Timor & mehr
Etappe 56 ~ von Mo. 24.11. bis Do. 04.11.2008
Tja, nun war ich tatsächlich auf West Timor in Kupang gelandet, erfreute mich des Lebens und an meinem
kühlen Zimmer, um dann Stück für Stück feststellen zu müssen dass es auch von hier aus wohl keine Möglichkeit zu geben schien, mit einem Schiff, gleich welcher Art, nach DU zu gelangen.
Vielleicht sollte ich Kokosnüsse sammeln, sie à la Papillon zusammen binden und auf diese Weise die letzten Kilometer, bzw. Seemeilen hinter mich bringen. Zumal es genauso wenig die Möglichkeit
gab, auf den Flieger auszuweichen, weil man zwischenzeitlich alle „international flights“ eingestellt hatte. Die gab es
nur noch von Dili auf Timor Leste, dem östlichen, von Indonesien unabhängigen Teil der Insel.
Die ersten, die mir das erzählten, waren Claudia + Peter, ein gemischtes Traveller Pärchen, sie Deutsche, er Neuseeländer in Australien, genauer Tasmanien lebend. Beide waren nun schon seit
einigen Jahren mit ihren Fahrrädern unterwegs und waren mit dem Flieger von Darwin nach Dili und von dort nach Kupang gestrampelt und wollten jetzt nach Bali. Sie hatten Maklon, einen
Einheimischen im Schlepptau, bei dem sie einige Tage gewohnt hatten. Dieser Mann hatte sich in jahrelanger Arbeit mit eigenen Händen auf einem Traumgrundstück in Hanglage mit Blick über die
gesamte Bucht ein Häuschen gebaut, bzw. war immer noch dabei, es weiter auszubauen und lebte dort mit Frau, 5 Hunden, 2 Affen, 1 Katze und einem Hahn + Hühnern. Bei uns wäre so etwas ein
Millionen Grundstück, für Otto-Normal-Verbraucher nicht zu bezahlen. Hier war es wohl nichts Besonderes, weil so ein Grundstück viel Arbeit macht, wenn man denn dort bauen will. Allein um eine
einzige Stützmauer zu bauen, hatte er zwei Jahre gebraucht. Mit seinen Händen + Spitzhacke + Hammer + Schüppe. Maschinen gibt es in aller Regel ja nicht oder kaum.
Auch er tutete ins gleiche Horn, das mir, statt wohlklingender Töne, die u.a. Punkte entgegen blies, die nach und nach in immer deutlicher in meine widerspenstigen Ohren drangen. Obwohl sie diese
Klänge gar nicht hören wollten. Dabei hatte Maklon durchaus einen interessanten Ansatz bei zu steuern. Er erzählte nämlich, dass seine Schwester gerade mit einem Schiff von Darwin gekommen sei.
Der Käpten ~ ein Freund von ihnen ~ würde um Weihnachten wieder zurückfahren. Wenn ich also so lange warten wollte und könnte, dann würde er den Kontakt herstellen. Aber um das zu machen, müsste ich erst einmal nach Ost Timor fahren,
zwei weitere Visa beantragen ~ eins für Timor Leste
und ein neues für Indonesien ~ und wieder zurück nach Kupang kommen. Beides ~ solange zu warten und noch mal ein Visum zu beantragen ~ brachte mich überhaupt nicht in Stimmung, das war's
irgendwie nicht. Ich wollte endlich wissen, wie Australien sich anfühlt. Außerdem müsste dann auch noch die Chemie zwischen dem Skipper und mir stimmen, sowie der Preis, sonst hätte das Ganze eh
keinen Zweck. Und so blieben die Punkte in ihrer vollen Aussagekraft stehen.
Punkt
1 der die Wahrscheinlichkeit, ein Schiff zu
finden, gegen Null schrauben würde, sei die Jahreszeit, die die See zu rau werden lässt, so dass kaum noch eine Yacht oder ein anderes Boot führe. Sagte man mir. Und quasi zur Bestätigung, war
just gerade mal ein einziges relativ kleines Segelboot eingelaufen, das vor Anker lag. Und es kam dann auch noch von Australien und wollte weiter nach Bali. Das Boot war in meinen Augen so klein,
dass ich mich eh fragte, wie man sich damit auf die offene See wagen kann? Aber ich bin nun mal kein Segler und habe keine Ahnung, was so ein Boot vermag.
Punkt
2 klärte mich darüber auf, dass die Korruption in
diesem Land eher zu- als abnahm. Denn die Zuständigen verlangen seit einiger Zeit 600 USD von jedem Booteigner, der im Hafen anlegen wollte. Und das hatte natürlich ruckzuck zur Folge, dass die
meisten Skipper woanders hin segelten.
