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Siem Reap / Angkor Wat

 

Etappe 27 ~ vom Mo. 11.02. bis So. 17.02.2008

 

Da Frühaufstehen nur selten ein Problem für mich war, machte es mir auch dieses Mal nichts aus, die Heiha rechtzeitig zu verlassen, um noch gemütlich mein breakfast + hot coffee with sweet milk + Mango Shake zu verputzen, die restlichen Dinge in meinen Rucksäcken zu verstauen, mit dem Okay Guesthouse abzurechnen und in den Bus zu klettern, der mich zum Busbahnhof bringen sollte, von dem die GST Express Busse und andere in alle Richtungen abfuhren.

Das Abrechnen funktionierte in diesem Hotel etwas anders als üblich. Hier gab es die sogen. Room Books, die an die Zimmernummer gekoppelt waren. In diese Kladden musste jeder eigenverantwortlich alles eintragen, was er verzehrt und getrunken oder an sonstigen Leistungen, wie Wäsche, Übernachtung, Bus Ticket usw. in Anspruch genommen hatte. Und damit das auch funktionierte, gab es so etwas wie eine doppelte Buchführung. Die Bedienung notierte parallel dazu alles ~ die Zimmernummer und das, was bestellt wurde ~ noch einmal. Und so kam anscheinend kein Schlitzohr auf den Gedanken, hier oder da mal etwas unter den Tisch fallen zu lassen. Das gleiche Prinzip gab es dann auch im Yellow Guesthouse ~ einer Zweigstelle des Okay ~ in Siem Reap, das ich mir ausgesucht hatte. Es kam ähnlich schnuckelig daher, wie das Mutterhaus und auch die Mitarbeiter waren genauso nett, hilfsbereit und zuvorkommend, wie in Phnom Penh.

Tja, und nun bin ich, bzw. sind wir alle (Klaus, Waltraud, ihre noch unbekannten Freunde und ich) in Siem Reap und harren der Dinge, die da auf mich / auf uns zu kommen wollen oder sollen. Und auch hier klappt die Verbindung via Skype gleich am ersten Tag, wobei Klaus mich einlud, am nächsten Tag gemeinsam mit ihnen in einem klimatisierten Minibus und ihrer Reiseführerin Angkor Wat und weitere Tempel zu besuchen. Dieser Einladung bin ich natürlich gerne gefolgt. Und damit stand fest, dass wir uns am kommenden Morgen um siebenuhrdreißig an ihrem Hotel tatsächlich treffen würden. Ein aufregender Gedanke, der mich zu früh wach werden und an ihrem Hotel sein ließ. Aber ich konnte besser dort noch eine Weile warten, als wartend in meinem Yellow Guesthouse zu hocken.

Und dann sah ich sie die Halle des Hotels betreten und erkannte sie sofort. Aber das wäre auch dann der Fall gewesen, wenn ich sie nicht schon über die Web Cam zu Gesicht bekommen hätte, denn ihre Gesichter und ihr Gang waren vertraut, wie eh und je. Die Optik hatte sich ein wenig verändert ~ aber nur ein wenig. Denn wie gesagt, Klaus und ich hatten unsere gemeinsame Schulzeit 1960 beendet und zu dem Zeitpunkt oder wenig später, dürfte auch unsere letzte Begegnung stattgefunden haben, insofern also ein Klacks. Sie waren trotz der vielen Jahre unverkennbar die Menschen von damals, die da nun endlich vor mir standen. Und es war deutlich zu spüren, wie gut es sich anfühlte, was da gerade zwischen uns ablief. Es war das Wieder-Erkennen auf einer Ebene, die wenig mit den optischen Gegebenheiten zu tun hatte und bis in die letzte unserer Zellen zu spüren war. Und so konnte es auch nur folgerichtig sein, dass wir uns mit feuchten Augen umarmten und unsere Freude über dieses außergewöhnliche Wiedersehen kundtaten. Danach war Waltraud an der Reihe, wobei diese Wiederbegegnung natürlich auf Grund der Gegebenheiten einen anderen Stellenwert hatte, aber dennoch genauso stimmig war.

