Mit Bahn, Bus & Schiff nach Australien usw!

 

Peking III (Beijing)


Teil 3 ~ Aufbruchstimmung


Der Nebel in meinem kahlgeschorenen Kopf lichtete sich dann auch langsam wieder, nachdem ich eine ganze Weile am Rad gedreht und Pläne geschmiedet hatte, wie es denn wohl weitergehen könnte. Und um überhaupt eine halbwegs klare Vorstellung zu bekommen, hatte ich mir eine Karte von komplett China + angrenzender Länder gekauft, was sich erst einmal gar nicht so einfach gestaltete. Denn in allen drei Buchläden in der weiteren und näheren Umgebung hatten sie die ausgefallensten Karten von Ländern aus aller Welt, von Germany über ganz Europa, bis hin zu Mali, Costa Rica und was weiß ich. Aber keine ihres eigenen Landes. Es war das Gleiche, wie vor einigen Tagen hier im Hostel, als ich zum Essen Reis bestellen wollte, und sie keinen hatten. Hihi, und das in China.

Na ja, ich habe dann nach einiger Lauferei eine in der Tourist Information bekommen und konnte mich nun mit der gesamten Geographie etwas vertrauter machen und mir vor allem auch mal die Entfernungen verdeutlichen. Und da kam ich dann doch erst mal ins Grübeln, denn ich hatte es mir recht easy vorgestellt, meine Route so auszuarbeiten, dass ich möglichst viel zu sehen und auf diesem Weg meinen Jinan Besuch bei Marion, die dort noch bis Ende Januar TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) studiert und den Weg nach Hongkong kombiniert bekommen könnte.

Manoman, das waren gleich immer Zugfahrten von 8 und mehr Stunden, je nachdem, wo es denn hingehen sollte. China ist wirklich kein Land, wo man mal eben schnell irgend wo hin fährt, das ist allenfalls mit dem Flieger möglich, wenn die Stadt denn angeflogen wird. Ich wollte von Peking zuerst nordöstlich nach Chende, um mir dort einige Parks, Paläste und einiges mehr anzuschauen, wobei diese Paläste lt. Reisführer nicht so überladen daher kommen, wie die meisten in China. Und von dort aus sollte es westlich nach Daton zu den dortigen Gegebenheiten gehen, um mir u.a. das an Felsen geklebte
„Hanging Monastir“anzuschauen. Dann hatte ich mir die Terrakotta Armee in Xian aufs Korn genommen + einiger anderer Orte, die sich auf dem Weg dorthin anboten, um dann in einem eleganten Schlenker über den Yankze Fluß, incl. einer Fahrt durch die drei Schluchten mich so langsam in Richtung Jinan und Schanghai zu bewegen.

Bevor ich das alles aber näher in Angriff nehmen konnte, machte ich den Fehler und schaute mal bei
„Wetter online“nach, wie dasselbige denn so an diesen Orten für die nächsten Tage aussehen würde. Und dabei wurde mir klar, dass ich mich diesen Temperaturen Minus 9, Minus 11 Grad und was es da sonst noch zu sehen gab, erst einmal noch nicht wieder aussetzen wollen würde. Das kann ich immer noch machen, wenn ich mein normales Kälteempfinden so halbwegs wieder gefunden habe. Erst einmal lockte temperaturmäßig Schanghai mit 13, 14 und 16 Grad, auch wenn es auf dem Weg dahin in Jinan nur max. 6 Grad über Null haben würde. Aber das sind schon mal ca. 6 Grad mehr, als z.Z. In Peking.

