Fähre Medan ~ Jakarta
Di. 09.09. bis Do. 11.09.2009
„The same procedere as last time, when I went from Belawan to Penang.“ Bus zu spät, Klimaanlage zwar in Funktion, aber nahezu wirkungslos (trotz neuerem Bus), Abfahrt der Fähre auch dieses Mal eine Stunde
später, als angegeben. Immerhin konnte ich es gelassener nehmen, als beim ersten Mal, zumal mir ja eh nichts anderes übrig blieb und es eh keinen erkennbaren Grund für diese obligatorische
Verspätung gab. Allerdings war das Schiff nach Jakarta ein Riesenpott mit hunderten Fahrgästen. Wie viele es wirklich waren, war für mich nicht abschätzbar, da sie sich über 6 Decks, in den
Gängen im Schiff und auf Deck, sowie den Treppenpodesten verteilten. Manchmal musste ich richtig aufpassen, um nicht auf jemanden zu treten, der da selig vor sich hin schlummernd in der Gegend
herum lag. Aber es gab auch andere Zuladung in Form von Containern und riesigen Netzen mit gut verpackten Kartons und irgendwelchen Ballen, die im Bugbereich verstaut wurden.
Als ich am Hafen mit meinem Ticket in der Hand nach meinem Schiff suchte, schickte man mich zu einem bestimmten Warteraum, an und in dem jegliche englische Beschriftung fehlte (wie überall, auch
auf dem Schiff) und wo durch eine noch nicht geöffnete Gitterabsperrung immerhin schon ein passend großes Schiff ~ das übrigens in Deutschland gebaut worden war ~ zu sehen war. Als ich jedoch auf
meine Frage, ob das der Kahn nach Jakarta sei, ein Nein bekam, mit dem Zusatz nach Batam, fluchte ich innerlich auf Grund der unterschiedlichen Aussagen schon wieder leise vor mich hin. Dann
erfuhr ich jedoch von einem jungen Mann, der mit Mamachen und drei Cousinen nach Batam wollte, dass das Schiff genau das richtige sei, aber halt nicht direkt, sondern über Batam und eine weitere
Insel nach Jakarta führe. Und wenig später auch noch, dass ich auf diese Weise zwei Nächte und 3 Tage auf diesem Schiff verbringen würde, statt einer Nacht und 2 Tage, wie bisher gedacht. Ein
Info-Paket, das ich bis dahin noch nicht hatte, und was für mich auch aus keinem Prospekt oder dem Ticket ersichtlich gewesen war, geschweige, dass jemand im Fährbüro diesen Punkt erwähnt hätte.
Aber um sicher zu gehen, folgte ich erst mal dem indonesischen Leitsatz, mindestens noch jemanden zu fragen und bekam diese Aussage dann auch bestätigt.
Dann man tau und druff uff den Pott, denn inzwischen hatte sich das Gitter geöffnet und alles strömte mit reichlich Sack und Pack und Kind und Kegel auf das Schiff,
das ziemlich groß und bis Batam außer mir nur
Einheimische an Bord hatte. Ich war bis Sekupang, meinem indonesischen Ausgangshafen auf Batam, mal wieder der einzige Ausländer und Exot mit entsprechender Beachtung. Ab Batam gab es dann
weitere 7 Ausländer, von denen aber für mich nur ein englisches Pärchen (Steve und Anita) brauchbar war. Aber die beiden hatten mit den anderen auch nichts am Hut und lagen aneinander gekuschelt an Deck im Gang. Auch sie hatten sich für das günstigste Ticket entschieden, wie
viele der Einheimischen. Ich fand sie so niedlich, dass ich sie einfach anquatschen musste, und später sind wir dann
gemeinsam in Jakarta zum Hotel gefahren.
Auch sie waren ~ soweit es für sie in ihrer kürzeren Reisezeit möglich ist und war, nur mit Bahn, Bus und Schiff unterwegs und wollten zumindest noch einen Abstecher nach DU machen. Die anderen
gehörten zu der Kategorie von Travellern, bei denen ich immer gerne
jeder Kontaktmöglichkeit aus dem Weg gegangen bin, nämlich jener Sorte, die gerne und viel trinkt und sich an dem Abend, als sie auf dem Schiff auftauchten,
und am Morgen danach zusammen mit 2 oder 3 jugendlichen „locals“ 3 Flaschen Johnny Walker reinzogen, die sie wohl aus dem Duty Free mitgebracht hatten. Wonach sie entsprechend „gut“ drauf waren. Und das im Ramadan, auf einen Schiff, auf dem es keinen Alkohol gab und das zum größten Teil mit Muslims bevölkert war. Das kam richtig gut, wie ich von dem einen oder
anderen meiner einheimischen Gesprächspartner hören konnte. Na ja, jeder muss halt selber wissen, was er tut, gelle?