Tja, und dann galt es noch die Freunde der beiden kennen zu lernen, die sich inzwischen auch eingefunden hatten und ihre sehr sympathische Tour Guide, die über ein enormes Wissen über ihr Land und darüber hinaus verfügte und das in einer Art und mit Herzblut zu vermitteln vermochte, die selbst mich dazu brachte, meine Lauscher ganz weit aufzumachen. Mich, der geführte Touren ja normalerweise überhaupt nicht mag. Sie war es auch, die zuvor ihre Einwilligung zu dieser unerwarteten Verstärkung ihrer Gruppe gegeben hatte. Insgesamt eine Truppe ~ wie sich schnell herausstellen sollte ~ mit der es einfach Spaß machte, unterwegs zu sein. Was aber wohl auf Gegenseitigkeit bestand. Denn als Klaus mich am Ende des ersten Tages fragte, ob ich am nächsten Tag auch wieder dabei sein möchte, machte man mir klar, dass ich ~ wenn ich es auch möchte ~ gerne wieder dabei sein dürfte. Also war ich es dann auch.

Am ersten Tag ging es früh um 7 Uhr 30 los, wobei wir vor der ersten Anfahrstation, dem Angkor Wat erst noch zur Kasse mussten, da ich noch kein Ticket hatte. Mit 40 Dollar für ein 3-Tages-Ticket war ich dabei, wahrhaftig mein teuerster Eintritt bisher, aber jeden Cent wert. Der Ausweis bekam sogar ein Foto, das per Webcam geschossen und aufgedruckt wurde. Das ganze kam dann sicherheitshalber in eine Plastikhülle, da der Farbdruck nicht feuchtigkeitssicher war und verwischen konnte. Was zur Folge gehabt hätte, dass das Ticket ungültig geworden wäre und ein neues fällig gewesen wäre.

Um diese relativ frühe Zeit war der Tempel noch nicht soooo überlaufen, wie später, als wir ihn wieder verließen. Zu dem Zeitpunkt war auf dem brückenähnlichen Damm kaum noch ein Durchkommen. Und auch im Tempel selber hatten sich die Gänge von Minute zu Minute mehr gefüllt. Zu einem Großteil mit ganzen Busladungen von Japanern, die ~ sorry Japan ~ recht anstrengend waren. Aber nicht nur hier, sondern auch an all den anderen Stellen; es war nahezu unmöglich, ihnen zu entgehen. Und vor jeder kleinen oder großen Statue, jedem Relief, jedem wichtigen oder auch unwichtigem Detail, musste für jeden einzelnen und im Gruppenverband Beweisfotos mit und ohne Victory Zeichen geschossen werden. Wobei das Ganze, wie bei einem Casting, jedes Mal etwas anders arrangiert wurde. Ja, es schien eine Art Choreografie dafür zu geben. Ein Unterfangen, das sowohl beim Ankommen, als auch beim Verlassen eines Tempels, eines Abschnittes, eines Raumes ~ oder was weiß ich ~ wiederholt werden musste, ohne die geringste Rücksicht auf irgendjemanden. Wie haben die das bloß gemacht, als ein normaler Film maximal 36 Aufnahmen zu haben pflegte? Als sich einer aus unserer Gruppe spaßeshalber mal genauso
„rücksichtslos“durch und zwischen die Japaner traute, brach dort das reinste Chaos aus, wie in einem aufgescheuchten Bienenschwarm. Und es dauerte eine ganze Weile, bis alles wieder im japanischen Gleich-Tritt war. Köstlich. Mhmm, oder auch nicht.

Bisher hatte ich von dieser Eigenart dieses Volkes ja nur gehört und gedacht, sie sei überzogen dargestellt worden und es wird soooo schlimm schon nicht sein. Aber jetzt weiß ich, dass es noch schlimmer ist, und dass niemand dieses Theater wirklich treffend beschreiben kann ~ man muss es erlebt haben. Noch einmal
„SORRY Japan.“Dabei hätte ich nie gedacht, dass ich jemals so etwas denken, sagen und sogar schreiben würde, aber diese geballte Ladung von Herdenverhalten hat selbst meine Langmut eine der härtesten Überprüfungen ausgesetzt, die sie je zu bestehen hatte.

