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Phnom Penh

 

Etappe 25 ~ v. Mo. 28.01. bis So. 03.02. und v. Sa. 09. bis Mo. 11.02.2008

 

Die Internet Möglichkeiten sind weiterhin grottenschlecht ~ und das wird sich in Cambodia wohl auch nicht mehr ändern ~ so dass ich bis auf weiteres keine Fotos in meine Texte einbauen kann. In der Ladezeit könnte ich glatt einmal um den gesamten Block laufen und das, obwohl jedes der verkleinerten Fotos nur noch um die 20 / 30 KB hat. Leider kann ich diesen Vorgang nicht offline erledigen, was bei den Texten zwar möglich ist, aber auch dort ziemliche Ladezeiten erfordert. Sorry.

 

Phnom Penh erreichten wir mit einiger Verspätung erst gegen 20 Uhr. Einem Zeitpunkt, an dem wohl gerade alles in die Stadt fahren wollte oder schon war. Denn der Boulevard, auf dem wir uns bewegten, war ziemlich dicht ~ erinnerte an den „taffic jam“ von Saigon und Hanoi ~ und so kamen wir nur sehr langsam voran. Immerhin hatte sich der Busfahrer bereit erklärt, uns zu dem Hotel zu fahren, das Tanja aus ihrem Reiseführer rausgepickt hatte. Das „River View“, das tatsächlich auf den Fluss, den Tonle Sap oder Sap River blickte und direkt am Sisowath Quay, der Straße lag, die dem Fluss folgt. Natürlich entsprechend belebt und laut. Dennoch strömte alles, was wir von dieser Straße und dieser Stadt wahrnehmen konnten, einen Charme aus, der schon etwas magisches hatte. Diese Stadt besitzt ein Flair, ähnlich dem, das New Orleans vor der Flutkatastrophe ausmachte, soweit ich das aus Filmen zu beurteilen vermag. Nicht umsonst soll es die Stadt mit den schönsten Bauten aus der Kolonialzeit der Franzosen in Kambodscha sein. Und damit war ich mal wieder in einer Stadt gelandet, die mich mit den anderen zuvor, um die Wette anlachte. Es ist schon putzig, wie sich das von einer Stadt zur nächsten ändern kann.

Da das Hotel um die Zeit ~ es war mittlerweile 21 Uhr ~ ausgebucht war, ließen wir uns auf den Handel mit einem Tuk-Tuk Fahrer ein, der uns zu einem anderen
„very cheap hotel“ fahren wollte. Und das zu einem Preis, der in den nächsten Tagen unser ganzes Verhandlungsgeschick bestimmen und den Fahrern jedes Mal (scheinbar) die schiere Verzweiflung aufs Gesicht malte. Wir kamen immer wieder damit durch, wenn auch nicht jedes mal. Aber dann sind wir halt gelaufen, weil wir die von den Touristen angeheizte Preisspirale nicht unterstützen wollten. Außerdem machte es Spaß, die eigenen Grenzen und die der Fahrer ~ was das Handeln betraf ~ auszuloten.

Aber auch das war ausgebucht und ebenso das nächste. So dass wir ihn dann baten, uns zu einem nicht allzu teuren Hotel zu fahren, von dem er glaubte, dass es um diese Zeit noch freie Zimmer haben könnte. Wir wollten endlich unsere Klamotten loswerden, etwas essen und ankommen. Und das tat er dann auch erfolgreich. So dass wir dann in einem Hotel mit angeschlossenem Spielcasino ~ das wir allerdings weder zwecks Reisekasse-Aufbesserung, noch sonst betreten haben ~ für 15 Dollar unsere riesigen Einzelzimmer ohne Fenster, aber mit Bad, Fan an der Decke und incl. breakfast zu zahlen hatten, und die Schwiezer 25 für ihr Doppelzimmer. Durch die Abseitslage unserer Bleibe mussten wir dann allerdings erneut einen, bzw. zwei Tuk-Tuk Fahrer bemühen, um in die Stadt und zurück zukommen. Aber was tut man nicht alles für ein leckeres Fresschen in einer bezaubernden Atmosphäre.

