einem Guide gefragt hatte, der mit mir mit dem Moped durch die Gegend fahren sollte. Einer der beiden war sogar ein professioneller Guide, so dass ich dann doch wieder dort landete, wo ich eigentlich nicht hinwollte. Allerdings ~ um das schon mal vorweg zu sagen ~ bin ich in guten Händen gelandet, die mich sicher überall hin und zurück brachten. Z.B. in den Ort Palapuh, von dem aus mein erster kleiner Trip in den Dschungel erfolgte, um die größte Blume der Welt, die Rafflesia Arnoldii zu sehen. Dieses Teil ist recht beeindruckend und auch recht selten, wenn ich es richtig verstanden habe. Die Blüten können 1 bis 1,5 m Durchmesser erreichen, wobei meine jedoch
„nur“ca. 60 bis 70 cm hatte. Außerdem muss man Glück haben, dass gerade eine blüht. Aber dieses Glück hatte ich und es gab sogar in einigen Metern Entfernung schon eine Nachfolgerknospe, die bereits größer als ein Fußball war. In einem Bildband, den man mir vor unserem Start in den Dschungel in die Hand gedrückt hatte, konnte ich sehen, dass diese Blume in diversen Arten in fast allen tropischen Ländern wächst, wenn auch relativ selten, und wenn sie die richtigen Bedingungen hat. Auch diese Fotos waren beeindruckend in ihrer Vielfalt und Größe. Und wenn ich schon eher von ihr etwas gehört hätte, wäre sie mir vielleicht schon in Thailand oder Malaysia begegnet. Auf jeden Fall möchte ich mir ~ wenn ich wieder in Deutschland sein werde ~ ein Buch über diese Pflanze kaufen, um noch mehr über sie zu erfahren.

Mein gemäßigter Dschungel Trip war ähnlich dem, was ich mir vorgestellt hatte. Es ging über Stock und Stein, durch Matsch und Patsch, sowie kleine Bäche. Und einige Male kam ich ganz schön ins Rutschen, weil es steil an einigen matschigen Passagen bergauf oder bergab ging, wobei dieses stetige Bergauf und Bergab für einen prächtigen Muskelkater am nächsten Tag sorgte. Auf diesem Marsch habe ich eine Ameisenart gesehen, die fast 4 cm Zentimeter lang war und von der ich nicht soooo gerne gebissen würde, da das recht schmerzhaft sein soll. Außerdem begegnete mir mein zweiter
„Milliepedie“, ein Millionenfüßler, aber dieses Mal in Schwarz. Der erste in Bangkok war ja rotbraun, und im Gegensatz zu dem, sollte man sich von einem schwarzen auch nicht anknabbern lassen. Und statt in Plantagen, wuchsen hier die Kaffeebäume zwischen den anderen Pflanzen des Dschungels, was die Ernte der roten Bohnen für die Bauern sicher nicht leichter machte. Und es gab Zimtbäume, von deren Existenz ich zuvor noch nichts gehört hatte. Die Frage war mir zuhause zwar schon einige Male gekommen, was das wohl für eine Pflanze sein könnte, von dem die Zimtstangen oder das Pulver stammt, aber nachgegangen war ich ihr nie. Und hier fand ich nun des Rätsels Lösung.