Und wie schon zuvor gesagt, kambodschanische Tempel machten mich mehr an, als die in den Ländern zuvor. Wobei mich die wirklich alten, zerfallenen und geheimnisvollen Tempel zuletzt in Vietnam ja auch zu beeindrucken wussten. Leider hatte ich immer wieder diesen Film Tomb Raider und Angela Jolie im Kopf, wenn ich durch die Anlagen wanderte, zumal an der einen oder anderen Stelle dann auch noch Filmteams unterwegs waren, wenn auch ohne die Schauspielrin. Aber das trübte den Genuss nur wenig. Was ich vor allem äußerst interessant fand, war das baukonstruktive Element, das alle Tempelanlagen miteinander verband. Zum einen hatten sie alle eine besch... Gründung, die langsam aber sicher dafür sorgte, dass ganze Baukörper wegsackten und zum anderen, wurde als Untermaterial ein Stein namens Laterit eingesetzt, der im Ursprungszustand eigentlich noch gar kein richtiger Stein, sondern harter Lehm mit Gesteins- und Luftlochanteilen, wie ein Schweizer Käse ist. D.h. er war erst einmal noch ziemlich weich und härtete dann an der Luft soweit nach, dass er zwar Lasten aufnehmen konnte, aber nie so stabil wurde, wie der Sandstein, der dann als Aussenhülle darum herum gebaut wurde. Auch das sorgte für Spannungen, Setzungen, Risse und alles, was sonst noch so dazu gehört.

Es ist überhaupt verwunderlich ~ wie bei allen alten Anlagen dieser Art ~ wie die damaligen Menschen es geschafft haben, abertausende von Tonnen an Steinen hier her zu karren, in einem künstlerischen Gleichmaß zu bearbeiten, als hätten sie schon CNC Maschinen gehabt und das Ganze in dieser Form zusammenzufügen. Dabei haben die Figuren durchaus ihre eigenen Gesichter. Manche lächeln, andere schauen relativ ausdruckslos oder auch grimmig, aber alle haben sie Gesichter ~ soweit noch vorhanden und nicht durch die Witterung zerstört oder Kunsträuber gewaltsam aus dem Gesamtbild herausgebrochen ~ die mich immer wieder irgendwie anzusprechen schienen, als wollten sie mir etwas erzählen. Leider verstand ich das alte Khmer nicht, aber das neue wäre genauso unverständlich geblieben.

Und wenn man bedenkt, wie lange diese alten Gemäuer praktisch im Vergessenen, Verborgenen ihren Schlaf der Jahrhunderte gehalten haben, und wie gut sie diese Zeit überstanden haben, dann grenzt das für mich schon fast an ein Wunder. Denn auch hier hat sich die Natur gnadenlos Terrain zurückgeholt und dabei einiges zerstört. So gibt es fast in jeder Anlage zahlreiche riesige Feigenbäume, die 200 / 300 Jahre alt sind, die mit ihren dicken Wurzeln ganze Mauern und Gewölbe zum Einsturz gebracht haben. Es sieht streckenweise gewaltig, majestätisch aus, wie diese Bäume, die in dieser Jahreszeit blattlos sind, dort neben, auf und in den Tempeln, den Gebäuden stehen. Dieselben wirken dagegen manchmal recht mickrig. Diese Bäume werfen in dieser Jahreszeit ihre Blätter ab, um Energie, Wasser zu sparen. Sie führen, anders als andere Bäume, das Wasser nicht im Rindenbereich an die Stellen, wo es gebraucht wird, sondern in der Mitte des Stammes, an der sich normalerweise das Kernholz befindet. Hier haben sie eine Art Wasser führenden Kanal, der langsam aber sicher dafür sorgt, dass das Holz von innen nach außen verfault, so dass dann der untere Teil des Baumes schon abgestorben ist, während der obere, jüngere Teil noch vital ist und sein Wasser nach wie vor durch diesen Kanal bekommt, und auch ~ wie unsere Guide erzählte ~ irgendwie über die Rinde aus der Luft Nahrung aufnehmen können.. Aber letztendlich führt es dann doch dazu, dass der Baum ca. in der Mitte abbricht, weil der alte, abgestorbenen Teil das Gewicht nicht mehr zu tragen vermag. Und das ist dann zugleich auch das Aus für die Bienenvölker, die in diesen Bäumen relativ große Nester haben. D.h. die Viecher müssen sich dann an anderer Stelle ein neues Eigenheim bauen, Umzug ist angesagt.