Punkt
3 machte deutlich, dass schon seit längerem die
Fischerboote massivst kontrolliert und den Fischern beim Erwischt werden heftige Strafen drohen, weil sie in der ganzen letzten Zeit gegen gutes Geld Muselmanen aus Pakistan, Afghanistan, Irak
usw. auf diesem Wege illegal nach DU schleusten. Australien hatte wohl einen mächtigen Tanz veranstaltet, so dass die hiesige Polizei entsprechend handeln musste. Aber auch die australische
Polizei passt auf wie Schießhund, und der Fischer geht, wenn er in DU erwischt wird, für mind. 2 Monate in den Bau und hat eine Geldstrafe zu erwarten. Außerdem wird das Boot beschlagnahmt und
verbrannt. Konsequenz, keiner traut sich mehr rüber. Die einen erzählten, dass ich, wenn ich denn trotzdem einen wagemutigen zum entsprechenden Preis finden würde, als Ausländer wohl keine
Probleme bekommen würde. Die anderen dahingegen meinten, dass ich 'ne Menge davon haben würde und wahrscheinlich gar nicht mal mehr rein dürfe. Also Finger von die Dinger.
Diese Schauergeschichten hatten es schon in sich. Auf jeden Fall habe ich auf diese Weise die ganzen Tage über die interessantesten Kontakte geknüpft, Hannes und Krannes gefragt, und alle
erzählten sie nahezu das Gleiche, egal, wen ich auch fragte. Eine sehr seltene Übereinstimmung für Indonesien. Man sagte mir außerdem, dass es bis vor ca. 2 Jahren überhaupt kein Problem war, ein
Schiff zu finden, weil reichlich da waren ~ was mein Sohnemann auch noch mit bekommen hatte, als er von Darwin kommend, hier landete und sein nächstes Schiff fand ~ von ihm hatte ich ja den Tip
mit Teddy's Pub, in dem sich zu der Zeit noch alle Segelboot- und Yachtbesitzer ein Stelldichein gaben. Aber davon hatte ich nichts mehr, denn durch diese ganzen Verschärfungen waren die
Möglichkeiten Stück für Stück weggebrochen, so dass auch die andere Quelle, Eddy's Café nicht mehr sprudelte.
Ein Typ
fragte mich sogar, ob ich nicht so ein Fischerboot kaufen wolle, um es selber rüber zu steuern, denn
Illegale mit Schiffserfahrung seien inzwischen auf diesen Dreh gekommen. Sie kaufen ein Boot, packen es voll, setzen es irgendwo in DU auf den Strand und lassen es da liegen. Auf jeden Fall sind
sie so erst einmal im Land. Neckische Idee.
Die einzige Möglichkeit, die es noch zu geben schien ~ auch für den Flieger, der von dort aus immerhin täglich zweimal Richtung Du abheben sollte ~ war Dili auf Timor Leste (Ost Timor).
Und auch dort sollte es nur mit einer Portion Glück und u.U. langer Wartezeit möglich sein. Also musste ich wohl oder übel dort hin fahren, mir für 30 USD ein ungewolltes Visum geben lassen, um
es auf der anderen Hälfte der geteilten Insel weiter zu versuchen. Und weil das alles ziemlich viel Zeit kostete, hatte ich zu anderen Sightseeing Dingen keinen Nerv mehr. Timor Leste war
übrigens ~ obwohl es noch ärmer ist als Indonesien ~ deutlich teurer, so dass ein längerer Aufenthalt nicht erstrebenswert erschien. Außerdem ist es ~ wie zuvor schon Kambodscha ~ ein USD Land.
Aber im Gegensatz zu Kambodscha, wo ja auch noch die eigene Währung galt, existierte hier so etwas, bis auf ein paar Münzen nicht. Seltsamerweise wurden die 50 Centavos Münzen den 50 Cent Dollar
Münzen gleichgesetzt. Was auch für die kleineren galt. Aber andere Scheine, außer Dollarscheinen, habe ich nicht gesehen. Die Centavos deuteten auf das portugiesische Erbe hin, wie auch die
Tatsache, dass hier neben Portugiesisch, Indonesisch, die Sprache der Einheimischen und Englisch gesprochen wurde.
