Oudomxai & mehr
Nong Kwai, Luang Prabang
Etappe 32 ~ von Di. 18.03. bis Fr. 28.03.2008
Morgens hieß es wieder einmal etwas früher aus den Federn zu krabbeln und um 7 Uhr am Zuela Restaurant zu sein, bis halb acht
gemütlich zu frühstücken und dann zwischen halb acht und acht zum Busbahnhof zu fahren ~ hatte man mir gesagt ~ denn um 08:15 Uhr sollte der Bus nach Oudomxai (Muang Xai, wie es auch heißt)
starten. Von meiner Seite kein Problem, aber ich hatte mal wieder die etwas andere Mentalität unterschätzt, denn um acht Uhr tat sich noch lange nichts, und ich begann kribbelig zu werden. Meinen
Pünktlichkeitsfimmel hatte ich auch nach so langer Zeit noch nicht komplett ablegen können. Meistens klappte es schon ganz gut, dann aber mal auch wieder nicht. So wie heute. Ich wurde zappeliger
und zappeliger und musste schließlich nachfragen. Es ginge gleich los, ich solle doch schon mal mein Gepäck zum Minibus schaffen, hieß es. Und damit konnte ich doch zumindest schon mal etwas tun
und wurde wieder ruhiger. Was mich immer so unruhig macht in solchen Situationen, ist das Gefühl des Ausgeliefert-zu-seins, des Nichts-tun-zu-Könnens. Was konnte schließlich passieren, außer dass
mein Bus weg war? Um 11 Uhr fuhr der nächste.
Aber „mein Bus“ fuhr noch lange nicht ab, als wir dann um 08:30 am Busbahnhof ankamen. Denn bis alles geregelt war, was so im Background eines Busbahnhofes
geregelt werden will, und alle Fahrgäste ihre Tickets hatten ~ bzw. erst einmal eintrudelten ~ war es kurz vor neun Uhr. Und als der Bus sich dann endlich in Bewegung setzte, war es Punkt Neun.
Shit, wozu also die ganze Aufregung?
Durch unsere Verspätung lernte ich nun in Laos schon wieder etwas Neues kennen, nämlich was es heißt, sein Ticket erst auf den letzten Drücker zu kaufen und dann
keinen „normalen“ Sitzplatz im überfüllten local Bus mehr zu bekommen. Gesehen hatte ich das ja seit China schon oft genug, nur selber hatte ich noch nicht
das Vergnügen gehabt, mit anderen stundenlang zusammen im Gang auf einem dieser Nothöckerchen im Kinderformat zu hocken, noch gnadenloser jedem Geschuckel und Schlagloch ausgeliefert zu sein, auf
einer Straße, die immer wieder streckenweise einfach nicht mehr vorhanden war. Aber wenigstens bekam ich noch einen dieser Hocker, wobei meiner bereits der vorletzte war, der noch zur Verfügung
stand. Der Rest Passagiere musste die Fahrt stehend überstehen, sich so gut es ging irgendwo festklammernd. Gott sei Dank war es aber nicht dieser absolute Minihocker aus Kunststoff, sondern ein
breiter runder Hocker aus Ratangeflecht, auf dem sich recht gut sitzen ließ. Auf dem letzten Hocker nahm eine (weiße) Südafrikanerin mit hellblonden Haaren Platz, die schon neben mir im Minibus
gehockt hatte. Sie trug ihre Haare zu Zöpfen geflochten und war ein quirliges, im Prinzip alleinreisendes Geschöpf, das seit über einem Jahr in Thailand gelebt hatte, Thai sprach und damit in
Laos gute Chancen hatte, da sich beide Sprachen sehr ähneln. Bevor sie nun nach Southafrica zurückflog, travellte sie noch eine Weile durch Asien. Und so zog sie schon eine Weile
mutterseelenallein ~ wenn sich niemand fand der mitkam ~ in jedes erreichbare Minoritätendorf, um dort für ein paar Tage mit den Einheimischen zu leben. Es hätte sicher Spaß gemacht, so etwas,
wegen ihrer Sprachkenntnisse mit ihr zusammen für ein paar Tage zu machen ~ ähnlich damals in China mit Kevin, dem Chinesen ~ aber ich hatte das Gefühl, erst einmal in Oudomxai bleiben zu sollen
und nicht gleich weiter zu fahren. Mir ging es nicht gaaaaanz so gut und wollte wissen, was ich da ausbrütete und nicht irgendwo im Nirgendwo Hilfe benötigen müssen, die nur schwierig zu bekommen
gewesen wäre. Und so war ich erst einmal froh, als wir dann endlich in einer Stadt ankamen, die sich in nichts von den vorherigen zu unterscheiden schien ~ genauso staubig, genauso heiß und
stickig und genau so dunstig ~ nur dass sie etwas größer war. Und, wie ich relativ schnell bemerken sollte, zumindest hin und wieder von Menschen der freundlicheren Art durchsetzt war. Ein
Lichtblick??? Ein Lichtblick, der sich in Nong Kwai, meinem nächsten Zielort noch vergrößern sollte.
