Denpasar ~ Kuta-Legian
Etappe 54 ~ von Mo. 13.10. bis Mi. 22.10.2008
„Würde das nach Surabaya auf Bali erneut der Fall sein?“
war mein letzter Satz, bevor ich Yogya verließ. Könnte Bali, die von den Bomben angeschlagene Insel
der Götter und Touristen, noch eins drauf setzen?
Nun, die Fahrt nach Surabaya verlief erst einmal ganz easy und bei der Ankunft bestätigte sich, dass es hier noch einen Tacken heißer sein sollte, nämlich glatt noch um 2 weitere Grad, so dass
ich nun mit 36, statt nur mit 34 Grädern zu tun hatte. Na ja, komm ich nicht über'n Hund, komm ich über'n Schwanz, diese Stadt sollte ja für mich auch nur die Drehkreuzfunktion haben, wie für die
meisten Traveller. Wenn auch mit dem Unterschied, dass ich hier nach 7 Monaten Freund Torsten und seine mir bis dahin nur vom Foto bekannte Frau Annette treffen würde. Er hatte sie in Kalimantan,
dem indonesischen Teil Borneos getroffen und wie es halt manchmal so ist, hatten sich die beiden mächtig ineinander verkuckt und eine Zeit später geheiratet.
„Ich habe in Indonesien geheiratet“, wer kann das schon von sich sagen? Und seitdem tingelten sie halt gemeinsam durchs Land. Ist doch auch was Feines. Man könnte fast
neidisch werden.
Torsten + Annette waren von Papua aus per Schiff schon ein, zwei Tage vor mir hier eingetrudelt, und so wollten mich die beiden mit rotem Teppich am Bahnhof empfangen, um von dort dann gemeinsam
zu ihrem Hotel Paviljoen, einer charmanten alten holländischen
Residenz zu fahren. Leider konnte der Teppich dann doch nicht ausgerollt werden, denn Annette hatte sich ein paar kleine Salmonellen vom Typhus Typ gegönnt. Somit hatte das Hospital, bzw. das
dort angesiedelte Labor Vorrang, und ich konnte meinen indonesischen Begrüßungssatz „Saya senang kita depat mengetahui satu sama
lain“ (Ich freue mich dich kennen zu lernen) erst später loswerden. Um hier noch einmal auf die Aussprache zurückzukommen, das „s“
wird immer wie ein
scharfes „ß“ gesprochen und der Rest wird genauso daher gebetet, wie es die Buchstaben vorgeben, was auch für das „a“
und das
„i“ gilt, also „mengetahu-i“ und „la-in“. Ist doch ganz einfach, oder? Aber ehrlich gesagt, hat mich dieser Satz ganz schön beschäftigt, bis ich
ihn ohne zu stottern oder ein Wort zu vergessen, bzw. weiterhin kreativ Buchstaben zu vertauschen, fehlerfrei über die Lippen brachte.
