Rumänien ~ Tag 7

Fr. 18. Mai 2012


Mit Sighişoara
oder Schässburg rückte eines unserer wichtigen Ziele, die Karpaten, bzw. ihre Überquerung auf der Transfăgărăş Hochstraßeimmer näher. Gespannt darauf, ob wir die von Ceauşescuim Eildurchgang durch das Făgărăş Gebirgeerrichtete Straße auch befahren könnten. War es doch erst Mai und lt. Reiseführer sollte es frühestens im Juni möglich sein, oft sogar erst im Juli.
Diese, für den Diktator „kriegswichtige“ Straße ist die höchstliegende asphaltierte Straße Rumäniens und wird im siebenbürgischen Teil auch „Straße in den Wolken“ genannt. Ihr höchster Punkt ist bei 2042 m am Bălea-Pass erreicht, an dem die Straße durch einen merh als 800 Meter langen Tunnel führt. Das alles wurde von Ceauşescus Bautrupps in nur 4½ Jahren fertiggestellt und führt natürlich durch die grandiose Landschaft der Transsivanischen Alpen. Mit etwas Glück, heißt es, kann man einem Braun- oder Schwarzbären auf der Straße zu begegnen, was natürlich unser Traum gewesen wäre, wenn wir die Straße denn hätten befahren können.
Bevor wir letzteres jedoch wussten, preschten wir im Entengang erst noch durch den kleinen Ort Apold mit seiner Kirchenburg, die gerade von dem deutschen Professor Bethge restauriert wurde, wie Hartmut wusste / behauptete.
Sicher war & ist das nämlich nicht, zumal er nicht nach seinem Professor Kollegen fragen wollte. Und damit verdichtete sich mein Verdacht, dass es wieder einmal nur seine Marotte war, auf die ich ~ und selbst Torsten ~ immer wieder hereinfiel. Nämlich die Dinge in einer so gekonnten Form besser zu wissen, dass man erst einmal alles glaubte, was Hartmut einem da antrug. In dieser Perfektion hatte ich das noch nicht erlebt. Ich hätte neidisch werden können, hatte doch auch ich einmal zu dieser Riege gehört. Mein
besseres Wissen“war seinerzeit so groß, dass ich, wenn ich etwas besser zu wissen glaubte, die verrücktesten Wetten darauf abgeschlossen und alles verloren hätte. Denn immer dann, wenn ich mir absolut sicher war, stimmte es garantiert nicht.
Wegen der unzähligen, manchmal peinlichen Situationen, in die ich mich immer wieder ritt, beschloss ich dann eines Tages, dieses anstrengende Hobby aufzugeben. Aber Hartmut hätte es beinahe geschafft, mich wieder auf den Besserwisser-Tripp und aufs Wetten einzulassen. Wobei ich annehme, ohne es überprüft zu haben, dass er sich nicht darauf eingelassen hätte. Wie in dem einen Fall, als er erneut absolut gekonnt behauptete, dass Petrus ein Römer gewesen sei und nicht Jude, wie ich wusste.
Mit meinem ex-katholischen Hintergrund
hätteich wetten sollen, ja müssen! Um seine Ente oder einen anderen hohen Preis. Aber seine verdammt sichere Art und meine Erfahrungen, immer dann nicht Recht zu haben, wenn ich mich soooo sicher fühlte, ließ mich zweifeln und das Risiko nicht eingehen, hätte ich doch etwas adäquates dagegen setzen müssen. Und als meine Schwester ~ eine katholische Nonne ~ mir dann zuhause bestätigte, dass er tatsächlich falsch lag, war die Chance leider verpasst. Was aber auch kaum etwas verändert hätte, da Hartmut selbst dann, wenn sich sein Wissen als Irrtum herausstellte, unter viel Gelächter immer noch Wege und Mittel fand, mir oder uns klar zu machen, dass nicht er daneben gelegen hatte, sondern der andere. Er konnte nicht einfach nur zugeben, dass das, was er so vehement vertreten hatte, nicht stimmte.
Wie in einem besonders köstlichen Fall, ziemlich zum Schluss unserer Reise in Polen, als wir es durch vorangegangene Ereignisse etwas eiliger hatten und uns auf Autobahnen durchs Land bewegten.
Tosten saß wie immer am Steuer und bekam einerseits Anweisungen von Steffi, wie er zu fahren habe und andererseits von Hartmut, der das Ganze mit der Karte überprüfte und absegnete, was auch meistens gut klappte.
Als Steffi uns nun nach rechts, Richtung Warschau lenken wollte, behauptete unser Besserwisser, dass wir uns unbedingt links halten müssten. Er wisse das ganz genau, weil er vor zig Jahren hier schon einmal lang gefahren sei.
Da er nicht bereit war zu akzeptieren, dass sich den vielen Jahren einiges verändert haben könnte, kriegten er und Torsten sich fast in die Haare, was einem bei Torsten eh kaum gelingt. Aber Hartmut war in diesem Fall besonders überzeugend, so dass er ihn und auch Steffi überstimmte. Torsten fuhr also links. Und juchheißa, nach wenigen Minuten standen wir dann vor unser ersten Mautstation, die wir bisher ~ dank Steffi ~ gekonnt vermieden hatten.
Nun hatten wir das unbeschreibliche Glück, Hartmut wenigstens für ein paar Nanosekunden und zum ersten und letzten Mal völlig perplex zu erleben. Aber dann gab er sofort wieder Gas und forderte Torsten auf ~ wohl weil ihm so schnell nichts Besseres einfiel ~ auf der Autobahn zu wenden. Und da das nicht funktionieren konnte, entlockte er seinen Gehirnwindungen die seltsamsten Begründungen, mit dem er auf geheimnisvolle Weise seinen Fehler zum Nicht-Fehler umbiegen konnte. Natürlich wie schon zuvor, unter heiterstem Gelächter. Nicht viel hätte gefehlt, und Torsten hätte bei diesen Argumenten eingesehen, dass er es verbockt hatte, weil er sich nicht genügend gegen Hartmut durchgesetzt hatte. Köstlich-genial dieser Mann.

