Mo. 28. Mai 2012
Als wir um 8 Uhr in der Werkstatt aufkreuzten, waren
die Jungs anscheinend schon eine Weilezugange, denn alle Hebebühnen waren bereits besetzt und niemand schien sich
für uns zu interessieren. Aber dann lieh uns doch jemand Augen & Ohr, und schnell stand fest, dass Dolly eine Spezialwerkstatt brauchen würde, eine Werkstatt mit einer Richtbank. Einen
Kollegen hatte man auch gleich in petto, der schon bald darauf auftauchte. Zugleich wurde auch Iwan her zitiert, der wundersamer Weise des Deutschen mächtig war. Denn mit der Verständigung war es
ohne ihn nicht gerade gut bestellt.
Iwan dolmetschte dann nicht nur hier, sonern auch für den Richtbank Typen und immer dann, wenn wir Hilfe gebrauchen konnten. Er sprach recht gut Deutsch, das er als
Kind in der DDR lernte, als sein Vater dort stationiert war. Und das, obwohl er nicht mit den ostdeutschen Kindern spielen durfte, denn jeglicher Kontakt zu ihnen war verboten. Auch in der Schule
hatte es keinen entsprechenden Unterricht gegeben. Viel verlernt hatte er nicht, wie wir meinten, trotzdem freute er sich, seine Kenntnisse mal wieder auffrischen zu können.
Zusammen fuhren wir dann in die andere Werkstatt, um dort bei Dolly nach dem Rechten sehen zu lassen. Diese Werkstatt befand sich nicht nur im Hinterhof, sondern im
Hinterhof eines Hinterhofes hinter einem stabilen Metalltor ohne Firmenschild oder andere Hinweise auf eine Autoreparaturwerkstatt. Alles sah so aus, wie unsereins sich eine Werkstatt vorstellt,
in der auch Autos be- und verarbeitet werden, die eher illegal hierher gekommen waren.
Trotzdem verlor der Richtbank Boss nichts von seinem Vertrauensbonus, den er von Anfang an hatte. Auch die Mitarbeiter, die sich um Dolly kümmern würden ~ wilde
Kerle, die wir sprachlich ebenfalls nicht gut verstanden ~ machten trotz allem einen pfundigen Eindruck.
Nur einem trauten wir nicht recht, einem großkotzigen Typen, der seine Finger irgendwie
in beiden Firmen zu haben schien. Er war zwar nur kurz anwesend, sabbelte dafür umso mehr und tauchte schlussendlich wieder auf, um (s)einen Teil der etwas mehr als 500 € abzugreifen, die am Ende
hinzublättern waren. Da aber war bereits alles wieder im Lot und Dolly rollte wie ein junges Entlein vom Hof.
Geschafft hatten das die beiden wilden Tausendsassa, indem sie Dolly soweit wie nötig auseinanderbauten und auf die Folter-Streckbank, eine Richtbank schnallten und
sie gnadenlos so lange quälten, bis sie alles Verzogene wieder wieder begradigt hatte. Damit das auch so bleiben würde, entrosteten sie alles, schweißten in die U-Träger des Chassis jeweils etwas
kleinere U's und verteilten großzügig Rostschutz. Außerdem tauschten sie die Bodenbleche gegen neue aus und bogen wieder gerade, was sich ansonsten an Dollys blechernem Federkleid nicht mehr so
hübsch darstellte.
Danach war dann auch die Lenkung wieder mit dem kleinen Finger zu bedienen.
Nachdem wir also Dolly nach Begutachtung des Schadens und einer Anzahlung von 200 € erst einmal dieser Hinterhof-Hinterhof Werkstatt überlassen hatten, lieferte Iwan
uns wieder am Hotel ab, wo wir uns übers Frühstück hermachten, das nun ~ nach 9 Uhr ~ zeitgerecht zu haben war. Anschließend steuerten wir den Bahnhof an, um den Busfahrplan zu studieren und das
Wie, Wann & Wo zu sondieren. Wir folgten dabei Iwans Tipp, nicht mit dem Zug, sondern mit dem Bus nach Lemberg zu fahren, weil der Zug deutlich länger brauchen würde.
Als dann alle Klarheiten beseitigt waren, wanderten wir noch in die Innenstadt, um einen Geldautomaten und ein Café o.ä. zu finden. Die Innenstadt gab leider nicht
viel her, obwohl Dolyna ursprünglich eine schöne alte Stadt mit alten Häusern usw. gewesen sein soll, wie Iwan zum Besten gab. Unter den Sowjets wurde alles platt gemacht und durch Plattenbauten
ersetzt. Ein Schicksal, das wohl viele Städte der ehemaligen Sowjetunion geteilt haben dürften.
Immerhin fanden wir in Rathausnähe im allgemeinen Junkfood Dschungel ein Café, das einen guten Kaffee plus leckerem Kuchen für Hartmut und mich anzubieten hatte, und
für Torsten eine Solyanka und Pelminis. Und da Hartmut und ich auf unserer Reise auch noch keine Soljanka gegessen hatten, mümmelten wir die Suppe als Nachspeise hinterher.