Da Annette verständlicherweise nicht der Sinn nach irgendwelcher Action stand, kümmerten Torsten und ich uns um unsere Weiterfahrt nach Bali. Und um nicht zulange hier herumhängen zu müssen,
kauften wir am nächsten Morgen ~ leider etwas zu spät ~ unsere Tickets für einen „Economy Train“ nach Bayuwangi, wo sich der Fährhafen Ketapang befindet. Zu spät deshalb, weil der schnellere
und bessere „Business Train“ nur einmal am Tag, nämlich morgens fuhr und schon weg war, und ich / wir nun tatsächlich das schon mal
zuvor beschriebene Szenario der untersten Zugklasse über und ergehen lassen mussten. Denn da Surabaya nur ein Bahnhof auf der Strecke von Jakarta Richtung Bali war, kletterten wir in einen völlig
überfüllten Zug und standen dann von den mehr als 8 Stunden, die das Gefährt bis Bayuwangi brauchte ~ das ist die Hafenstadt auf Java, wo die Fähren nach Bali abfahren und ankommen ~ 5 lange
Stunden im Gang. Mussten uns bei dem abenteuerlichen Geschaukel immer wieder irgendwo festhalten und manchmal fast bis in die Gepäckablage ausweichen, wenn sich neue Fahrgäste mit ihrem ganzen
Gepäck hinein quetschten, andere sich zur Toilette bewegen wollten oder gar Verkäufer an den Bahnsteigen mit ihren Klamotten in den Zug kamen. So eine Fahrt werde ich mir ~ wenn es sich irgendwie
vermeiden lässt ~ garantiert nicht wieder antun. Auch nicht, wenn sie wie diese, nur 20.000 Rp, ca. 1,50 Euro kostet. Erschwerend für mich kam hinzu, dass sich die Steherei und die Schaukelei
nicht gerade positiv, sondern langsam aber sicher schmerzhaft auf den Leistenbruch auswirkte, der mich in Yogyakarta erwischt hatte. Wobei ich dort natürlich erst einmal nur den Verdacht hatte,
dass es so etwas sein könnte. Aber nach allem, was ich darüber wusste, war an und für sich klar, was da abgelaufen war. Ich wollte diesen Vorfall auf Bali abklären lassen, weil die medizinischen
Voraussetzungen in so einem Tourismus-Gebiet einfach besser sind, um dann zu entscheiden, was zu tun sein würde.
Na ja, erst einmal erreichten wir spät abends unseren Zielbahnhof in Bayuwangi. Zumindest Annette und ich waren als Nicht-Gesunde leicht geschafft. Wir verzichteten darauf ~ obwohl ursprünglich
geplant ~ noch nach Cilimanuk, dem Hafen auf Bali überzusetzen, und verbrachten die Nacht hier. Aber am anderen Morgen enterten wir dann wunderbar ausgeruht die Fähre nach dem Frühstück. Und im
Hellen war zu sehen, dass Bali schon greifbar nahe vor uns lag, man hätte fast rüber schwimmen können. Dennoch trennten uns dann immer noch fast 4 Stunden Fahrt in
einem „local bus“ von Denpasar, unserem Ziel, bzw.
dem ersten, hinter Balis Hauptstadt gelegenen Strandareal Kuta-Legian. Für das letzte Stück mussten wir allerdings noch ein Taxi bemühen, da der Bus nicht weit genug fuhr. Tja, was soll ich
sagen, ich / wir hatten das Gefühl, auf Malle gelandet zu sein, nur das hier nicht Spanisch, sondern Indonesisch von allen Seiten auf uns niederprasselte. Die von mir gewünschte Steigerung müsste
ich also erst noch finden, das jedenfalls konnte sie noch nicht sein. Wenn es denn überhaupt eine geben würde, sollte sie sich durch den Lauf der Dinge allerdings noch etwas hinaus zögern.