Ob aber die zuvor genannte Wehrkirche in Apold nun mit oder ohne einen Professor Bethge restauriert wurde, war erst einmal uninteressant, jedenfalls für mich. Was mir hingegen sehr interessant erschien, war der noch mehr als die Hälfte unrestaurierte Zustand des Inneren der Kirche, das den Verfall zwar noch zeigte, aber hoffnungsvoll eine Erneuerung erkennen ließ. Bilder, Gestühl und anderes wartete auf geschickte Hände, die alles wieder mit dem einstigen Glanz versehen würden.
Am faszinierendsten aber war für mich, dass man den alten Fußboden herausgerissen und nur teilweise schon erneuert hatte. Wir stapften somit durch das feine Mehl eines jahrhundertealten Lehmbodens, der Zeuge der allerersten Handwerker Scharen gewesen sein musste. Unsere Schuhe wirbelten Staubwolken auf, in denen das Streiflicht des wenigen Lichtes, das durch die offene Tür herein drang, in meiner Fantasie die Vergangenheit auferstehen ließ.

Nachträglicher Einschub:

Nun möchte ich, nein, muss ich mich hier dann doch zumindest im Fall des Prof. Bethge wegen meiner "schlechten" Meinung wenigstens zu einem Teil bei Hartmut entschuldigen. Fand ich diesen Mann (Sebastian Bethge) doch via Google tatsächlich als Erneuerer der besagten apolder Kirche. Wenn auch nicht als Professor, sondern als Schreiner, der vor 13 Jahren auf seiner Wanderung durch Rumänien nach Apold kam und sich seitdem tatkräftig um die langsam verfallende Kirchenburg kümmert. Seine Arbeit führte schließlich dazu, dass sie in ein EU-Projekt aufgenommen und mit rund 500.000 € bezuschusst wurde.


Und da ich altes Handwerk in heutigem Gewand spannend finde, hätte mich der Schreiner Bethge sehr interessiert. Zumal er lt. Google mit ein wenig Glück erreichbar gewesen wäre. Schade, dass ich oder wir, diese Info zu dem Zeitpunkt noch nicht hatten. Um aber zu zeigen, wie es dort ausgesehen hat und sicher noch eine ganze Weile aussieht, habe ich mir von Google den folgenden Link einer Fotostrecke von Nanca Waldmann geborgt, die wir 1:1 in natura gesehen haben. Sebastian Bethge hat übrigens in der abgebildeten, noch nicht fertig renovierten Kirche geheiratet.

http://www.reporterreisen.com/zehn-tage-siebenbuergen/reportagen/der-letzte-macht-das-licht-an/

Es lohnt sich auch, dort einen Klick auf das Interview „Die Leute haben das Chorgestühl verheizt" zu wagen.