Mit unserem ersten Tuk-Tuk Fahrer hatten wir abgemacht, dass er uns am anderen Morgen um 9 Uhr abholen und uns zu einem der vergeblich angesteuerten Guesthouses, dem Okay Guesthouse bringen sollte, das einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Er kam nur nicht, so dass wir neben einer neuen Bleibe auch ein anderes Handelsopfer brauchten. Und nun, am relativ frühen Morgen, gab es für uns auch Zimmer. Das Einzelzimmer für 5 und das Doppelzimmer für 7 Dollar. Ein ganz anderer Schnack. Allerdings hatten die Einzelzimmer ebenfalls kein Fenster, nur einen Ventilator, keinen Fan und im Bad kein warmes Wasser. Das war allerdings ~ wie meistens in den südlichen Ländern ~ nicht wirklich kalt, sondern auf Grund der Außentemperaturen leicht temperiert. Dennoch bin ich am Folgetag ebenfalls in ein 7 Dollar Zimmer mit Fenster und Fan und warmem Wasser im Bad umgezogen, da mein Zimmerchen so winzig war, dass ich mich kaum drehen und bewegen konnte und nur minimalen Platz für mein Gepäck hatte. Dafür war es so ruhig und dunkel, dass ich wie ein Murmeltier schlief und von keinem lauten Spätheimkehr oder Hup- oder Motor- oder sonstigen Geräuschen gestört wurde. Fast hätte ich unsere Verabredung zum gemeinsamen Frühstück verpennt.

Das erste Ziel, das wir uns gemeinsam nach dem Frühstück zu Gemüte führten, war dann der sogen. Central Market, der in einem riesigen Gebäude untergebracht war, das eine schuppenförmige Dachkonstruktion mit unzähligen Belüftungsschlitzen trug. Der Markt erstreckte sich natürlich auch außen herum, was den ganzen Komplex noch einmal vergrößerte und unübersichtlicher machte. Und oh Wunder, drinnen war es relativ kühl, ohne dass hier mit Klimaanlagen nachgeholfen wurde. Da hatte ich den Beweis für das, was ich bisher immer nur gelesen hatte, nämlich dass sich mit der richtigen Architektur auch kühlere Gebäude in heißen Gegenden verwirklichen lassen. Auch dieses Gebäude stammt noch aus der Franzosenzeit und wird dem Art Nouveaux zugerechnet, wobei es mir schwer fällt, dass zu erkennen. Mich erinnerte es eher an die Architektur des brutalen Betoneinsatzes. Aber nun denn. Hier bin ich einige Male gewesen, weil ich nach einem leichteren Hemd ausschauen wollte. Einem, das vielleicht besser zu diesen Temperaturen passte, als meine mitgenommen. Aber sooo einen großen Unterschied konnte ich beim Tragen dann doch nicht feststellen, bis auf den Preis. Da gab es immerhin einen Unterschied von mehreren hundert Prozent. Und so musste ich ein weiteres Mal feststellen, dass warm in diesen Ländern einfach warm ist und bleibt. Aber irgendwie genieße ich das ja auch und klappern gehört nun mal zum Handwerk. Oder? Außerdem geschah nach etlichen Tagen genau das, worauf ich spekulierte, nämlich dass sich mein Körper zu akklimatisieren begann. Und ab da war alles nur noch halb so wild.

Ansonsten haben wir uns an diesem ersten Tag nur dem Müßiggang überlassen, mit gaaaanz viel Trinken (Mango, Pineapple, Mixt Fruit Shake, Wasser und Ice Coffee with milk) plus Quatschen und sind immer mal wieder ein Stück durch die Straßen gelaufen ~ die hier alle nummeriert sind und nur bei wenigen großen Straßen zusätzlich einen Namen haben. Und natürlich auch immer wieder essen. Denn auch wenn die kambodschanische Küche (noch) nicht sehr bekannt ist, braucht sie sich absolut nicht hinter den anderen asiatischen Küchen zu verstecken. Und so hat Khmer Food einen ziemlichen Stellenwert für mich bekommen. Wie auch etwas, was ich und die drei anderen bisher noch nicht probiert hatten, den Saft von frisch ausgepressten Zuckerrohrstengeln, und zwar mit Eis. Hatte ich bisher geglaubt, dass das Zeug zuckersüß, ja quietschsüß schmecken müsste, lernte(n) ich / wir nun ein Getränk kennen, das nur leicht und angenehm süß schmeckte und regelrecht süchtig machen kann. Jedenfalls haben wir es immer wieder und immer wieder bestellt und saßen dann irgendwo am Straßenrand unter einem Sonnenschirm und schlabberten ein Glas. Der Saft wurde in Phnom Penh mittels einer Presse aus den Stengeln in mehreren Durchgängen in Handarbeit heraus gepresst und in einem Halbliterbierglas mit Eisbrocken serviert. Wir hätten uns reinsetzen können und bestellten gleich noch 'ne Lage. Dieses geniale Gesöff würde mich ~ wie der
„coffee with sweet milk“ weiter begleiten, jedenfalls so lange es möglich sein würde. Diese Presse erinnerte mich stark an die früher bei meiner Großmutter mal gebräuchliche Wäschepresse, nur dass diese hier etwas zierlicher und verchromt waren. Später in Battambang hatten sie dann motorbetriebene Pressen, die laut waren, nach Abgasen stanken und weit weniger Charme besaßen. Außerdem gab es dort nur Zuckerrohrsaft-to-go in Plastikbechern und mit Hinsetzen war och nischt. Völlig unromantisch also.