Aber vorher musste ich noch durch das, was ich mir da mitgebracht hatte ~ eine Erkältung, mit 38,8 Fieber ~ ich glaube, Temperatur ist das bereits nicht mehr ~ und einem Schwächegefühl, das mich
kaum die Treppen runter und wieder rauf kommen ließ, geschweige denn mehr als ein paar Schritte zur nächsten Futterkrippe tun zu lassen. Wenn ich mir vorstelle, dass ich in diesem Zustand in Nong
Kwai oder noch weiter nördlich oder östlich zu tun bekommen hätte ~ dort wo es nichts mehr von dem gab, was ich benötigte ~ neeeee, das hätte mir überhaupt nicht gefallen. Hier in Oudomxai hatte
ich mir immerhin ein Guesthouse mit etwas mehr Komfort suchen können und sogar eine chinesische Apotheke entdeckt, in der ich doch glatt die Medizin bekam, die mir damals Lin, die Chinesin mit
dem deutschen Pass in Jinan geschenkt hatte. Sie hatte damals gute Dienste geleistet und half auch dieses Mal wieder vorzüglich. Jedenfalls war ich nach dem einen heftigen Tag ~ den ich fast nur
schlafend im Bett verbrachte + meiner eigenen Zaubertricks ~ damit durch und konnte mich wieder mit dem nächsten Schritt befassen.
Und das waren nicht nur die gedanklichen Schritte, die mich weiter brachten, sondern auch die meiner Füße, die mich nun endlich am frühen Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, auf die beiden Hügel
bringen sollten, von denen eine schöne Aussicht auf den Ort und die Umgebung möglich war. Wobei sich auf einem der Hügel ein Tempel und ein Kloster befand, was mal wieder Treppensteigen
bedeutete. Etwas, das an meinem „day after“ schon wieder gut klappte, aber zuvor nicht möglich gewesen war. Nur leider machte mir dieser ewige Dunst erneut einen Strich durch die
Rechnung, die Berge und die Stadt lagen in diesem grauen Einheitsbrei und auch vom Sonnenaufgang war allenfalls etwas zu ahnen. Na ja, wenigstens zeigten mir diese Besteigungen, dass ich wieder
fit war.
Und an dem Tag erfuhr ich auch, dass meine Information stimmte, nach der ich mit dem Slow Boat auf dem Nam Ou von Nong Kiaw nach Luang Prabang gelangen konnte. Das war doch schon die halbe Miete,
gelle? Leider konnte ich hier in Oudomxai ansonsten nicht viel machen, da es keinen Moped Verleih gab ~ ich hätte zu gerne schon mal die Strecke ein wenig erkundet ~ der Strom andauernd für
Stunden ausfiel, und es somit Null Internet gab. Dieser Stromausfall war teilweise recht romantisch, da sich dann abends fast alles nur bei Kerzenlicht abspielte, außer an den wenigen Stellen, an
denen es Notstrom Aggregate gab.
An meinem letzten Abend bin ich bei einem dieser romantischen Ausfälle dann mal losmarschiert, weil ich Hunger hatte und fand am Straßenrand eine Frau mit ihrem Wägelchen, auf dem sie zwei mit
Gas betrieben Crêpes Platten mit dem erforderlichen Zubehör stehen hatte. Die Beleuchtung bestand aus dem Licht, das ein Windlicht hergab, das sie in ihren immer noch aufgespannten Sonnenschirm
gehängt hatte und dem spärlichen Licht der beiden Gasflammen. Aber ihre Crêpes schmeckten alles andere als unterbelichtet, und so probierte ich zuerst die süße Variante, dann die mit Chilli und
anderen Gewürzen und dann noch mal die süße. Und dann war ich pappsatt. Was mir bisher mit dieser Art Nahrungsmittel ~ oder sollte ich eher von Genussmitteln reden? ~ auch noch nicht gelungen
war. Aber damit war mein Bedarf dann auch erst einmal wieder für 'ne Weile gedeckt. Obwohl, um eine Abart der dünnen Crêpes, die normalen „Pancakes with Pineaple, Mixed Fruit or Banana“ + dem dünnflüssigen, aber sehr leckeren Honig, konnte ich oft genug keinen Bogen machen. Das Zeug schmeckte einfach himmlisch. Und das sagt einer, der in Deutschland von
Honig wenig bis gar nichts hält. Irgendwie müssen die Bienen hier ~ und überhaupt in südlichen Ländern ~ anderen Honig produzieren als bei uns, die Blüten anderen Nektar produzieren oder die
Imker ihr Handwerk anders ausüben, jedenfalls hatte ich diesen Eindruck auch schon in anderen südlichen Gefilden.