Auch an dem Tag unseres Erscheinens war wieder ein fleißiges Handwerkervölkchen zugange, und zwar in einer Form, die dem Namen alle Ehre machte. Hier ~ wie überall in Rumänien ~ wurde tatsächlich noch Hand angelegt. Maschinen gibt es kaum, Manpower war und ist noch gefragt. Wie auch auf anderen Gebieten, wenn auch dann in Verbindung mit animal power.
Pferdewagen begegneten uns überall, die Pferde ~ je nach Landschaft ~ mit roten Troddeln geschmückt, das Kummet oft farbig angelegt. Und auf den Fuhrwerken, wenn sie nicht mit Heu oder anderen Gütern beladen waren, saßen oft Trüppchen von Kindern und / oder Erwachsenen, die vielleicht zu einer Landpartie oder anderem unterwegs waren.
Die um die Dörfer herum liegenden kleinen, handtuchschmalen Felder wurden noch mit nur einem Pferd und zwei Personen gepflügt. Eine, die das Pferd führte und eine andere, die mit dem Pflug die Furchen zog. Hin und wieder wurde ein kleinerer Pflug sogar von Menschen gezogen. Traktoren haben wir nur in Ausnahmefällen gesehen, denn größere Bauernhöfe schien es, auf Grund des kommunistischen Erbes, nicht oder noch nicht wieder zu geben. Nur diese kleinen Parzellen, die mich an früher, an meine Kindheit erinnerten, als es bei uns z.T. noch ähnlich aussah.
Für mich war es eh interessant festzustellen, wie sehr das ländliche Rumänien zu meinen frühen Erinnerungen passte. Hier gab es noch Wiesen, in denen vor lauter gelben, weißen, blauen, lila und roten Blumen das Grün des Grases kaum noch zu sehen war. Es gab reichlich Landschaften, denen man ansah, dass sie bis heute weder Pestizide noch Kunstdünger kennen gelernt hatten. Sie sahen so ursprünglich natürlich aus, dass man glaubte, in eine andere Welt versetzt zu sein.
Und jedes Dorf hatte nicht nur ein Storchenpaar, sondern etliche. Und diese Adebare suchten auf den Wiesen in großen Trupps gemeinsam nach Leckerbissen für sich und ihre Jungen. Bilder, die es bei uns nicht mehr gibt. Nur in Marokko habe ich noch mehr Störche in den Städten und Dörfern gesehen.
Oder auch die alte Frau, den alten Mann, die mit der Familien-Kuh an der Leine an den Straßenrändern entlang wanderten, damit sie dort ihre kostenlose tägliche Ration Grünfutter für die Milcherzeugung bekam. Und all die kleinen Schaf-, Ziegen- und Kuhherden, die von einem Hirten auf den Wiesen mit ihrem Hund ge- oder behütet wurden. Zäune gab es nicht.
In einem Dorf konnten wir eines Spätnachmittags gar ein Schauspiel besonderer Art beobachten. Dutzende von Menschen kamen aus einer Richtung mit ihren Kühen an der Leine. Sie verteilten sich im Dorf, alle schienen nach Haus zu streben. Unsere Vermutungen gingen in die verschiedensten Richtungen, aber erst, als ich wieder zuhause war, erfuhr ich durch einen älteren Lüdinghauser, was dort wahrscheinlich abgelaufen sein dürfte. Etwas, was es auch bei uns vor dem Krieg und auch noch danach ebenfalls gegeben hat.
Es war nämlich Usus, dass die sogenannten kleinen Leute ihre einzige Kuh zu einer Gemeinschaftswiese brachten, wo ein Gemeindehirte, wahrscheinlich auch mit Hund, dann tagsüber auf die Viecher aufpasste. Und abends holte dann jeder einzelne Besitzer seine Kuh wieder ab und lief mit ihr quer durch den Ort. Dieses Bild, dem man hier sogar ein Denkmal gesetzt hat ~ Strucks Kuh genannt ~ dürfte dem von uns in dem Dorf gesehenen exakt entsprochen haben. Wie auch das Bild, das die rumänischen Dörfer und auch die in Moldavien und der Ukraine am späten Nachmittag zeigten. Die Älteren, die still auf einer Bank saßen und die Straße beobachteten oder auch schwatzten und den (Feier-) Abend genossen. Oder die jüngeren, die auf den Straßen standen oder flanierten und dörfliches Cliquenwesen demonstrierten und ebenso erstaunt, wie begeistert unsere Ente passieren ließen.
Rumänien, eine Zeitreise in die Vergangenheit. Ich hätte nicht gedacht, dass und wie mich diese Dinge heute noch berühren konnten.
Mitten durch diese Bilder brachte Dolly uns über Agnita / Agnetheln nach Carţâ, das der Ausgangspunkt für unsere Transfăgărăş Tour sein sollte, und wo wir Quartier zu nehmen gedachten. In Agnita wollten wir aber vorher noch einen Vulkanizare ~ eine Reifenwerkstatt ~ finden, da das linke Vorderrad immer wieder Luft verlor. Aber erst nach mehreren Schleifen durch den Ort fanden wir diese Werkstatt, die das Ventil austauschte und gut wars. Es war eh interessant festzustellen, dass es an den meisten Tankstellen weder eine Möglichkeit gab, um den Luftdruck zu prüfen, noch Luft auf den Reifen zu pumpen. Dazu musste man besagte Vulkanizare ansteuern, die einem dann für ein paar Leu ein bisschen Luft verkauften.
In Agnita trafen wir aber auch Dollys Schwester, eine Ente aus Berlin mit gleichem blonden und braun-rotem Federkleid. Sollte man so etwas für möglich halten, dass in Rumänien zum gleichen Zeitpunkt ein Zwillingsentenpaar unterwegs war? Leider ergab es sich nicht, dass wir die Besitzer der anderen Dolly trafen, sie hätten wahrscheinlich genauso gestaunt wie wir. Und vielleicht wären wir ja dann in einem Enten-Korso durch Agnita gefahren – Dolly im Doppelpack.