Was mich in Phnom Penh und Kambodscha aber faszinierte, war und ist, dass ich hier die Erfahrung machte, dass mich die Tempel, der Kaiser Palast, Klöster und andere typische Gebäude regelrecht faszinierten. Im Gegensatz zu den vorherigen Ländern kann ich kaum genug davon bekommen. Auch wenn ich immer noch nicht wissen muss, aus welchem Jahrhundert sie stammen und was es sonst noch an Daten darüber gibt.

Was ist anders an diesen Gebäuden hier in Kambodscha? Ist es die Architektur, die Figuren, die Farben? Diese Gebäude, einfach alles, fühlt sich für mich anders an. Es mag mit daran liegen, dass sie gut in Schuss gehalten sind und werden, obwohl ich das nicht wirklich glaube, Es könnte ja auch sein, dass ich in einer früheren Inkarnation schon mal hier gelebt habe und mich an die damalige Zeit in angenehmer Weise erinnere und an den anderen Stellen eben nicht ~ Reinkarnationsskeptiker bitte diesen Part überspringen ~ aber egal was es ist, es ist so, und so komme ich mir in diesem Punkt nicht mehr so ganz als Außenseiter vor.

Der Palast war so etwas von geil, auch wenn er Touristenscharen zu verdauen hatte und nicht in allen Bereichen zugänglich war. Na ja, auch ein Herr König braucht nun mal eine gewisse Privatsphäre und sei es den größten Teil des riesigen Geländes. Am liebsten wäre ich zu einem anderen Zeitpunkt, z.B. ganz früh morgens, noch einmal da durch gelaufen, was ich aber dann doch nicht getan habe. Wobei Tanja auf Grund der geltenden Kleiderordnung beinahe nicht hinein gedurft hätte. Sie hatte nämlich nur ein ärmelloses Top an, das die Schultern zeigte, und nackte Schultern ~ auch Männer in so einem Teil, Muscel Shirt auf Neudeutsch, fielen unter diese Bestimmung ~ sind hier nicht erwünscht. Aber dank eines Poloshirts, das Markus sich wenig vorher gekauft hatte, ging es dann doch. Ein Schal, den sie vorher zur Bedeckung ihrer Blöße umgelegt hatte, reichte nämlich noch nicht aus.

Aber auch ich hatte die Befürchtung, zurückgewiesen zu werden. Hatte ich doch an diesem Tag zum ersten Mal die Zip-Möglichkeit meiner Hose ausgenutzt und trug somit eine kurze Hose, die an und für sich auch auf dem Index stand. Allerdings ging meine ein paar Zentimeter übers Knie und somit war ich dann doch nicht underdressed. Tja, was so richtige Sexy-Knie sind, die können schon was aus- oder auch anrichten. Gelle? Vor allem, wenn sie dann vollbehaart daherkommen, was einen anständigen Kambodschaner, bzw. eher den weibliche Teil der Bevölkerung, immer wieder zu mehr oder weniger offensichtlicher Belustigung hinreißt. Vor allem, wenn sie in einer Gruppe zusammenhocken. Eine von ihnen registriert diese westlichen Beine, macht die anderen auf diese Sehenswürdigkeit aufmerksam, sie schauen sich an und prusten hemmungslos los. Bei passender Gelegenheit, z.B. auf einer Bootsfahrt o.ä. ~ wenn das Eis schon mal etwas gebrochen ist ~ wird auch schon mal hingelangt und an den Haaren gezupft. So ein behaartes Männerbein ist wohl zu ungewohnt. Aber so kann man halt mit kleinen Sachen, auch hier anderen eine Freude machen.