Es ist schon ein seltsamer Anblick, diese riesigen, silbrig glänzenden Bäume auf, in und zwischen den Tempelmauern zu sehen. Es hat irgendwie etwas Unwirkliches, ja, Verwunschenes, ähnlich dem Dornenschloss in unserem Märchen. Außerdem fragt man sich ~ besonders, wenn sie auf einer Mauer o.ä. Stehen ~ wie die Dinger da bloß Halt finden und nicht eh jeden Moment umkippen. Ich musste dabei an andere Berichte denken, in denen Vögel mit ihren Exkrementen für die Weiterverbreitung einer Spezies sorgen, nachdem sie zuvor die Früchte gefressen und dann die unverdaulichen Samen irgendwo hin gesch ... hatten. Und wo befindet sich so ein Piepmatz am liebsten bei diesem natürlichen Vorgang? Er fliegt entweder durch die Gegend, so dass er einem die Sauerei aufs Hemd oder den Kopf kleckern kann, oder hockt auf einem erhöhten Platz, wie einer Tempelmauer, einem Tempeldach. Und da es keinen gesicherten Anhaltspunkt gibt, dass diese dreisten fliegenden Bionic-Bomber auch frühkambodschanische Sarongs und / oder Köpfe verzierten, konnte das Malheur der natürlichen Tempelzerstörung seinen Anfang nehmen. Was sich noch heute an allen Ecken und Kanten beweisen lässt.

Auf diese Bäume wird übrigens heute peinlichst geachtet und ggfls. werden sie Stück für Stück zerkleinert, bevor sie wirklich umstürzen und dabei weiteren Schaden anrichten. Aber ihr riesiges Wurzelwerk zu beseitigen, dass sich durch alle Fugen gebohrt und die Steinmassen auseinander gedrückt hat, scheint ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Dazu müsste wohl das Bauwerk so ziemlich komplett auseinander genommen und wieder zusammengefügt werden.

Natürlich sind in der Anfangszeit ~ als die Tempel noch nicht bewacht wurden ~ viele Dinge zerstört worden oder verschwunden, Figuren wurden aufgeschlagen, weil man in ihnen Gold und Edelsteine vermutete, und oben, die Spitzen der Tempel, wurden teilweise aus dem gleichen Grund zerstört. Aber heute soll das nahezu unmöglich sein. Und es heißt, dass jemand, der erwischt wird, wie er in einem Tempel etwas zerstört oder entwendet ~ sofern keine Zeugen da sind ~ auf der Stelle liquidiert wird. Auf jeden Fall steht immer noch die Todesstrafe drauf. Es heißt sogar, dass in den Anfangsjahren auch einzelne Touristen auf Nimmerwiedersehen verschwunden sind, weil sie zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren, sprich, miterlebten, wie ein Tempelschänder exekutiert wurde und dabei entdeckt und als unliebsame Zeugen gleich mit verschwinden mussten. Das mag jetzt vielleicht sensationslüstern klingen, aber es scheint etwas dran zu sein, zumal frühe Reisende in der Anfangszeit grundsätzlich von Soldaten zu den Tempeln begleitet wurden, um so etwas zu verhindern.

Eine ganz andere Fahrt unternahmen wir dann am nächsten Tag. Wieder ging es früh los, weil wir zum River der 1000 Lingams in Kbal Spean 'ne ganze Ecke fahren mussten und möglichst früh dort sein wollten, um nicht in der ansteigenden Hitze den Hügel hinaufkraxeln zu müssen. Dass es dann doch nicht so ganz klappte, lag daran, dass die Lunchpakete vergessen wurden, und wir dann einen für später vorgesehenen Tempel vorzogen, während der Fahrer zurück fuhr, um das Futter zu holen.

Was soll's, ich war inzwischen bei allen möglichen Temperaturen auf etliche Hügel, sogar Berge geklettert, dass es hier sicher nicht darauf ankam, ob es nun ein paar Grad mehr oder weniger waren. Und so war es dann auch, obwohl dem ein oder anderen der Abstieg dann doch etwas zu schaffen machte. Insgesamt war es jedoch ein zwar schweißtreibender, aber angenehmer Weg, der in großen Stücken durch schattigen Wald führte.

Bedingt durch die Jahreszeit, führte das Flüsschen nicht allzu viel Wasser, was natürlich auch auf den Wasserfall zutraf. Aber das hatte immerhin den Vorteil, dass viele, sonst im Wasser liegende Figuren besser zu sehen waren. Und auch hier hatten Räuber einige Figuren gewaltsam entfernt, was an den ziemlich frisch aussehenden Bruchstellen noch gut erkennbar war.