Hinzu kam, dass ich beim PSB (Public Security Bureau) ~ dahinter verbirgt sich die Polizei, die in China mit sehr viel mehr Macht ausgestattet ist, als bei uns ~ definitiv erfuhr, dass ich nur ein Anschlussvisum mit weiteren 30 Tagen bekommen würde und darauf 7 Tage warten müsste. Was geradezu nach einer anderen Stadt oder gleich nach Hongkong schrie, wenn ich nach diesem 30 Tage-Nachschlag immer noch mehr als 60 Tage im Land bleiben möchte. Aber noch sieben Tage länger in Peking bleiben wollte ich aber auf gar keinen Fall, genauso wenig, wie ich noch einmal zurück möchte, um das Visum abzuholen. Selbst wenn ich anfangs mal tönte, dass ich mir vorstellen könnte, hier für eine Weile zu leben. Jetzt will ich weiter, auch wenn es immer noch genug gäbe, was ich mir hier anschauen könnte. Aber ich werde kribbelig und Neues an den Garküchen und in den Gassen zu entdecken, ist auch nicht mehr so ohne weiteres möglich, und meine kleine IXUS findet auch kaum noch Futter. Wobei ich immerhin doch noch im Lama Tempel war, da er sich in direkter Nähe des PSB befand. Aber hier sah es ähnlich aus, wie in anderen Tempeln, ich hätte ihn mir also sparen können. Ich bin wohl wirklich ein hoffnungsloser Fall.

Zurück von meinem PSB-Lama-Tempel-Ausflug habe ich dann kurzentschlossen für Mittwoch, den 21. November meine Zugfahrkarte nach Jinan in der Provinz Shandong gebucht, das ca. 5 bis 8 Stunden Zugfahrt schräg nach Südwest unterhalb von Peking liegt ~ kein Mensch konnte mir bisher eine genauere Zeit benennen ~ und so bin ich zum einen mal gespannt, wie lange ich unterwegs sein werde und zum anderen, wie mein Spontanentschluss in Jinan aufgenommen wird. Außerdem habe ich mich entschlossen, mein Anschlussvisum dort oder in Schanghai zu beantragen. Denn dort soll alles leichter und auch schneller gehen. We will see.

Allerdings habe ich noch keine
„accomodation“, wie die Unterkunft so schön im englischen Traveller Jargon auch heißt. Sicher aber nicht nur dort, nur kannte ich dieses Wort vor meinen ersten Auftritten im Ausland noch nicht. Da der Loose ~ mein Reiseführer ~ nicht viel hergab, sondern im Gegenteil erzählte, dass es dort keine Backpacker Hostels gäbe, da touristisch nicht sooo gefragt, obwohl sich ein interessanter Berg und Qufu, Konfuzius Geburtsort in der Nähe befindet, musste mal wieder das Internet herhalten. Denn auch auf die eigentliche Bibel der Backpacker, den Lonley Planet, konnte ich nicht zurückgreifen, da im Moment keiner in der Nähe herumschwirrte. Aber der hätte wohl auch nichts anderes zu sagen gewusst, da mir das Internet mit seinen Buchungsmaschinen, einschl. google ebenfalls nur etliche relativ preiswerte, bis teure Hotels verriet. Also entschied ich mich erst einmal für das preiswerteste, da sich viiiielleicht noch die Option anbieten könnte, an der Uni im Studentenwohnheim ein Bett zu bekommen, da diese Institutionen nicht nur an Studenten vermieten. So steht es jedenfalls immer wieder im Lonley Planet.

Hach, so langsam habe ich wirklich die meisten Backpacker Gepflogenheiten drauf und komme mir immer mehr vor, wie ein alter Hase. Dabei ist das Hotel mit seinen 18,18 Euro für ein Einzelzimmer ja nun wirklich für westliche Verhältnisse nicht als teuer zu bezeichnen. Aber wie alle Budget Reisenden, versuche ich mit meinen Talern so sparsam wie möglich umzugehen, da sich sicher noch Gelegenheiten ergeben werden, in denen ich mal mehr ausgegeben muss. Und das, trotz meiner seinerzeitigen Erfahrungen mit dem ETAPP Hotel in Narva, nach denen ich noch den Wunsch hatte, mir diesen
„Luxus“wenigstens einmal im Monat gönnen zu wollen. Wo ist dieser Wunsch nur geblieben? Vielleicht hat es sich unmerklich gewandelt oder verwandelt. So erzählte mir z.B. heute das schwedische Pärchen, das mit mir das Zimmer teilt, dass es sich in den nächsten Tagen auch nach Schanghai bewegt, um dort ein Schiff zu besteigen, das sie innerhalb 48 Stunden nach Japan bringt. Dafür berappen sie dann pro Nase irgendetwas um die 150 US Dollar, die an anderer Stelle auf ähnliche Weise eingespart wurden.