Aber eine, für mich wichtige Steigerung war schon gleich zu Anfang zu erkennen. Auf dem gesamten Weg von über 130 Kilometern waren nur ganze 5 oder 6 Moscheen zu sehen. Und auch später habe ich
auf meinen Erkundungsgängen nur selten eine bemerkt, die mich natürlich sofort ~ wie eine der Open Air Discos ~ mit ihren Lautsprechern volle Kanne anbrüllten. Was mich aber wenig tangierte, da
mein Sicherheitsabstand hier ja Kilometer betrug. Und schon wenige Schritte weiter war wieder alles ruhig und friedlich. Ganescha, der Elefantengott lächelte mich an, kniff mir ein Auge zu und
versicherte mir, dass er mich weder am nächsten, noch an einem anderen Morgen früh um 4 mit lautem Getröte seines Rüssels wecken würde. Und so gab es auch kaum Kopftücher zu bestaunen, während es
bisher ja komplett anders war, falls überhaupt mal eine Frau ohne Kopftuch zu entdecken gewesen war. Und so tauchten auch nirgendwo Horden kleiner Mädchen mit dieser Verzierung auf. Ich vermag
kaum zu beschreiben, wie gut sich das für mich anfühlte und natürlich vor allem morgens anhörte. SILENTIUM auf der ganzen Linie. Und endlich mal wieder Bilder von nicht verbissen aussehenden
Menschen. Von Menschen, die mit ihren kleinen Opfergaben ihre Götter still und ohne Aufdringlichkeit anderen gegenüber begrüßten und verehrten. Oder Menschen, die mich wieder mit dem typischen
Gruß der zusammen gelegten Handflächen und einer leichten Verbeugung begrüßten. Wie habe ich diese Sanftheit und auch diesen Gruß vermisst, und zwar ab dem Punkt, an dem sich die religiöse
Landkarte in Thailand zu ändern begann. Ich habe übrigens erfahren, dass die Menschen auf den nächsten angepeilten Inseln größtenteils katholisch sind. Also bleibe ich auch dort vom Islam
verschont. Wie schön. Wobei der Katholizismus hier ja ~ wie schon mal erwähnt ~ etwas anders gestrickt ist, als bei uns. Dennoch, wenn mir vor Jahren mal jemand gesagt hätte, dass ich mich darauf
freue, mich in rein katholischen Gebieten auf zu halten, dem wäre ich wahrscheinlich an die Gurgel gegangen. Aber sie sind wirklich zu niedlich, die katholischen Indonesier, und ich unterhalte
mich immer wieder gerne mit ihnen.
Kaum angekommen, war es für meine beiden nun erst einmal wichtig, alles zu erledigen, was es an den Botschaften zu erledigen galt, um Annettes Visum für Deutschland zu bekommen. Während es für
mich wichtig war, möglichst schnell einen Arzt zu finden, mit dem ich auf Deutsch über meine Probleme reden konnte. Denn schließlich wollte ich auch meinen Verdacht in der Durchfall-Geschichte
abklären, die mich ja seit Cha Am / Thailand immer mal wieder ein Stück begleitete. Hatte ich mir nun einen Darmparasiten eingefangen oder war es etwas anderes?
Als ich dann ~ nach vergeblichem Suchen hier vor Ort ~ schließlich im Internet einen entsprechenden Arzt fand, ging alles ganz fix. Er kam, sah sich das Ganze an und brachte mich gleich ins Kasih
Ibu Hospital („Gute Mutter“, Denpasar - Bali). Beide, das Hospital und ihn, kann
ich guten Gewissens empfehlen. Der Junge ist mit eigenem Ambulanz Fahrzeug unterwegs, das mit allem Erforderlichem ausgerüstet ist, und das Hospital hat eine Qualität, wie sie in Asien nicht oft
zu finden sein dürfte und ~ so weit ich das beurteilen kann ~ unserem Standard nicht groß hinterherhinkt, wenn überhaupt. Als ich dort hin kam, befanden sich, wie ich erfuhr, noch andere Deutsche
dort, die auf ihren Rückflug + Begleitarzt warteten. Sie waren auch von meinem Arzt betreut worden und ebenfalls zufrieden mit ihm. Und so notiere ich hier mal seinen Namen und alles, was wichtig
ist, um ihn ggfls. finden zu können: Dr. Ari Sudhewa, Jl. Tukad Yeh Aya 173 C, Denpasar - Bali, Fon 0361-225230, Handy 081-239 54567 (24 Stunden Notfall Nummer).
Tja, auch wenn ich über meine gesundheitlichen Probleme gar nicht gerne berichte, nahm dann nahm alles Weitere seinen Lauf: Voruntersuchungen, Laborwerte, rauf auf den OP-Tisch, so 'ne Art
Perinatal Anästhesie als Betäubung meines gesamten unteren Körperbereichs, Errichtung einer Art Sichtschutz-Zaun, so dass ich leider nicht sehen konnte, was sie da mit mir anstellten, selbst auf
meine Bitte nicht. Schnipp-Schnapp, und nach einer Stunde war ich dann damit durch und konnte auf mein Zimmer gebracht werden. Außer einer Vollnarkose im Kindesalter, war es das erste Mal, dass
ich so weiträumig betäubt wurde, und so fand ich es natürlich interessant, damit ein wenig herum zu spielen und zu versuchen, ob nicht doch etwas ging. Und so probierte ich mit aller Macht, ob
ich meine Zehen nicht irgendwie bewegen könnte. Natürlich war mir klar, dass es nicht gehen würde, aber lernte ein völlig neues Körpergefühl kennen, das wohl nur in diesem Zustand erlebbar ist.