Noch ist diese Anlage, die im eigentlichen Sinne kein Tempel, allenfalls ein Naturtempel ist, nicht ganz einfach zu erreichen und somit für die
„normalen“Tour Unternehmen nicht interessant. Das liegt (noch) daran, dass es ab einem bestimmten Punkt bisher keine befestigte Straße, sondern nur holprige Pfade gab. Aber als wir dorthin fuhren, war erkennbar, dass sich das ändern würde, denn über weite Strecken gab es schon eine rote und staubige Trasse, die befahrbar war, wenn auch immer noch sehr holprig. Aber die Asphaltschicht, die ja irgendwann diese Holperstrecke bedecken wird, wird auch hier dann die Touristenscharen herführen. Wir erfuhren, dass es in 2007 um die 1,5 Millionen Besucher in Angkor Wat aufgekreuzt waren und dass in 2008 noch einmal 500 000 mehr erwartet werden. Und einige dieser 500 000 waren wir. Zweimillionen Besucher, das muss man sich mal reiziehen. Wahrscheinlich geht es dann nur noch im Schicht- oder Schiebebetrieb. Aber hier, an diesem beschaulichen Ort gab es außer uns, nur noch eine weitere kleine deutsche und englischsprachige Gruppe, und ~ wie könnte es anders sein ~ eine japanische Mini-Fraktion. Die ging uns hier, mangels Masse, nicht so auf den Zeiger, wie zuvor an den anderen Stellen. Vielleicht waren es aber auch Traveller der anderen Art, schließlich gibt es bei uns ja auch die Touristen, in deren Nähe ich lieber nicht als Deutscher erkannt werden möchte.

Und damit waren zwei Tage meines Angkor Tickets bereits abgegolten und unsere gemeinsam verbrachte Zeit neigte sich unerbittlich ihrem Ende zu. Es gab noch ein gemeinsames Abend-Abschiedsessen und den Versuch, bei den bescheidenen Internet Qualitäten, eine Skype-Line zu Volker nach Deutschland aufzubauen ~ der allerdings kläglich scheiterte ~ und dann war es soweit. Es ist uns schwer gefallen, Adieu zu sagen. Aber nun denn, immerhin war eine alte Freundschaft wieder zum Leben erweckt worden und dieses Mal wird es sicher nicht wieder sooooo lange bis zum nächsten Kontakt dauern. Das haben wir uns jedenfall mit Pfadfinder-Ehrenwort versprochen.

Leider mussten die drei Tage des Angkor Tickets am Stück genommen werden und so hieß es für mich, auch den nächsten Tag dort irgendwie zu verbringen, obwohl ich etwas tempelmüde war. Und so griff ich auf das zurück, was ich ~ wenn unser Treffen nicht gewesen wäre ~ gleich zu Anfang hatte machen wollen. Ich würde mir ein Fahrrad mieten und mal schauen, wo es mich hinziehen würde. Auf Tanja hörend, wegen der im Laufe des Tages steigenden Temperaturen möglichst früh loszustrampeln, schaffte ich es dann gegen 7 Uhr 15 loszukommen, also etwas früher, als mit dem Bus. Und ich fand es ~ trotz gegenteiliger Aussagen ~ auch nicht sonderlich strapaziös, die 7 oder 8 Kilometer bis zur Anlage in die Pedale zu treten. Genau wie auch den Rest. Oder besser, fast den gesamten Rest der sogen.
„Grand Tour“, die immerhin mit 26 Kilometern ausgewiesen war. Mit fast dem gesamten Rest meine ich, dass ich mir zum Schluss noch eine zusätzliche Sightseeing Runde gönnte, weil ich mich entschloss ~ wieder am Angkor Wat angekommen ~ nicht die gleiche Straße nach Siem Reap zurückzufahren, sondern eine andere. Die aber machte einen Riesen-Bogen um die Stadt herum am Flughafen vorbei, was dann in der Stadt angekommen bedeutete, dass ich dem ganzen langen Jammer der NH 6 zu folgen hatte. Es werden also nicht 26, sondern 30 Kilometer oder etwas mehr gewesen sein, zumal ich ja unterwegs auch noch den einen oder anderen kleinen Abstecher gemacht hatte.