Um mein Bett brauchte ich mir ja dieses Mal auf diesem Dampfer keine Gedanken zu machen, auch wenn ~ wie sich herausstellte ~ die Nummer auf meinem Ticket für die Katz war. Denn ein Steward
drückte mir gegen ein Deposit einen Schlüssel in die Hand und ein anderer geleitete mich zu einer Kabine mit Fenster (kein Bullauge) aufs Meer, die eine völlig andere Nummer hatte und in der
natürlich auch die Betten anders nummeriert waren. Das einzige was stimmte, war die Nummer des Decks. Und das war wohl für die Logistik das Wichtigste. Obwohl es für mich weitaus wichtiger
gewesen wäre, wenn die Klimaanlage kühler einzustellen gewesen wäre. Für die „locals“ war es so anscheinend okay, aber mich erinnerte es verdammt
an meine Fahrt seinerzeit in dem russischen Zug von Moskau nach Irkutzk, denn mir war immer zu warm in unserem Stübchen, das mit 6 kleinen verschließbaren Schränken und 6 Betten ausstaffiert war,
die jeweils zu zweit übereinander montiert waren. Wobei das obere zur Nutzung herunter geklappt werden musste. Allerdings war das nicht nötig, da wir offiziell nur zu dritt waren. Außer mir gab
es noch den unter Ramadan leidenden 50-jährigen Schiffsoffizier, der zur Schulung nach Jakarta fuhr und als Muslim auf den christlichen Namen Cornelius hörte, was auf seinen holländischen
Großvater zurückzuführen war, und dem ~ wie er zugab ~ dieser Monat jedes Mal schwer fällt. Und einen 28-jährigen chinesischen Buddhisten aus Singapur, der allerdings in Jakarta lebte und sich
wie viele Chinesen, eines westlichen Namens erfreute, nämlich Andi.
Wir waren schon eine interessante Kombination, zumal auch hier die Fragen nach meiner religiösen Einstellung nicht ausblieben. Leider reichten Andis Englischkenntnisse nicht aus, um mehr als ein
paar oberflächliche Worte mit ihm wechseln zu können, denn mit einem Buddhisten hatte ich so direkt auch noch nicht das Vergnügen. Dafür war Cornelius wohl der liberalste Muslim, der mir bisher
begegnet ist, und er hatte natürlich als Schiffsoffizier da schon etliche Brocken Englisch mehr drauf. Er bedauerte, dass seine Frau sehr glaubensstreng sei, weil das immer wieder zu Problemen
zwischen ihnen führte. Er konnte auch die Muslima nicht verstehen, die sich ~ aus welchen Gründen auch immer ~ bis auf den Sehschlitz vermummen und selbst dem Kopftuch war er nicht sehr zu getan.
Ab und an gönnte er sich, wie er sagte, sogar mal ein Schlückchen vom verbotenen Alkohol. Er war anscheinend ein Querulant, dessen Denkweise mir aber durchaus gefiel. Später kam dann noch eine
inoffizielle, ziemlich hübsche Javanesin hinzu, die Cornelius als „my new
friend“ anschleppte, die aber leider kein Wort Englisch sprach. Sie
teilten sich Cornelius Bett, obwohl es drei freie Betten gab. Ein Umgang mit einer neuen Bekanntschaft, die ich in Indonesien nicht erwartet hätte. Aber warum auch nicht und weh dem, der Arges
dabei denkt.
An dieser Überfahrt gefiel mir auch, dass sie so relaxt über die Bühne ging. Ich hatte den Platz und die Muße, über die verschiedenen Decks zu spazieren, mich auf eine der Bänke zu setzen und zu
lesen oder mit jemandem, der sich alsbald hinzu gesellte, ein unausbleibliches Schwätzchen zu halten oder auch nur über die Reling aufs Wasser mit mehr oder weniger, bis gar keinen anderen
Schiffen und den weiten Horizont zu schauen. Es gab schöne Sonnenuntergänge und einmal sogar einen einzelnen großen, dunklen, ca. 3 m langem Fisch, womöglich ein Hai. Da er aber seine typische
Schwanzflosse nicht zeigte, kann es auch irgendein anderer großer Fisch gewesen sein. Und in dieser Beschaulichkeit suchte sich das große Schiff ohne Schlinger- und sonstige seekrankmachenden
Bewegungen seinen Weg durch die Java See. Es lag wie das sprichwörtliche Brett im Wasser. Selbst dann, als es etwas rauher wurde, brauchte ich nur den breitbeinigeren Seemannsgang einzulegen und
das war's. Ich habe auch niemanden gesehen, der irgendwelche Schwierigkeiten hatte.