Ich spürte, wie sich auf meinen „Befehl“ hin ~ frei nach uns
Otto: „Gehirn an Muskel des großen Onkels“ ~ die entsprechenden Muskeln und
Bänder wie in einem Lehrrohr anspannten und wieder entspannten, aber das war auch alles. Großer Onkel schaute mich nur an und meinte „Tut mir Leid, rien ne va
plus.“ Mich erinnerte dieser Vorgang an Situationen in meiner Kindheit, in denen wir uns in mehr
oder weniger unerlaubter Weise an den Bahnschienen herumtrieben und beobachteten, wie die langen Drähte, die zu irgendwelchen Signalen führten, sich plötzlich spannten und ein Signal bewegten.
Auch damals versuchten wir, das Ganze irgendwie zu manipulieren, was uns bis auf ein einziges Mal nie gelang. Gott sei Dank. Aber da schafften wir es immerhin, dass der Schrankenwärter seine
Schranken nicht wieder hoch geleiert bekam. Nix ging mehr, wie bei meinem Zeh. Bei einem späteren Versuch, als die Betäubung dann anfing nach zu lassen, konnte ich zwar andeutungsweise den Zeh
wieder bewegen, spürte aber nichts mehr von dieser beschriebenen Empfindung. Wahrscheinlich, weil der Befehl halt in Millisekunden umgesetzt wurde.
Leider hatten sich auch meine Verdachtsmomente bezüglich des Parasitenbefalls bestätigt. Ein klitzekleiner Parasit namens Amoeba war so dreist, sich nun ausgerechnet in dieser Situation besonders
hervor zu tun und mich immer wieder zu zwingen, die „Porzellan-Abteilung“ aufzusuchen. Sooon Schiet aber auch. Da sie diesem Frechling aber mittels Labortest auf die Schliche gekommen waren, konnten entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden,
die ihm den Garaus machten. Dieser Test war etwas, was das in Medan so hoch gepriesene Hospital auf Penang in Malaysia nicht für nötig gehalten hatte, obwohl ich auf meinen Verdacht hingewiesen
hatte. Dort gab es nur irgendwelche Pillen, die halt nicht die richtigen waren.
Wohl oder übel musste ich auch hier jede Menge der ungeliebten Erzeugnisse der Pharma Industrie schlucken, sowohl die Amoeba Geschichte betreffend, als auch die OP Wunde und allem, was damit in
Zusammenhang stand. Wie sich dabei herausstellte, hatte ich ~ mit all diesen Wirkstoffen im Blut ~ den perfekten Moskito Schutz, denn nachdem ich wieder draußen war, konnte ich mich morgens und
abends völlig ungeschützt diesen kleinen Vampiren präsentieren, ohne dass ein einziger auch nur den Versuch gemacht hätte, sich bei mir zu bedienen. Sie schwirrten um mich herum, suchten nach
einer geeigneten Zapfstelle und schwirrten wieder ab, weil sie diese verseuchte rote Brühe für ungenießbar hielten, wahrscheinlich sogar für tödlich. Und das schienen sie ohne jede Probebohrung
aus sicherer Entfernung „messen“ zu können. Jedenfalls setzte keines
dieser Tierchen zur Landung an. Aber pünktlich am Tag, bzw. Abend, nachdem ich morgens die letzte Pille vernascht hatte, ging es dann wieder los. Mein Lebenssaft war wieder brauchbar, wie ich
deutlich an der einen oder anderen Stelle spüren konnte. Wie schön, dass wir um ein Vielfaches größer als Moskitos sind, sonst hätten wir noch schlechtere Karten, als wir sie so schon oft genug
haben, wenn wir die Chemie einfach so in uns hinein stopfen. Das wird ja dann der Einfachheit halber als Nebenwirkungen bezeichnet. Frau Anopheles hatte zwar noch nie einen Waschzettel gelesen,
aber sie wusste es instinktiv für sich und ihren Nachwuchs besser und verzichtete auf meinen Giftcocktail, um sich einen biodynamischen Drink beim Nachbarn reinzuziehen.