Eine Freude ~ zumindest teilweise ~ war es aber auch, als Tanja und ich uns den
„seeing hands“ anvertrauten. Das ist eine Organisation, in denen Blinde massieren und in der ~ soweit es möglich ist ~ außer Blinden, auch andere Behinderte arbeiten. Also nichts anrüchiges, bei dem es u.U. dann ab einem gewissen Punkt in einer völlig anderen Richtung weiter gehen soll.

Wir ließen uns von einem Tuk-Tuk Fahrer zu so einer Adresse bringen, um nicht schon völlig verschwitzt dort anzukommen. Leider waren sie an der ersten Anlaufstelle in dem Moment schon für die nächsten zwei Stunden ausgebucht. Aber Gott sei Dank gibt es in einer Stadt wie Phnom Penh nicht nur eine Station dieser Organisation und unser Fahrer brachte uns dann auch gleich zur nächsten. Und hier hatte man schon auf uns gewartet, denn wir waren gleich an der Reihe. Und die Informationen stimmten tatsächlich, wir sahen keinen Mitarbeiter, der nicht in irgendeiner Form sein Handycup hatte.

Wir bekamen eine himmelblaue weitgeschnittene sehr angenehm zu tragende Kluft in die Hand gedrückt und wurden aufgefordert, unsere Klamotten aus und diese anzuziehen. Und dann ging's ab auf die Liege und schon legten unsere blinden Engel los und hörten erst nach einer Stunde wieder auf. Aber frag nicht nach Sonnenschein. Wir hätten uns also auf Grund der Kleiderordnung hier über eine mögliche Verschwitzung keine Gedanken zu machen brauchen. Und so war es meine erste Massage, die ich angezogen, ohne Massageöl usw. bekommen habe. Ein völlig neues Massagegefühl. Und da ich ja nun auf Grund meiner Massageausbildung ein wenig Hintergrundwissen habe, kam mir natürlich vieles bekannt vor, und ich konnte zumindest ein wenig beurteilen, was da abging. Nicht schlecht Herr Specht, auch wenn ich manchmal am liebsten von der Liege gehüpft wäre. Aber so ist das nun mal mit unseren Verspannungen, mit denen wir uns im normalen Alltag irgendwie arrangiert haben, in so einer Situation werden sie einem gnadenlos bewusst gemacht.