Agnita ~ eine Stadt, wie ein Mädchenname ~ sollte uns aber noch ein zweites Mal sehen. Denn auf dem Weg nach Carţâ, der ja wieder über kleinste Landstraßen führte, erwischten wir trotz Steffi eine falsche Abbiegung und sahen dann nach einem Sightseeing Bogen erneut das Ortseingangsschild. Shit happens.
Beim zweiten Anlauf klappte es dann, und wir erreichten den Stausee, an dem Carţâ mit seiner Kirchenruine liegt. Von der Kirche fiel hauptsächlich die Eingangswand mit dem großen runden Fenster und einem seitlichen Turm auf, obwohl einiges mehr stehen geblieben war. Diese riesige Wand erinnerte mich formal an die Beobachtungsvorrichtung eines alten prähistorischen Bauwerks, an dem die Ur-Rumänen eine Art Sternen- oder Sonnenkult betrieben haben mochten, zumal diese Kirche nach meinem Dafürhalten, wie die meisten alten Kirchen, auf einem Kraftpunkt errichtet worden war. Eine reizvolle Anlage.
Da es trotz unserer Sightseeing Runde noch früh war, entschlossen wir uns, schon jetzt auszuprobieren, wie es mit der Befahrbarkeit der Transfăgărăş Hochstraße aussah und ggfls. dann auf der anderen Seite zu übernachten.
Leider war bei Kilometer 15 bereits Schluss. Dort machte man uns an einem Rastplatz klar, dass hier die befahrbare Welt zu Ende sei. Und da es uns immer noch früh genug erschien, fuhren wir „unten herum“, auf der normalen Straße nur ca. 20 Kilometer an Sibiu vorbei auf die andere Seite ins 378 Kilometer entfernte Curtea de Arges. Dort wollten wir die Nacht verbringen und am anderen Morgen zum Vidaru See und / oder zur Straßensperre auf der anderen Seite der Transfăgărăş vordringen.
Die stark befahrene Straße nach Curtea de Arges führte kurvenreich zu einem Großteil durchs Tal direkt an der Olt entlang, die einen auf Grund der Bilderbuch-Landschaft wünschen ließ ~ wenn die Straße nicht gewesen wäre ~ dort ein Häuschen mit Angel o.ä. zu haben. Erst kurz vor Curtea de Arges, bereits im Dunkeln, verzichtete der Fluss dann auf unsere Begleitung.
Dass es schon dunkel war, lag daran, dass wir eine ganze Zeit im Stau steckten, den ein LKW verursacht hatte, weil der Zugwagen in den Fluss gerauscht war und geborgen wurde. An der Unfallstrecke ging es nur im Wechsel vorbei, was natürlich immer wieder für Zwangspausen sorgte. Aber eine dieser Pausen nutzten wir, um endlich Käse von einem der Stände an der Straße zu kaufen. Einen geräucherten Schafskäse, für den wir uns nach einigem Probieren entschieden. Und noch bevor Torsten oder ich einschreiten konnten, hatte unser Traveller-Baby der Frau ohne den geringsten Versuch zu handeln, die geforderte Summe ~ die natürlich um einiges zu hoch war ~ in die Touri erfahrenen bäuerlichen Hände gedrückt. Und nicht nur das, auf eine ihrer unverständlichen Äußerungen in bestem Rumänisch, überreichte er ihr einen weiteren Schein, weil er, des Rumänischen genauso mächtig wie wir, aus ihren Worten heraus zu hören glaubte, dass er noch etwas oben drauf legen solle.
Dass die gute Frau nach dieser geglückten Transaktion nicht sofort Feierabend machte, wundert mich noch heute, hatten wir doch gerade für den nicht gerade großen Käselaib umgerechnet 20 € bezahlt. Als wir Hartmut dann damit aufzogen, nannte er uns unmoralisch & ausbeuterisch und meinte, dass wir das rumänische Volk in den Ruin treiben würden und nicht besser als Lidel, Penny & Co seien. So schnell kann also der gute Ruf ruiniert sein, denn unser Käse-Handel-Verhalten hat er uns erst einmal nicht verziehen. Zumal wir keine Gelegenheit bekamen, ihm zu beweisen, dass es auch anders gegangen wäre.
Woher sollte jemand wie Hartmut auch wissen, wie man sich auf Reisen unserer Art in bestimmten Situationen verhält? War er doch bisher nur als „normaler“ Tourist unterwegs und machte, ohne weiter darüber nachzudenken, all die Fehler, die „normale“ Touris im Ausland so gerne begehen. Wie z.B. Bettlern oder Kindern einfach so Geld für ein Foto oder anderes in die mehr oder weniger sauberen Pranken und Patschhändchen zu drücken. Letztere Übung ging ebenfalls ganz fix über die Bühne, als wir auf der Transfăgărăş zwei Pfedewagen mit Erwachsenen und Kindern fotografierten, und einer der Jungen zu uns geschickt wurde, um die Gage dafür einzutreiben.
Auch hier wieder, so schnell wie Hartmut ein paar Münzen aus seinem ansonsten so umständlichen Safe geklaubt und dem Kleinen in die Hand gedrückt hatte, konnten wir nicht reagieren. Als der Pimpf dann aber dreist mehr haben wollte ~ er verfügte wohl bereits über entsprechende Erfahrungen mit Touristen ~ verscheuchten wir ihn, bevor weitere Taler oder gar Scheinchen den Besitzer wechselten. Anschließend waren wir wieder die Bösen, die armen kleinen Kindern und ihren Eltern das Leben schwer machen.
Da wir Hartmut nicht überzeugen konnten, seinem Seelenheil aber auch nicht andauernd im Wege stehen wollten, ließen wir ihn in späteren Situationen gewähren.