Immerhin hatte dieser Umweg den Vorteil, dass ich nun wusste, wo sich der Flughafen befindet und dass ich noch einmal am Angkor Palace Spa Resort ~ dem Hotel der Gruppe ~ vorbeikam. Aber ich war natürlich heilfroh, als ich dann endlich an meinem Guesthouse angekommen war und vom Sattel klettern konnte. Mein anderes Ende hatte sich die letzten Kilometer dann doch ganz schön beschwert.

Meine
„Grand Tour“führte mich natürlich immer mal wieder zu Tempeln und Stellen, an denen ich zuvor schon mit dem Bus gewesen war. Die habe ich mir natürlich nicht noch einmal angeschaut, sondern habe an den Stellen gehalten, an denen wir vorbei gefahren waren. Denn auch, wenn sie vielleicht nicht soooo wichtig waren, interessant fand ich sie doch. Zumal eine Anlage sogar aus dem Rahmen fiel, weil sie aus Klinkerziegeln errichtet war, statt aus dem üblichen Sandstein. Diese Tempel wussten aber alle noch mit etwas anderem aufzuwarten, hier gab es nämlich nicht die Besuchermassen, auch nicht, als der Tag weiter fortschritt. Nur die Japaner ~ ich kann es nicht lassen ~ waren auch an diesen Stellen mit ihrem victory Zeichen + Getöse dabei. Aber hier waren sie auf Grund der Gegebenheiten erträglicher.

Im Gegensatz zu den beiden Tagen vorher, war ich also nun wieder selbst verantwortlich für das, was mich interessierte oder auch nicht. Und so ließ ich es gemütlich angehen und strampelte über die meistens recht unbelebte Landstraße, die fast überall durch die Vegetation links und rechts so gut abgeschattet wurde, dass die Sonne selbst um die Mittagszeit kein Problem darstellte. Aber sicherheitshalber hatte ich eh Sunblocker, Sonnencreme und Sonnenhut dabei.

Auf meinem Streifzug durch die Angkor Wat Gesamtgemeinde kam ich auch noch einmal an einer Straße vorbei, die zum Bantesy Srei führte, einem etwas entfernter liegenden Tempel, den wir mit dem Auto angefahren waren. Und dieser Straße folgte ich nun noch einmal eine Weile, da sie vom Bus aus sehr interessant gewirkt hatte. Zuerst in die eine Richtung radelnd und zurück habe ich mein Rad dann geschoben. An dieser Straße gab es etwas, was bei uns als Straßendorf bezeichnet wird, weil sich alle Häuser nur links und rechts der Straße befinden. Und das über 1, 2 oder 3 Kilometer. Und dieses Dorf war als
„Sauberes Wasser Projekt“gekennzeichnet, sinnigerweise von den Amis gesponsort. Jedes Haus hatte also seinen eigens gebohrten Brunnen, der mit einer Handpumpe versehen war. Und das gesamte Dorf war natürlich eine einzige Touristenfalle, mit Souvenierständen und allen anderen Ständen, die dazu gehören. Dazwischen war immer wieder höchst dekorativ in reichlicher Anzahl urbanes Leben der Einheimischen eingeschoben, was diesen Flecken ja so reizvoll machte. Aber auch ätzend, denn ich konnte ~ besonders auf dem Rückweg zu Fuß ~ kaum einen Schritt tun, ohne immer wieder von Kindern verfolgt zu werden, die mich mit ihrem „momey, money, one Dollar Mister“o.ä. ein Stück begleiteten. Wobei sie natürlich auch kleine Dinge zum Verkauf anboten, die alle ebenfalls für einen Dollar zu haben waren,ähnlich unserer 1 € Läden. Und sogar eine einzige, apfelähnliche Frucht, die ich gerne mal probieren wollte, sollte zuerst einen Dollar kosten, dafür hätte ein Einheimischer ein ganzes Kilo bekommen. Für einen halben Dollar durfte ich dann meinen Gelüsten nachgeben. Sie schmeckte übrigens köstlich. Allerdings weiß ich nicht, wie sie heißt.