So, wie mir in einer anderen Stelle ebenfalls (wieder) bewusst wurde, dass ich nicht immer und in jeder Situation ruhig, gelassen und cool bleibe, sondern auch hochgehen kann, wie 'ne Rakete. Was zwar nur höchst selten passiert, aber von Zeit zu Zeit durchaus mal fällig ist. Ich wollte einen Stadtplan kaufen, da es mir einfach nicht gelingen wollte, irgendwo einen dieser kostenlosen, kleinen und praktischen zu ergattern, wie ich sie bei anderen gesehen hatte und marschierte dazu in eine Buchhandlung. Dort sollte das Teil 3 Dollar kosten, die ich in dem Moment aber (noch) nicht ausgeben wollte. Ich also wieder raus und traf dann an der Hauptflanierstrasse am Fluss auf eine Behinderte im Rollstuhl, die ich schon häufiger gesehen hatte. Sie trug wie immer ihr Schild
„I am not a begger, I am working“. Und diese Frau fragte ich dann nach dem Plan, den sie auch ruckzuk besorgte. Aber dann kam der Hammer, nämlich der Preis. 10 Dollar!!! Und da bin ich schlicht und ergreifend geplatzt, habe sie zwar nicht angeschrien, aber ihr doch weitaus lautstärker, als es meine Art ist, klargemacht, dass sie mich nicht bescheißen soll, nur weil ich ein Ausländer sei. Dann ging das übliche Spielchen los, erst 8 dann 6 Dollar, tiefer ging ihr Angebot nicht. Ich habe ihr dann immer noch ziemlich angefasst klargemacht, dass sie verschwinden soll, und dass ich bei jemandem, der mich zu betuppen versucht, bestimmt nichts mehr kaufen werde, da der Plan in jedem Laden für 3 Dollar zu haben sei und habe sie stehen lassen, um in das Lokal zurückzukehren, in dem ich etwas essen wollte. Dort sprach mich eine Zeit später ein junges Mädchen an, das ~ wie die Rollstuhlfahrerin und viele andere ~ gefakte Bücher zu verkaufen versuchte. Keine Ahnung, ob sie den Vorgang mitbekommen hatte, aber sie hatte den gleichen Stadtplan im Korb, der bei ihr nur 3 Dollar kosten sollte. Da ich immer noch geladen war, blaffte ich sie an, „only two“. Was das übliche Gezeter auslöst, „to less, 2,5 USD“ usw. und schließlich, da ich in meinem Brast nicht nachgab, einigten wir uns auf "two". Und dann hatte ich meinen Plan, konnte mich darüber aber nicht freuen, weil es ja nicht das war, was ich wollte, unbedingt etwas unter dem Ladenpreis zu bekommen. Und richtig, als wir das Geschäft abgewickelt hatten, fragte sie dann auch noch einmal nach, ob ich ihr nicht doch noch den halben Dollar geben könnte. Und ich habe ihr den ganzen gegeben. Womit sich dann auch die angesammelte Wut auflöste, und wir beide uns angrienten, wie zwei alte Kumpels. Aber das Schönste kam am nächsten Tag, als mich wieder so eine junge Buchveräuferin ansprach, aber einfach nur sagte: „You bouhgt the map yesterday“. Worauf ich ziemlich erstaunt aus der Wäsche kuckte, denn ich hätte sie nie im Leben wieder erkannt. Aber seitdem haben wir dann jeden Tag ein kleines Schwätzchen gehalten. Auch das war wieder eines dieser kleinen Erlebnisse, die ich immer mal wieder ~ wie schon früher ~ unter „Meine kleinen Glücksmomente“ verbuchen konnte.

Diese Buchverkäufer und Verkäuferinnen waren in dieser Stadt eh anders, als in den vorherigen Städten. Dort waren es ausschließlich junge Erwachsene. Hier in Phnom Penh waren es bis auf wenige Ausnahmen, wie die Rollstuhlfahrerin, Kinder ~ die reinsten Zwerge noch ~ und Heranwachsende bis max. 12 oder 13, die da unermüdlich mit ihren Körben von einem Touri zum anderen liefen. Und das vom frühen Morgen, bis zum späten Abend. Und damit meine ich, dass ich sie teilweise auch noch nach 22 Uhr gesehen habe. Sie versuchten aber nicht nur Bücher an den Mann oder die Frau zu bringen, sondern lackierten als Mädchen bei Bedarf Nägel oder färbten mit wilden Sprühfarben Haarsträhnen. Und dafür hatten sie noch eine Extra-Box mit allen Utensilien dabei. Als Markus sich einmal die Schweizer Flagge auf den Nagel des kleinen Fingers malen lassen wollte, scheiterte es dann daran, dass keines der Mädchen einen leuchtend roten Nagellack hatte. Es gab nur die modischen Farben in ihrem Fundus. Was die Preisverhandlung dann nicht zu einem erfolgreichen Ende brachte.

Was aber dennoch bei diesen Kindern ~ bei all ihrer sicher nicht leichten Arbeit ~ zu beobachten war, dass sie ihre Kindlichkeit behalten hatten. Sie waren noch nicht die kleinen ernsten Erwachsenen geworden, die ich zuvor schon so häufig gesehen hatte. Es gab sie in allen Ausführungen, bescheiden und zurückhaltend, witzig, Pippi-Langstrumpf-haft frech ohne zu überziehen, kreativ, lustig, guter Dinge, trotz aller Absagen. Sie waren bewundernswert, und wir hätten ihnen am liebsten alle ihre Dinge abgekauft.