Zimsstangen ~ wie wir sie kennen ~ sind die klein geschnittenen Rindenstücke der dünneren Äste des Zimtbaumes, der zur Gewinnung abgeholzt und dann geschält wird. Zuvor wird der Baum im unteren Bereich schon von seiner Rinde befreit, so dass der Baum nicht weiter mit Nährstoffen versorgt wird und so oder so absterben würde. Und genau so einen Baum zeigte mir mein Guide ohne weitere Erklärung und ließ mich an einem Rindenstückchen schnuppern. Mein erstaunter Blick brachte ihn sichtlich zum Schmunzeln. Und dann sah ich später überall auf den Höfen und am Straßenrand dann die 80 cm bis 1 m langen Stücke zum Trocknen herum liegen, die ich zuvor schon auf dem Markt in Nagoya gesehen hatte. In mir tauchte da schon die Frage auf, ob das nicht eine Art Raubbau an der Natur sein könnte. Aber um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, fragte ich erst einmal, ob der Zimtbaum ein schnell wachsender Baum sei und erfuhr, dass es ca. 10 Jahre braucht, bis der Baum gefällt, und die Rinde geerntet werden kann. Und da ich keinen dummen Guide bei mir hatte, wusste er sofort, worauf ich hinaus wollte und gab mir als weitere Information, dass das Holz komplett verarbeitet würde. Die dickeren Stücke im Möbelbau, während der Rest als Brennholz und für Gebrauchsgegenstände verwendet wird. Und er wies darauf hin, wie häufig der Baum da im Dschungel herumstand. Also packte ich mein bisschen Umweltbewusstsein ganz schnell wieder ein und hielt die Klappe. Zumal ich mit anderen Dingen zur Genüge beschäftigt war, wie meiner Schweißproduktion. Obwohl es auch hier deutlich kühler war, als an allen anderen Orten zuvor, war ich klatschnass geschwitzt und hätte mein Hemd so auswringen können. Ich hatte den Eindruck, in keiner Sauna mehr geschwitzt zu haben und so folgten die Schweißtropfen ganz natürlich der Schwerkraft und tropften mir aus dem Bart, liefen mir in den Nacken und den Rücken und überall herunter, und ich konnte nichts dagegen tun, außer es fließen zu lassen. Ich war froh, irgendwann wieder auf dem Moped Richtung Harau Valley zu sitzen und mich vom Fahrtwind kühlen und trocknen zu lassen.

Unterwegs kamen wir immer wieder an Flaggen vorbei, die den Farben nach, unserer entsprachen, nur dass sie nicht waagerecht, sondern senkrecht angeordnet waren ~ Schwarz, Rot, Gold. Da musste ich doch erst mal nachhorchen. Nicht dass es mich interessiert hätte, wenn mal wieder einer unserer Politiker durch die Weltgeschichte reiste, sondern grundsätzlich. Und ich erfuhr, dass es die Farben dreier Bezirke ist, die sich zusammen geschlossen haben, und diese Flaggen immer dann aufgestellt werden, wenn etwas Besonderes, wie eine Hochzeit o.ä. stattfindet. Heiraten scheint in Indonesien nach wie vor einen hohen Stellenwert zu haben, wobei es interessant ist, wer wen heiratet, denn in dieser Ecke hier, um Bukittinggi, haben Frauen das Recht, sich einen Mann zum Heiraten zu kaufen, so, wie es bei anderen Völkern meistens der Mann ist, der seine Frau von den Eltern kauft. Für einen halbwegs gutsituierten Mann muss Frau dann schon mal ein paar Milliönchen hinblättern, wobei der Preis aber wohl meistens in Form eines Autos oder anderer Sachwerte übergeben wird. In Solock ~ auf der anderen Seite von Padang, Richtung Süden ~ sind die Töchter die Erben von Haus und Grund, und nicht die Söhne. Sie bestimmen auch, wenn es darum geht, etwas zu verkaufen oder zu kaufen. Die
„armen“Erst-, Zweit- und sonstwie Geborenen haben hier ganz schön schlechte Karten. So stand z.B. das alte indonesische Büffelhornhaus in Solok ~ in dem ich einen Nacht verbrachte ~ leer, weil die Tochter irgendwo im Süden Sumatras mit ihrer Familie lebte, und sie es keinem ihrer Brüder überließ, um dort zu wohnen. Andere Länder andere Sitten.

Harau Valley ist ein langezogenes Tal, das halt links und rechts von mehr oder weniger aufregenden Felsen, Bergen und Wasserfällen gestaltet wird. Bestellte Reis- und andere Felder wechseln sich mit Dschungel und einigen wenigen Homestays ab, in denen Interessierte mit den Einheimischen hautnah leben können. Je tiefer im Valley, desto ursprünglicher wird das Ganze. Dort gibt es dann keinen Strom mehr, die Englischkenntnisse sind rudimentär, aber die Menschen sind in gleicher Form herzlich, wie ich es in Indonesien die ganze Zeit schon erlebt hatte. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Wir haben dort aber nur Rast gemacht, und ich durfte halt ein wenig reinschnuppern und hätte, wenn ich geblieben wäre, zusammen mit der ganzen Familie auf einer großen Bambusmatte in der offenen Hütte übernachtet, den im Teich unter der Hütte frisch gefangenen Fisch mit selbstgemachter Chillipaste gegessen und das Quellwasser vom Berg getrunken, wenn auch abgekocht. Der einzige, der ein wenig Englisch sprach, war der 78-jährige Großvater, der immer noch mit seinen Gästen als Guide durch den Dschungel und auf die Vulkane kraxelt und sich ~ wie mir mein Guide erzählte ~ bisher noch von keinem noch so sportlichen Europäer bei diesen Touren die Butter vom Brot nehmen ließ.