Aber auch das Fotografieren war hier kaum kostenlos möglich, es sei denn, ich tat es heimlich. Als ich einmal
„nur“eine Kochstelle fotografieren wollte und höflich ~ wie es in den Reiseführern empfohlen wird ~ die Frau vor dem Haus um Erlaubnis bat, kam auch hier der obligatorische Satz: „One Dollar“. Worauf sie mich mal kreuzweise konnte, denn nach wie vor kann / will ich dieses Spiel nicht mitspielen, mit der Konsequenz, dass mir diese reizvolle Kochstelle bei meinen Fotos nun fehlt, ich beim nächsten Mal nicht frage, sondern heimlich fotografiere ~ und das, obwohl es in den Reiseführern auch heißt, dass die Einheimischen bei freundlicher Nachfrage gerne ihre Zustimmung geben. Ding mit X, dank derjenigen, die zuvor ihre Dollar für solche Dienste eifrig verteilten. Dabei kann ich es ja sogar nachvollziehen, habe ich doch auch immer wieder dieses schlechte Gewissen des „fürchterlich reichen Touristen“, der mit seinem kleinen Beitrag den oft wirklich armen Einheimischen hilft. Scheiß Helfersyndrom.

Ich kann mich noch heute an das Gefühl erinnern, das ich hatte, als ich Anfang der 70er Jahre des vorigen jahrhunderts ~ als Gran Canaria und sein Maspalomas noch fast ein Geheimtipp war ~ auf einer Radtour in die Berge an einem abseits gelegenen Haus Kinder in ihrer ganzen Natürlichkeit fotografierte. Ihnen machte es Spaß, mir machte es Spaß und trotzdem hatte ich dieses schlechte Gewissen, dass mich beinahe verleitet hätte, ihnen ein paar Pesos in die kleinen Hände zu drücken.

Und wenn ich dann noch an eine Geschichte denke, die Klaus und Waltraud erlebten ~ die ja schon in den Anfängen des aufkeimenenden Tourismus und danach noch einige Male danach in Kambodscha und allen anderen asiatischen Ländern gewesen waren ~ dann kann ich daraus für mich nur schließen, diese kleinen Beträge eben nicht zu zahlen.

In dieser Geschichte ging es um so ein typisches, sehr niedlich und hübsch anzusehendes Mädchen, dass immer wieder als Fotomotiv für die Touristencharen herhielt und schnell spitz bekam, dass es dafür Dollarnoten regnete. Bald
„verdiente“dieses Kind mit seiner „Arbeit“als Kinder-Fotomodell mehr Geld, als der Dorfälteste, der Hauptpolizist und jeder andere im Dorf. Aber dann kam die Wende, als dieses Mädchen eines Tages nicht mehr so süß auszusehen begann und der Dollarregen Stück für Stück versiegte. Es muss ein ziemlich heftiger Absturz gewesen sein, den die beiden da verfolgen konnten. Und von diesem Kaliber hatten sie noch ein paar Geschichten auf Lager. Da kann man schon ins Grübeln kommen.

Tja, von meinem Straßendorf ging es dann ~ incl. meines Umweges am Airport vorbei ~ langsam wieder zurück Richtung Siem Reap. Wobei das gesamte letzte Stück dann völlig schattenlos war und ich dann doch sicherheitshalber noch auf mein neckisches Sonnenhütchen zurückgriff. Ein Sonnenbrand auf der Kopfhaut ist zwar prickelnd, aber leider prickelt er anders, als ich es mag.

Für den nächsten Tag hatte ich mir vorgenommen, mit einem der Jungs vom Guesthouse + Moped an den Lake zu fahren, um mich dann dort von einem Boot zu den
„Bamboo Skyscrapers“in Kompong Phhlukbringen zu lassen. Das sind Häuser die komplett aus Bambus gebaut und 6 oder 7 Stockwerke hoch sind. Das zu sehen, hätte mich schon gereizt. Aber auch hier hatte sich die Preisspirale seit Erscheinen meines LP bereits mächtig nach oben bewegt. Allein die Mopedfahrt kostete nicht mehr 5, sondern 10 Dollar, unter dem ging nix. Was die Bootsfahrt anging, konnte man mich mangels Preis-Angaben davor nur warnen. Lt. LP sollte sie ebenfalls 5 Dollar betragen. Man meinte, dass ein Ticket „so expensive“sei, dass sie sogar von der Fahrt abrieten. Ich wollte es aber trotzdem versuchen und mich vor Ort entscheiden, ob es mir einen evtl. überzogenen Preis wert war.