Natürlich gefiel es mir auch, dass ich den jungen Mann aus dem Warteraum wieder traf, und dann mit ihm und zweien seiner Kumpels bis Batam äußerst interessante und interessierte Gesprächspartner
hatte. Einen von ihnen ~ Welli ~ sogar bis Jakarta. Und wie sich herausstellen sollte, auch noch dort. Er zeigte mir später mal seinen Schlafplatz in einem dieser großen Schlafsäle, in denen sich
ein Bett ans andere reiht. Die Luft war heiß und stickig und voller Kleinkindergeschrei, das sicher auch in der Nacht kaum weniger gewesen sein dürfte. Da würde ich doch auch lieber wie die
beiden Engländer an Deck nächtigen. Auf jeden Fall war es erneut interessant für mich zu beobachten, wie herrlich erfrischend solche kulturübergreifenden Begegnungen und Gespräche sein können,
wenn es wenigstens den gemeinsamen Faktor einer Sprache gibt, die weder meine, noch ihre Muttersprache war. Neben ernsthaften Dingen kamen immer wieder auch äußerst lustige Dinge zur Sprache. So
versuchten sie mir ~ als wir über die unterschiedlichen Arten Kaffee in ihrem Land zu trinken sprachen ~ einen ganz besonderen Kaffee schmackhaft zu mache. Auch wenn er etwas teurer sei, müsse
ich in Jakarta unbedingt nach „Kopi susu susanti“
fragen (jedes S wird wie ein ß gesprochen). Und wenn sie sich dabei nicht vor Lachen gekringelt hätten, hätte ich das
wahrscheinlich bei nächster Gelegenheit auch getan. So aber war klar, dass da etwas faul im Staate Dänemark sein musste. Und was das war, erzählten sie mir dann wenig später. Damit hätte ich mir
Kaffee mit Muttermilch bestellt. Keine Ahnung, wie das angekommen wäre. Kopi ist der Kaffee ~ klar ~ und susu ist die dicke süße Kondensmilch. Aber mit dem dritten Wort wäre ich mindestens zur
Gaudi des ganzen Cafés geworden, wenn ich mir nicht gar einen Rausschmiss, eine Ohrfeige oder was weiß ich eingehandelt hätte, Aber wie schon gesagt, traue nie einer einzigen Aussage, und schon
gar nicht in so einem Fall.
Da mein Deck Nr. 5 das Deck der zweiten Klasse war, waren im Ticketpreis (wie bei der ersten Klasse) auch die Mahlzeiten an Bord enthalten, die in einem riesigen Bordrestaurant ausgegeben wurden.
Das Essen war genießbar, aber nichts Besonderes. Nix mit Käptens Dinner o.ä. Alles ~ bis auf den Reis ~ war abgezählt. Und so gab es für jeden am Tisch zum Reis ein kleines Stück Huhn
(obligatorisch mit Knochen), Fisch und je nach Mahlzeit, auch ein Stück Papaja oder Wassermelone. Und wenn ich zu spät kam ~ was jedes Mal der Fall war, da das Essen schon sehr früh und immer nur
ca. eine Stunde lang auf den Tischen stand (Frühstück gab es z.B. nur zu der unchristlichen Zeit von 6 bis 7 Uhr) ~ waren die besten Stücke bereits in den Mägen der pünktlicheren Hungrigen
gelandet, und der Rest war kalt. Einmal wurde ich sogar demonstrativ gefragt, warum ich denn so spät käme und kurz nach meinem Erscheinen wurde die Tür dann genauso demonstrativ geschlossen. Ich
war wohl so gerade noch auf den letzten Drücker hinein gerutscht. Aber dieser „Erziehungsversuch“ funktionierte, denn ich bemühte mich ab dann etwas früher zu
erscheinen, denn das Futter, das es in einem zweiten kleineren Restaurant für die Passagiere der dritten und weiteren Decksklassen gab ~ hier aber nur gegen Bezahlung ~ war keinesfalls besser,
dafür aber für indonesische Verhältnisse teuer, wie alles käuflich zu Erwerbende auf dem Schiff. Und so war es kein Wunder, dass die billigeren Instant Nudeln ~ die aussahen, als wären sie mit
dem Lockenwickler gecurlt worden ~ in den etwa joghurtbechergroßen Kunststoffbechern am Kiosk auf dem Oberdeck reißend Absatz fanden. Heißes Wasser drauf, die beigefügte kleine Kunststoffgabel
aufgeklappt und der Nudelschmaus konnte beginnen. Pop Mee hieß das Zeug, das gar nicht mal soooo schlecht schmeckte, wie ich auf der Rückfahrt von Penang nach Medan mal testen konnte / musste,
weil es nichts anderes gab, und ich Hunger hatte. Ich hatte mich lange vor dem Probieren dieses Nudeltopfes gedrückt, obwohl er mich in den verschiedensten Varianten ~ ich glaube schon seit
Russland oder der Mongolei, spätestens aber seit China ~ begleitete. Aber er wird mit Sicherheit auch weiterhin nur im Notfall auf meinem Speiseplan auftauchen.
Aber Nudeltopf her und Nudeltopf hin, wir näherten uns Seemeile für Seemeile ~ 921 insgesamt ~ unserem Ziel, der 9 Millionen Stadt Jakarta, ehemals Batavia und Hauptstadt des Inselstaates. Und
ich war gespannt, welche der Aussagen, unsere Ankunftszeit betreffend ~ denn nun stimmen würde.
Fotos