Nach all diesen Infos blieb mir nichts anderes mehr übrig, als mich bald möglichst um ein Busticket nach Dili zu bemühen. Was ich dann auch tat. Ich entschied mich für den durchgängigen,
schnelleren, aber auch teureren Bus und vermied so den „local bus“, der überall gehalten hätte und nur bis zum
Grenzort Atambua gefahren wäre, statt bis zum Grenzübergang Motoain, wohin ich dann wieder mit ein Bemo oder Ojek hätte fahren müssen. Und auf der anderen Seite hätte mich dann hoffentlich der
dortige Bus möglichst bald nach Dili gebracht. Außerdem hätte ich dann die Grenzformalitäten alleine über mich ergehen lassen müssen. Und die sahen immerhin so aus, dass man bei unserem Trip nur
auf der anderen Seite den Inhalt der Koffer und Rucksäcke sehen wollte ~ neugierig ist man hier ja gar nicht ~ normalerweise wollen nämlich beide Seiten das Vergnügen haben. Allerdings vergass
man mich komplett, da ich ein Zahlenschloss nicht aufbekam und am Rande der Gruppe daran herum hantierte. Ich konnte dann unkontrolliert den Bus wieder besteigen. Wenn ich als einziger Foreigner
dort aufgekreuzt wäre, hääte man sich den Spaß sicher nicht entgehen lassen. Nee, nee, nach all diesen Dingen stand mir überhaupt nicht der Sinn. Und so war ich dann auch schon nach etwas mehr
als 8 Stunden in Dili, statt 14 Stunden oder mehr im Bus sitzen, bzw. am Grenzübergang verbringen zu müssen.
Da ich für Timor Leste keinen Reiseführer hatte, aus dem ich mir eine Bleibe hätte aussuchen können, vertraute ich dem Busfahrer, der mich an einer guten, preiswerten Unterkunft absetzen wollte,
bzw. sollte. Was er auch tat. Und zwar am Mandarin Guesthouse, das dem sehr hilfreichen Australier Henry gehört. Und hier hatte ich dann seit längerer Zeit mal wieder das Vergnügen, in einem
4-Bett Dorm zu schlafen, das ich mir anfangs mit Felix einem holländischen Traveller und anschließend mit Giles, einem Australier teilte. Und wie sich das für ein Dorm gehört, gab es nur
den „shared bathroom &
toiletts“. Aber mit Aircon + Fan. Und das Ganze für 10
USD ~ zum jetzigen Zeitpunkt ca. 7,80 Euro ~ wobei andere Hotels hier kaum unter 40 / 50 Dollar zu haben sind. Die Klimaanlage funktionierte zwar zuerst nicht, aber als Henry sie sich anschaute,
meinte er nur, dass er eine neue kaufen würde, weil sie hinüber sei. Fuhr los und eine Stunde später hatte er sie eingebaut, womit das Raumklima von Minute zu Minute angenehmer wurde.
Felix und Giles waren erfahrene Traveller, die schon seit Jahren immer wieder loszogen, mal kürzer mal länger. Und Felix gehörte sogar zu der Kategorie, von der mein Sohnemann auch berichtet
hatte, nämlich der, die nur mit einem kleinen Daypack unterwegs ist, statt mit einem gut gefüllten Rucksack oder Koffer. Sein kleiner Rucksack wog gerade mal 5.5 Kilo, ein Traum- oder
Fliegengewicht. Aber es gab noch einen anderen interessanten Langzeit Traveller, Dimitri aus Moskau. Ein Riese und Klotz von einem Russen, der seit etwas über zwei Jahren mit seiner Honda Africa
Twin unterwegs war, Australien schon umrundet und durchquert hatte und diverse andere Länder ebenfalls. Er hatte bei seinem massigen Körper eine Stimme wie Iwan Rebrow, ziemlich hell, die man so
gar nicht erwartete, wenn man ihn sah. Er dachte gar nicht daran, so schnell wieder nach Hause zu fahren, und er hatte das Gemüt von Mütterchen Russland. Ähnlich der Russen, denen ich nach meinen
damaligen ersten Berührungsängsten immer wieder begegnet war. Und er kannte sogar Boby la Manchia persönlich, den Mann, der mit seinem Boot lange Jahre zwischen Darwin und Timor hin und her
geschippert war. Ihn hatte ich ja bereits von Bali aus angerufen, um zu erfahren, dass er aus Altersgründen aufgehört hatte und mich somit auch nicht mehr mitnehmen konnte. Die Welt zeigte mal
wieder, wie klein sie doch ist. Zumal auch Paula, eine Engländerin, der ich bereits in Labuan Bajo auf Flores begegnet war, hier Quartier genommen hatte. Auch sie war bereits seit einem Jahr
unterwegs, so dass es hier schon fast wie ein Treffen von Langzeit Reisenden aussah.
Im Mandarin Guesthouse fand ich übrigens auch noch etwas anderes, etwas, was schon leicht Gänsehaut erzeugend wirkte. Laminiert und an der Reception für jeden deutlich sichtbar aufgehängt. Es war
die Bitte eines schwedischen Vaters, dabei behilflich zu sein, seinen Sohn zu finden, der vor 2 Jahren auf Timor Leste von der Bildfläche verschwand. Solche Dinge passieren also tatsächlich und
sind nicht nur eine reißerische Gruselgeschichte, die irgendjemand zu Besten gibt, wie ich bisher immer angenommen hatte.