Und dann begann ~ kurz nachdem wir die gut ausgebaute NH6 nach Phnom Penh verlassen hatten, mein kleines Motocross Abenteuer, über eine Piste, die die seinerzeit in der Mongolei in der Gobi noch zu toppen vermochte. Zumal ich dieses Mal hinten auf einem Moped saß und nicht in einem Allrad Bus. Hier wurden sozusagen Jugendträume war, denn es ging über Buckelpisten, die kaum buckeliger sein konnten, über Schotterpisten, durch tiefe Furchen, durch losen Sand, durch wasserüberflutete Streckenabschnitte, halt alles, für das eigentlich eine Enduro angesagt gewesen wäre. Aber mein Fahrer und seine 125er meisterten diese Rallye Strecke bravourös ohne dass wir den Sand oder etwas härteres küssen mussten. Und plötzlich waren wir dann auch schon am Bootsanleger, an dem sicher 15 oder 20 der klassischen kambodschanichen Boote lagen. Die Preisverhandlungen konnten beginnen, wobei ich als Ausgangspunkt die im LP aufgeführten 5 Dollar ins Gespräch brachte. Ein müdes Lächeln und als Antwort 25, bekam ich vorgelegt. Worauf ich ihm genauso müde lächelnd klar machte, dass ich nicht sein Boot kaufen, sondern nur nach
Kompong Phhlukwolle.

Na ja, so ging es noch eine Weile weiter, aber als ich darauf bestand, maximal 10 Dollar bezahlen zu wollen, waren wir mit dem Thema durch, weil er diesen Preis nicht akzeptieren konnte / wollte. Und ich keinen höheren, da ich für 8 Dollar mit dem Slow Boat von Saigon nach Phnom Penh gefahren war und für einen nur geringfügig höheren Preis nach Battambang. Und das jedes Mal sogar incl. einer Busfahrt. Während hier ~ auf Grund des Monopols ~ für ein Stück, das wahrscheinlich sogar mit einem Paddelboot zurückzulegen gewesen wäre, stolze 25 und kaum weniger gefordert wurden. Also war meine Entscheidung klar, Verzicht auf Bambus Wolkenkratzer und zurück aufs Moped, um erneut auf die Spaßstrecke zu gehen. Nur jetzt in die entgegengesetzte Richtung.

Was für Siem Reap aber auch unbedingt erwähnenswert ist, das ist der Schweitzer Arzt Dr. Beat Richner. Dieser Mann lebt und arbeitet schon seit 15 Jahren in Kambodscha und ist verantwortlich für Klinikgründungen, in Siem Reap und Phnom Penh. In ihnen werden die Kinder der Armen und Ärmsten, die ansonsten keine Chance auf einen Behandlung hätten, incl. ihrer Mütter kostenlos aufgenommen und betreut. Er behandelte in diesen Jahren acht Millionen Kinder, von denen viele nicht mehr leben würden und hat es sogar geschafft, über Spendengelder den ersten Kern Spin zu installieren, mit dem einige Krankheiten der Kinder überhaupt erst wirkungsvoll begleitet werden konnten.

Dr. Richner ist aber auch Musiker, und zwar Cellist. Und so benutzt er den Slogan
„My wappon is my cello“ und gibt mit dieser Waffe zweimal in der Woche im Kinder Hospital von Siem Reap (s)ein kleines, aber feines Konzert, bei dem er über die Mißstände im Land aufklärt / informiert und um Unterstützung durch die Touristen bittet. Falls jemand also mal in dieser Stadt landet, nix wie hin. Allerdings mit einem zusätzlichen Kleidungsstück, wie einem Hemd o.ä. denn der Saal, in dem er spielt, ist gnadenlos runter gekühlt. Ich war dank einer Vorwarnung durch Tanja dann auch bestens gerüstet und hätte mit Sicherheit genauso gefröstelt, wie all diejenigen, die es nicht wussten. Er hat übrigens seine eigene Website, auf der man sich informieren und auch spenden kann: www.beatocello.com

Und nach all diesen Highlights war ich dann auch wieder bereit für die nächste Etappe, die ich erneut per Boot einläutete, das mich dann doch noch nach Battambang bringen sollte, wohin ich an und für sich ja nicht mehr wollte. Aber solche Umentscheidungen sind für mich nun mal problemlos möglich und damit einer der großen Vorteile meiner Reiseform. Jappadiduh.

 

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