Im nächtlichen Curtea de Arges bekamen wir um 22 Uhr in einem kleinen Geschäft zwar noch alles für unser Ritual, konnten aber anschließend erst einmal nicht das dazu passende Zimmer finden. Beim ersten Hotel rührte sich nichts mehr auf unser Klingeln und das zweite, die Pension Ruxi, erforderte trotz Steffi erst einige Ehrenrunden, bevor sie sich dann finden ließ. Bedingt durch eine Straßenbiegung hatten wir immer zu früh aufgegeben, wenn Steffi uns erzählte: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“
Auch diese Pension hatte schon nicht mehr mit neuen Gästen gerechnet. Trotzdem öffnete man uns freundlich Tor & Tür ~ die Tochter des Hauses sprach sogar recht gut Deutsch ~ und statt irgendwo in der Ente oder einer Scheune zu nächtigen, bekamen wir zwei vorzügliche Zimmer, da ein 3-Bettzimmer nicht mehr zur Verfügung stand. Und dieses Mal zog ich das Gewinnlos fürs Einzelzimmer.
Selbst die Frage nach einem Frühstück am nächsten Morgen wurde positiv beantwortet. Gegen Extrabezahlung, denn es war im Leistungsumfang der Pension nicht vorgesehen. Das Töchterchen fragte die Mama und die sagte bei solch netten Typen natürlich Ja. Und schon konnten wir uns über das beste Frühstück unserer ganzen Reise hermachen. Für jeden gab es 2 kleine Schnitzel und 2 Spiegeleier. Außerdem verschiedene Käsesorten, einheimische, nicht aus dem Supermarkt, und ebenfalls einheimischen Aufschnitt für die dicken Weißbrotschnitten, plus Joghurt, Früchte und Gebäck, sowie einen prima Kaffee in reichlicher Menge. Wenn ich mich recht erinnere, waren wir für dieses Super-Frühstück umgerechnet mit nur 15 € dabei.

 

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