Ansonsten machte ich auch in Dili die gleichen Erfahrungen, wie in Kupang und zuvor, nämlich, dass sich nichts gestaltete. Und so schickte ich als erstes dann doch Maklon mit seinem
Weihnachtsboot 'ne SMS und war gespannt darauf, watt hie sächt. Um es vorweg zu nehmen, ich bekam nicht mal eine Antwort. Vielleicht hatte sein Kumpel-Käpten abgelehnt oder seine Äußerungen waren
nur die übliche Schaumschlägerei, wie sie Indonesier anscheinend lieben. Wie dem auch sei, jedenfalls kreuzte ich parallel dazu im Containerhafen auf, und konnte mit dem dortigen Hafenmeister und
2 weiteren Leuten plaudern und erfahren, dass es z.Z. keine Cargo Schiffe nach DU gab und erneut die alte Leier hören, dass sie keine Passagiere mehr an Bord nehmen. Wie ich hier nun aber auch
erfuhr, hatte es da wohl vor einiger Zeit einen Unfall auf einem Cargo Schiff gegeben, in den ein Backpacker verwickelt war und dann gabs Versicherungsprobleme und Probleme mit der Polizei, weil
es kein Ticket und nix gab. Und seit dem sei es vorbei mit Lustig. Aber von einem bekam ich immerhin noch eine Adresse von einem Vermittlungsbüro, von dem er meinte, dass ~ wenn überhaupt ~ dort
die größte Chance bestünde. Aber auch dieser Tip erwies sich als Sackgasse. Dann quatschte ich jemandem an, der in einem Auto vom australischen Verteidigungsministerium saß, das hier, wie viele
andere Nationen, eine Art Außenstelle hat und die Regierung berät / unterstützt. Er wollte sich umhören und mich ggfls. benachrichtigen. Was der Lümmel aber nicht tat. Selbst bei der Europäischen
Gemeinschaft war ich, weil ein afrikanischer Mitarbeiter der UN meinte, dass man mir dort evtl. weiter helfen könnte. Wir hatten zuuuu-fällig am gleichen Tisch unseren Lunch genommen. Außerdem
fuhr mich Henry, zu einem Thai Lokal, das von Jim ~ ebenfalls einem Aussi ~ geführt wurde. Der Mann sollte derjenige in Dili sein, der alles über Boote zwischen Timor und Darwin weiß. Leider
wusste auch er nischt. Aber auf diese Weise habe ich mal wieder lecker Thai food gegessen.
Auf meinen Pirschgängen in Dili lernte ich auch ein paar neuseeländische Soldaten kennen, die bald abgelöst werden sollten und mit einem Truppentransporter zurück fahren würden. Sie hatten zwar
ihren Spaß an meinen Ideen, wie wir uns die Zeit auf dem Pott vertreiben könnten, aber dennoch hieß es: „No private persons allowed.“ Außerdem quatschte ich alles an, was auch nur annähernd nach Australiern aussah, wie die meisten Ausländer hier. Wie biste hergekommen?
Mit dem Flieger oder mit 'nem Schiff? Aber alle waren sie geflogen und hatten keine Ahnung. Und auf drei Mails an weitere Cargo Firmen, die ich in Dili noch abgeschickt hatte, ist nie eine
Antwort eingegangen. Auch meine große Hoffnung, die Kontaktadresse eines Australiers, der zwischen Darwin, Timor, Bali, Singapur, Hongkong und Korea herum schipperte ~ die ich bereits auf Bali
bekommen hatte ~ hatte bisher auch weder auf meine SMS, noch auf meine E-Mail reagiert. Es war zum Mäusemelken. Wie ich dann später in Darwin erfuhr, befand er sich gerade in Korea und war somit
weit genug vom Schuss, als dass er mir hätte helfen können. Es sollte wohl ~ trotz aller Bemühungen ~ einfach nicht sein.
Und so langsam kam ich dann an den Punkt, an dem es hoffnungslos wurde und aufgeben wollte. Zumal ich bereits einen Monat meiner drei Monate vergeudet hatte, die mir das eVisa gewährte. Also
marschierte ich ins Reisebüro und ließ mir den Nachmittagsflug für den besagten Donnerstag reservieren. Ein allerletztes Hintertürchen bis zu dem Punkt, an dem ich das Ticket dann bezahlen
musste, wollte ich mir doch noch offen halten. Aber irgendwie war ich es leid, einem Traum nachzujagen, der sich anscheinend nicht erfüllen lassen wollte. Wenn also nicht doch noch ein Wunder
seinen Weg durch mein Hintertürchen fände, würde ich fliegen.
Fotos Timor