Neben der Nebenwirkung bzgl. der Moskitos ~ die ich durchaus als angenehm empfand ~ hatte die ganze Chemie aber außerdem eine Wirkung auf mich, die mir nicht so gut gefiel. Ich fühlte mich ~
solange ich das Zeugs morgens, mittags und abends brav schluckte ~ ziemlich müde und ausgelutscht. Woran sicher auch die Nachwirkungen der OP und der Amoeba beteiligt waren. Wenn ich
Unvermeidbares zu tun hatte, wie Essengehen, E-Mails checken o.ä., hatte ich das Gefühl, in Schlangenlinien durch die Gegend zu laufen, ähnlich dem, bei zu viel Allohol. Aber auch das ließ fast
schlagartig nach, als nach der letzten Pille kein Nachschub mehr kam. Sauzeug verflixtes, auch wenn's geholfen hat. Und so habe ich die ersten Tage nach meinem Checkout aus
dem „Kasih Ibu“ mehr oder weniger nur auf meinem
Zimmer verbracht. Erkundungsgänge waren einfach nicht drin, so dass ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal den Strand gesehen hatte, geschweige denn, außer dem nächsten Umfeld und den
Taxifahrten zum Hospital irgendetwas von Bali. Um in diesem schwächelnden Zustand nicht auch noch der Hitze in meinem bisherigen nur mit Decken-Fan ausgestatteten Zimmer im Senen Beach Inn
ausgesetzt zu sein, machte ich mich trotz Schlangenlinien auf die Suche nach einem Zimmer mit Aircon, was in diesem von Touristen gut eingedeckten Ort nicht ganz einfach, aber dann doch von
Erfolg gekrönt war. Wenn auch zum mehr als doppelt so hohem Preis. Aber der Luftzug des Fan brachte selbst auf höchster Stufe nur eine warme Luftbewegung zustande, aber keine Kühlung, die so
dringend benötigte. Diesen Wunsch bekam ich dann im Lolo House erfüllt, ca. 100 m von meiner ersten Bleibe entfernt. Und da ich ja nichts Gewichtiges tragen durfte, half mir jemand aus dem neuen
Team beim Umzug. Ein seltsames Gefühl, hinter einem jungen Mann herzuschleichen und quasi (m)einen eigenen Träger zu haben. Vielleicht sollte ich ihn für die Weiterreise engagieren.
Dass ich mir von jemandem helfen lassen muss, wird wohl etwas sein, was ich ~ wie mir der Onkel Doktor verklickerte ~ mindestens die nächsten 6 Wochen in ähnlicher Form wohl noch häufiger in
Anspruch nehmen muss. Und dieses Nichts-Schweres-tragen-dürfen wird meine ganze Weiterreise in einer Form beeinflussen, die mir Stück für Stück bewusst wurde und mir gaaaar nicht gefallen wollte.
Was sollte ich z.B. mit meinem Rucksack machen, den ich nicht mehr selber tragen durfte? Mir eine dieser kleinen Sackkarren ähnlichen Dinger kaufen, auf denen ich den Rucksack festgeschnallt
durch die Gegend kutschieren konnte? Oder sollte ich mir lieber einen dieser Rollkoffer holen und den Rucksack ganz vergessen? Beides würde mich aber immer noch nicht von dem Problem befreien,
mein Gepäck ohne Hilfe in einen Zug oder Bus zu hieven oder gar in die Gepäckablage. Und so kam ich nach dem ersten Schock auf die Idee, mir bei der Nachuntersuchung vom Hospital einen
offiziellen Text mit Stempel und Unterschrift und in bestem Indonesisch ausstellen zu lassen, mit dem ich mir im Bedarfsfall auch nur Indonesisch sprechende Helfer organisieren können
würde.