In einer anderen Unterkunft, dem Echo Homstay das allerdings etwas mehr Komfort bot, traf ich eine junge Deutsche, die sich dort für ein paar Tage einquartiert hatte. Neunzehn Lenze zählte sie, war vor etwas über einem halben Jahr als Noch-18-Jährige aufgebrochen, um ebenfalls über Land von Indien aus bis nach Indonesien zu ziehen und dann von Bali aus nach Australien zu fliegen, wo sie 1 Jahr bleiben wollte. Ich staunte mal wieder Bauklötze und war genauso beeindruckt, wie damals 1994 in Thailand, als ich ~ oder wir ~ immer wieder über solche jungen Frauen stolperten, die a) mutterseelenallein und b) lange unterwegs waren, bzw. sein wollten. Tja, ihr würde ich in Down Under gerne wieder über den Weg laufen, um zu erfahren, wie es für sie weiter gegangen ist. Ich bin sicher, genauso gut wie bisher, so klar, deutlich und ihrer sicher, wie sie durch die Weltgeschichte gondelte.

Diese Homestays ~ mit weniger oder kaum Komfort ~ haben schon etwas, wie ich auch am Lake Maninjau feststellen konnte. Dieses Teil lag ein Stück außerhalb des eigentlichen Ortes genau am Ufer des Sees, der im Gegensatz zu etlichen anderen Gewässern, einen sehr sauberen Eindruck machte, was in Indonesien natürlich trügen kann. Denn an allen Gewässern werden die Autos gewaschen oder die Wäsche. Und sie werden ~ wie bei uns früher auch ~ als Abwasserauffangbehälter genutzt. Vielleicht lag es an der Abgeschiedenheit, dass ich hier einen anderen Eindruck bekam. Auf jeden Fall mache das Ganze einen bezaubernden und einladenden Eindruck, so dass es kein Wunder war, dass die kleinen Hütten alle mit Gästen besetzt und somit ausgebucht waren. Als wir gerade abfahren wollten, kam eine deutsche Gruppe mit Kind und Kegeln, die ~ wie ich erfuhr ~ nicht zum ersten Mal hier waren. Leckeres Essen, ein traumhafter See direkt vor der Hüttentür, eine ebenso bezaubernde Dschungellandschaft mit Bergen und Vulkanen drumherum und einiges mehr, das war schon verlockend. Aber ich hatte mich ja entschlossen, auf die Inseln zu fahren. Und wenn mich Wasser jeglicher Art schon reizt, dann ganz besonders das Meer, das hier sogar der Indische Ozean sein würde. Wie unendlich weit weg und unerreichbar war er mir früher immer vorgekommen, und nun würde ich bald darin plantschen. Geil, eh.