Tja, was soll ich sagen, das Gesagte lachte mich im gleichen Moment an, als ich es hörte, knüpfte es doch ein wenig an meinen ersten Schiffsreise-Gedanken an. Und das, obwohl ich
„eigentlich“nicht nach Japan wollte, weil es halt als teures Pflaster gilt und sicher auch ist. Aber ich werde die Auswirkungen auf mein Inneres mal beobachten und ein wenig recherchieren, zumal mich auch Korea reizen könnte, wo ich dann Japan gleich ein Stückchen naher auf die Pelle gerückt wäre, wenn mich meine innere Geographie Vorstellung nicht im Stich lässt.

Es ist schon spannend, mich selber zu beobachten, wie sich hier in China meine bis dato noch nicht ausgegorenen Weiter-Reisepläne entwickeln, verändern, neu gestalten. Sie waren mir aber auch im Vorfeld nur bis China klar. Und so wusste ich bisher nur, dass ich von China aus irgendwie nach Australien wollte, mehr nicht. Aber anscheinend wird mir hier gerade erst bewusst, dass zu meiner Reise noch einige Umwege gehören könnten und wohl auch werden. Auch wenn ich noch nicht genau weiß, welche es sein werden und in welcher Reihenfolge sie dran sind. Aber Hongkong + Macao, Korea und Japan sind schon mal neu ins Programm aufgenommen, und auch die Reihenfolge der mal angedachten Länder scheint sich neu zu gestalten. We will see. Auf jeden Fall gefällt es mir, so generös mit der Zeit, den Möglichkeiten und allem umgehen zu können. Etwas, von dem ich in dieser Form in Deutschland nicht einmal zu träumen gewagt hatte, es mir zugegebenermaßen auch kaum hätte vorstellen können. Meine wildesten Gedanken hätten nicht annähernd den Kern dessen getroffen, wie ich es nun erlebe.

Zwischenzeitlich erfuhr ich, dass mein schneller Entschluss, jetzt schon nach Jinan zu fahren, gut angekommen ist. Sogar so gut, dass sich auch gleich der Gedanke mit dem Stübchen auf dem Uni Campus relalisierte. Sogar eins für mich ganz allein und das zu einem wahrhaftigen Backpacker Preis. Was will ich mehr. Jetzt müsste das Hotel schon mit einem wirklich netten Discount für weitere Nächte daher kommen, nachdem ich in meiner Mail immerhin chinalike gefragt hatte. Da bin ich ja mal gespannt, ob der Reiseführer Recht behält, was das Fragen danach angeht oder ob Jinan auch hier die Ausnahme sein wird. Denn ein anderes Hotel, das auch in Frage hätte kommen können, war an meinem Anreisetag nicht buchbar, erst wieder am Folgetag.

Außerdem habe ich von Freund Torsten 'ne Mail bekommen, in der er mir eine Homepage benannte, auf der man alle Züge incl. ihrer Abfahr- und Ankunftszeiten finden kann, so dass ich jetzt von meinem weiß, wann er in Jinan einzufahren gedenkt, nämlich nach sechseinhalb Stunden und das ist doch schon mal was. Allerdings habe ich dort auch sehen können, dass es für einen kleinen Aufpreis sogar einen Expresszug gegeben hätte. Nur schade, dass man mir nichts von ihm erzählt hat. Tröstlich trotzdem, weil es tatsächlich auch noch langsamere Züge gegeben hätte. Und somit kann ich doch dem morgigen Tag ganz relaxt entgegen sehen. Gelle!?!

 

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Foto Gläubige im Lama Tempel, die ihre Räucherstäbe anzünden