Allerdings fragte ich mich später ~ als ich von Sihanoukville zurück nach Phnom Penh kam ~ ob diese Kinderscharen nicht doch einer Organisation angehörten, denn die vielen, langsam vertraut gewordenen Gesichter gab es nicht mehr, selbst die Behinderte im Rollstuhl habe ich nicht mehr gesehen. Dafür aber eine komplett neue Mannschaft von kleinen und kleinsten Verkäufern. Genauso gestrickt wie die anderen zuvor. Es gibt wohl nur die eine Erklärung, dass sie im
„revolving“ Verfahren von Stadt zu Stadt gebracht werden. Jedenfalls ist mir keine andere eingefallen.

Aber bei einem konnten uns auch die älteren wandelnden Buchläden nicht helfen, nämlich bei der Besorgung eines kambodschanischen Playboys. Tanja hatte einem ihrer Freunde versprochen, nach so einem Heft Ausschau zu halten, möglichst in der Schrift des Landes und es als Souvenir mitzubringen. Aber derartige Schmuddellektüre gab es nicht in diesem Land, in dem Schulterfreiheit schon ein Problem sein kann. Auch nicht hinter vorgehaltener Hand oder „under the counter“. Unsere Frage ~ selbst auf dem Russen- und Nightmarket ~ führte nur immer wieder zu Lachnummern und jeder, den wir ansprachen, erzählte es gleich weiter. Aber sie wussten alle, von was die Rede war, auch die Frauen. Na ja, es liefen ja auch genug T-Shirts, Hosen usw. mit dem „Playboy Häschen“ durch die Stadt.

Und dann war die gemeinsame Zeit auch schon wieder vorbei. Die Schweizer zogen als erste weiter nach Battambang und Tanja am Tag drauf nach Siem Reap / Angkor. Und ich wiederum einen Tag später nach Sihanoukville, in den Süden Kambodschas an den Golf von Thailand. Ich hatte mir überlegt, dass es Blödsinn wäre, erst nach Norden, also nach Angkor Wat zu gehen, dann nach Süden, um anschließend wieder nach Norden, in Richtung Laos zu fahren. Außerdem wollte ich mal ein paar Tage ~ nein, nicht ausspannen ~ sondern abhängen, nur am Strand faulenzen, Chinese New Year dort erleben und auf diese Weise überstehen. Und dann wieder den Bus zurück nach Phnom Penh zu nehmen, um viiiiielleicht Tanja dort auf ihrem Weg gen. Süden noch einmal zu treffen. Tja, sie wäre durchaus der Mensch und auch die Frau, mit der ich liebend gerne weiter durch die Weltgeschichte gegondelt wäre, um sie gemeinsam zu erkunden, aber auch uns. Und wie heißt es in dem geflügelten Satz doch so schön, man solle
„Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.“ Dann wäre alles okay. Jeder kennt ihn und hat sicher auch immer wieder die Diskrepanzen erlebt, die dieser Satz nun mal mit sich bringen kann. Und so war es auch bei uns. Der Ort hätte stimmen können, aber die Zeit nicht. Kismet, oder wie auch immer.

Na ja, auf jeden Fall stimmte der Ort und das Land, denn gab es diese erneute Begegnung in Phnom Penh. Und zwar schon wenige Minuten nach unserer beider Eintreffen in unserem alten Okay Guesthouse. Ob das diese Stadt wohl noch um einige weitere Punkte auf meiner Beliebtheits-Skala nach oben schraubte? Aber um allen Spekulationen zuvor zu kommen ~ ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen ~ unsere Begegnung, insbes. unser erneutes Treffen, lief nicht auf der Ebene ab, die der ein oder andere jetzt in seinen Vorstellungen haben mag, obwohl es sicher das I-Tüpfelchen hätte sein können. Es war
"nur" die Begegnung eines Mannes mit einer Frau, die Begegnung einer Frau mit einem Mann, die aufzeigte, was möglich hätte sein könnte, wenn ...

Alles klar?

Tja, und dann fuhr sie am nächsten Morgen in die Richtung, aus der ich gerade gekommen war, und ich am Tag darauf in den Ort, den sie schon hinter sich hatte. Verdrehte Welt. Und von Sihanuokville wird es für sie dann erst einmal wieder Richtung Heimat gehen ~ wo wahrscheinlich die nächsten Babys schon in der Warteschleife hängen ~ während ich mir erst noch überlegen muss, ob Thailand oder Laos mein nächstes Date auf der Länderliste nach Kambodscha sein soll.

Ciao Bella.

 

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