Aber erst einmal musste ich dazu zurück nach Padang, um mich dort um alles Weitere, wei Fährticket usw. zu kümmern und auch den von Torsten angeleierten Kontakt zu Rika und ihrem Mann zu vertiefen. Die beiden waren, bzw. sind dabei, auf der Insel Sipora ein Surfcamp aufzubauen, und mit ihr tauschte ich bereits seit Tagen fleißig SMS aus. Wie ich dann aber später von ihr erfuhr, ist sie die Mitarbeiterin, quasi Managerin eines Australiers, der sich dieses Projekt ausgedacht hat. Und ihn sollte ich auch noch kennen lernen. Aber erst einmal versuchte ich wieder im Hotel Imanuel unterzukommen und versuchte mein Zimmer per Handy von Bukittinggi aus zu buchen. Leider bekam ich gesagt, dass eine Gruppe alle Zimmer gebucht hatte, aber man bot mir eins zu gleichen Konditionen in ihrem zweiten Hotel an, was ich gerne annahm, da ich dachte, dass es zumindest ähnlich sein würde. Das erwies sich aber leider als Irrtum, denn es war eine ziemliche Bruchbude mit Haken und Ösen, die ich zu dem Preis ~ der plötzlich doch höher sein sollte ~ nicht akzeptieren konnte. Das einzige freie Zimmer hatte kein Bad, dafür eine Hocktoilette mit dem dazugehörigen Wasserbehälter, aus dem das Wasser für die Toilette geschöpft wird, denn eine Spülung haben diese Dinger nun mal nicht. Darin, oder damit könnte ich mich doch auch waschen, war der Kommentar. Ich aber wollte bei dieser Affenhitze eine schöne Ganzkörperdusche und nicht so ein Geplemper über einem Becken. Dann ließen sich die landestypischen Lamellenfenster nicht schließen, womit ich jeder Mücke in der Umgebung die Erlaubnis erteilt hätte, mich nächtens zu besuchen und sich an mir zu bedienen. Außerdem ließ sich die Tür von innen nicht abschließen, sondern nur durch einen kleinen Mini-Riegel vom Außen abtrennen. All das war überhaupt nicht nach meinem Geschmack und so marschierte ich in der Mittagshitze los, um a) ein Zimmer zu finden und b) etwas zwischen meine Beißerchen zu bekommen. Letzteres erwies sich als das Einfachere, denn ich bekam an diesem Tag schon um die Mittagszeit die rote Karte, bzw. nur noch die teuersten Zimmer angeboten. Bis mir dann mein Taxifahrer ~ den ich mir schließlich genommen hatte ~ von einem neuen Homestay in der Stadt erzählte. Und da wurde ich dann zu einem brauchbaren Preis ~ wenn auch nur mit
„shared bathroom“endlich fündig und konnte mich Punkt b) widmen und fand ein kleines Lokal, in dem ich das leckerste bekam, was ich bisher hier gefunden hatte. Eine indonsische Suppe mit kleinen Fleischstückchen und einen Nachtisch, der sogar im Reiseführer erwähnt war, dem „Dadiah Campur“. Er besteht aus Wasserbüffelyoghurt, der in Bambusröhren ganz langsam reift ~ wie mir später Rika erzählte ~ mit diversen Früchten und einer krokantähnlichen Schicht oben drauf. Die Suppe enthielt kleine Kartoffelstückchen ~ die ich außer Vollkornbrot doch hin und wieder vermisse ~ und Nudeln, sowie ziemlich kleingeschnitte Gemüsestückchen und ebensolches Fleisch. Beides war zum Reinsetzen, und ich habe es am nächsten Abend gleich noch einmal verputzt, und zwar wieder als Candellight Dinner, denn der obligatorische Stromausfall ließ nicht lange auf sich warten.

Als ich Rika dann endlich traf, stellte sich nach einer Weile heraus, dass ich mich zwar mit einer Rika unterhielt, allerdings mit der falschen. Als die Tür zur verabredeten Zeit aufging und eine junge Frau hinein kam und meine Frage, ob sie Rika sei, bejahte, schien alles klar zu sein. Aber irgendwie passten die Details nicht zusammen, so dass ich ihr dann auf meinem Handy die Nummer zeigte, mit der ich die ganze Zeit gesimst hatte. Es war nicht ihre. In dem Moment mischte sich ein junger Mann ein, der sich gerade zu uns gesellt hatte. Er meinte, dass es die Nummer einer Freundin sei, die jeden Moment auftauchen würde. Und kaum ausgesprochen, stand sie auch schon mit ihrem Mann in der Tür. Fast hätte ich mich mit der falschen eingelassen, denn auch die andere Rika kümmerte sich um Leute wie mich, die auf die Inseln wollen.