Aber es war ja nicht nur das, denn so manches andere war plötzlich in Frage gestellt. Angefangen meiner Überlegung, nun doch noch in den malaysischen Teil Borneos zu fahren, um dort mein nächstes
60 Tage Visum zu beantragen, oder der gemeinsamen Weiterreise mit Torsten und Annette zu den Komodo Waranen und nach Flores zu den letzten Walfängern, die von Mai bis Ende Oktober nur mit ihren
Wurfharpunen und ihren kleinen Holzbooten die erlaubten 15 bis 20 Wale jagen dürfen. Ich habe die beiden alleine los ziehen lassen müssen, weil ich mich einfach noch nicht wieder voll aufem
Dampfer war. Und solche Aktionen werde ich mir für die nächste Zeit eh von der Backe putzen müssen, weil zu anstrengend, wie ich mir von Torsten habe sagen lassen müssen. Meine mal angedachten
Surf- und Kite-Versuche konnte ich abschreiben, da sie eben nicht nur die Arm-, Brust- und Schultermuskulatur beanspruchen, sondern auch die Bauchmuskulatur. Auch vom Tauchen, das ich auf einer
der Inseln zumindest mal in einem Schnuppertauchgang ausprobieren wollte, riet der Medizinmann erst einmal ab. Wie auch vom Schwimmen in den doch etwas heftigeren Wellen. Grrrrrrrr. Auch meinen
Wunsch, ein Schiff nach Australien finden zu wollen, hieß es zu überdenken und evtl. doch den Flieger ins Kalkül zu ziehen. Selbst die Dinge, die noch relativ weit in der Zukunft liegen, wie der
Overland Track auf Tasmanien, dürften schwieriger, bis unmöglich geworden sein. So etwas lässt sich nicht mit einem Trolley machen und ob es ratsam sein würde, dann wieder einen Rucksack mit
Verpflegung usw. über diese Distanz zu schleppen, dazu wage ich Moment keine Prognose zu stellen. Aber noch ist ja nicht aller Tage Abend. Und so ließ ich mir vom Hospital eine weitere
Bescheinigung geben, aus der hervorging, dass ich die nächsten 6 Wochen alle Anstrengungen vermeiden soll und somit nicht weiterreisen kann. Mit diesem Beschrieb würde es sich beim Immigration
Office in Denpasar auf Bali mit meinem „extended visa“ etwas leichter gestalten, hatte ich
in Erfahrung gebracht.
War das nun mein persönlicher Super-Gau? Der Fall, vor dem ich damals kurz vor meiner Abreise, als mich ein äußerst heftiger und hartnäckiger Husten quälte, so eine Schiss hatte, dass er mir
unterwegs passieren könnte, und ich mehr oder weniger hilflos in irgendeinem Hotelzimmer vergammeln würde? Auch wenn es mich eine Weile ziemlich runter zog ~ von hilflos konnte allerdings nur im
KO-Zustand der Betäubung die Rede sein ~ war ich inzwischen eher davon überzeugt, mich „nur“ etwas umorientieren zu müssen und den Gedanken an einen Reiseabbruch weit, ganz weit hinter mir zu lassen. Die Freude an weiteren, wie auch immer gelagerten
Entdeckungen, blitzte, nachdem das Schwächegefühl sich Stück für Stück auflöste, erneut zu stark durch alles hindurch. „Packmers“, wie Otmar, mein erster Skilehrer in dschjungen Dschjahren immer vor einer
neuen Runde am Idiotenhügel zu sagen pflegte. Also ...
Fotos Bali I