Wir sind dann allemann auf den Mopeds der beiden Männer zu ihrem Lieblingsrestaurant in Padang gefahren, wobei ich dann anschließend wieder
„(m)ein“indonesisches Erlebnis hatte. Ich lernte nämlich Mr. Lemon kennen, als er Rika fragte, was für ein komischer Vogel, sprich Ausländer sich da in ihrem Schlepptau befindet. Das dann gipfelte darin, dass er mich mit zu seinem kleinen Getränke Verkaufsstand nahm und mir etwas anbot, von dem ich im ersten Moment nicht so recht wusste, ob ich dass denn wohl trinken wollte. Es war eine vanillegelbe Flüssigkeit mit Eiswürfeln, zwischen denen rötlich braune wurmähnliche Gebilde unterschiedlicher Größe schwammen. Außerdem gab es am Boden des Glases einen nicht definierbaren Satz einer krümmeligen Masse. Aber diese Gläser gingen weg wie warme Semmeln. Ein Zeichen, dass es soooo schlimm also nicht sein konnte. Und nachdem ich dann noch erfuhr, dass die Würmer Sago, und dass die Krümmel Durianstückchen seien, ließ ich mir auch eins geben. Und siehe da, es schmeckte ganz angenehm, auch wenn es nicht mein Lieblingsgetränk werden würde. Aber ein anderes könnte es werden, das ich in Solok kennen lernte, als ich mit Rika und Pooni dort war, um die eine Nacht in dem Büffelhornhaus zu verbringen. Nämlich Tee mit Ei, ebenfalls erst einmal ein gewöhnungsbedürftiger Getränke-Gedanke. Dazu wird in einem 5-Minuten-Akt ein Eigelb mit etwas Zucker geschlagen, bis es weißlich aussieht und dann mit heißem, warmen oder auch kaltem schwarzem Tee und etwas von der dicken süßen Kondensmilch aufgefüllt. Diese immer noch etwas gewöhnungsbedürftig aussehende Mischung muss man selber noch verrühren, bevor sie unverfänglich aussieht, und dann kann der este Testschluck erfolgen. Ich hätte mir gleich noch ein zweites Glas bestellen, und das erste in einem Zug austrinken können, so überrascht war ich vom Geschmack dieses Getränks. Das Gelbe vom Ei schmeckte ich gar nicht durch, und der Teegeschmack war nur noch eine zarte süße Erinnerung. Einfach köstlich.

Mr. Lemon stellte sich übrigens als Englischlehrer raus, der in seinem Zweitjob als Getränkeverkäufer tätig war. 68 Lenze zählte er und blickte auf eine Schar von insgesamt 15 Kindern, eigene und Enkelkinder. Ein stolzer Opa, der noch nicht daran zu denken schien, einen seiner Jobs an den Nagel zu hängen. In einem Land ohne soziales
Auffangnetzvielleicht auch einfach nur ein Muss.

Ein Muss ist es aber auch, sich rechtzeitig um sein Ticket zu kümmern, vor allem, wenn man ~ wie ich ~ dem Ganzen in Indonesien auf Grund der Gegebenheiten etwas hilflos gegenübersteht. Insofern war ganz froh, mit Rika eine gute Unterstützung an meiner Seite zu haben. Sie und ihr Mann fuhren mit mir direkt zum Fährbüro, und so bekam ich mein Ticket ohne den üblichen Zwischenhandel. Sie hatte mir bestätigt, dass es grausam sei, wenn man die preiswerteste Economy Class buchen würde und mir so etwas wie die Business Class empfohlen ~ mit der sie auch immer fährt ~ da sie über Aircon verfügt, insges. 48 verstellbare Sitze hat und die Möglichkeit bietet, an Bord gegen einen kleinen Aufpreis eine Matratze zu bekommen. Die um rund 400 % teurere Kabine mit 2 bis 4 Betten könnte ich mir sparen, und ich nahm ihren Rat an, wie ich auch ihrem Rat folgte, nicht die kleine, romantische Holzfähre zu nehmen, da ich dort vor nächtlichen Besuchern, wie Flöhen und Wanzen nicht sicher sei. Was konnte also bei einer Nacht auf einer größeren indonesischen Fähre aus Metall schon großartig anders sein, als damals auf der litauischen?

Es war sogar eine Idee besser, denn es fehlten die betrunkenen Truckfahrer, die Sitze waren bequemer, besser und vielfältiger verstellbar, und die Abstände waren größer. Allerdings gab es keine Matratzen mehr, weil sie bei meinem Eintreffen eine Stunde vor Abfahrt schon alle vergeben waren. Ob ich mir für die Rückfahrt dann doch eine Kabine gönnen werde, weiß ich (noch) nicht, denn eine etwas unbequemere Nacht auf einer Fähre ist kein Beinbruch, und der fehlende Schlaf schnell wieder reingeholt. Aber auf die besagte Economy Class würde wohl selbst im Notfall verzichten, denn dort gab es nur an die 200 Kunststoffstühle ~ ähnlich dieser billigen Gartenstühle ~ ein paar Liegepritschen, es durfte gequalmt werden und der Müll wurde in den Gängen verteilt, sofern er nicht ~ wie Pampers, die ihren Zweck erfüllt hatten ~ gleich über Bord geworfen wurde. Als ich am anderen Morgen an den offenen Luken stand, sah ich sie an mir vorbei fliegen und ins Wasser klatschen. Ein letztes Mal, bevor es dann auf Sipora an wieder Land ging.