Aber Honig & Crêpes hin und her, ich wollte weiter und machte mich dann am anderen Morgen auf den Weg zum Busbahnhof, an dem es in meine Richtung allerdings nur einen Minibus gab, der die
ganze Truppe dann über eine Straße nach Nong Kiaw brachte, die oft einfach nicht mehr da war. Das hieß dann, dass es für 30 oder mehr Meter keinen Straßenbelag mehr gab, sondern nur Lehmboden, in
dem sich Schlagloch an Schlagloch reihte, kombiniert mit Gesteinsbrocken. Oder umgestürzte Bäume, die immer mal wieder zu einem Slalom einluden. Aber so wurde verständlich, warum für die relativ
kurze Strecke vier Stunden Fahrzeit angesetzt war und auch benötigt wurde. Mit dem Moped hätte es sicher einigen Spaß gemacht, hier lang zu fahren. Vielleicht aber auch nicht, da es ja keine
Maschinen fürs Gelände waren.
Da wir ja in die Berge fuhren, stieg die Straße ständig an, was als erfreuliche Konsequenz hatte, dass wir bereits nach einer kurzen Weile über dem Dunst waren, und ich somit endlich mal einen
Blick auf ein Panorama bekam, dass sich sehen lassen konnte. Wilde, an vielen Stellen scheinbar noch unberührte Natur mit einem Pflanzenwuchs, der so üppig war, dass man ohne Machete o.ä. kaum
von der Straße hätte abweichen können. Was für unsereins sicher auch kaum anzuraten gewesen wäre. Sah ich doch auf dieser Strecke meine erste Schlange, wie ich sie so groß in freier Natur noch
nicht gesehen hatte.
Das Teil mag 3 Meter oder länger gewesen sein ~ so richtig schätzen lässt sich das ja bei der geschlängelten Form einer Schlange nicht ~ war unterarmdick und schwarzdunkelgrün gefärbt, wobei ihre
Schuppen bei jeder Bewegung in der Sonne kleine Lichtblitze erzeugten. Außerdem hatte sie einen Zacken drauf, bei dem ich mich fragte, wer wohl schneller wäre, sie oder ich. Und dabei sie kam
völlig anders daher, als ich es von Schlangen kannte. So, wie ich es bisher gesehen hatte, befand sich der Kopf einer kriechenden Schlange auf dem Boden, wie auch ihr gesamte Körper. Bei dieser
war es anders. Sie hatte sich ca. 40 cm hoch aufgerichtet und ihre Kopf- und Nackenpartie waren gespreizt, wie bei einer angriffslustigen Kobra. Allerdings nicht so tellergroß. Aber vielleicht
war es ja eine Kobra Abart. Trotzdem sah das Ganze recht eindrucksvoll und vor allem gefährlich aus. Der Fahrer war jedenfalls nicht bereit, für ein Fotoshooting anzuhalten. Dabei wollte niemand
aussteigen, sondern nur aus dem Fenster fotografieren. Auszusteigen hätte sich von uns wohl eh niemand getraut.
Anders dahingegen die Leute eines Autos, das uns entgegenkam. Die sahen die Schlange, stoppten und fuhren rückwärts hinter ihr her. Wir konnten noch sehen, dass die Türen aufgerissen wurden und
zwei Männer die Verfolgung aufnahmen. Dann raubte uns eine Biegung leider die Sicht. Wahrscheinlich war die Schlange ~ wenn sie sie den fangen konnten ~ eine willkommen und vor allem kostenlose
Abwechslung auf ihrem Speiseplan.
Und dann fuhr unser Minibus auch schon in Nong Kiaw ein, einem Dörfchen, das wunderschön eingebettet in den Bergen lag. Hier gab es dann keine gepflasterte Straße mehr, sondern nur noch diese
rote Piste, die alles mit rotem Staub überlagerte. Und auch hier hatten sie vor fast jedem Haus die kleinen, in jedem Ort dazugehörenden Straßenläden, in denen alles verkauft wurde, was es zu
verkaufen gab. Es gab sogar ein „Cinema“ ~ jedenfalls stand es so auf einem Pappschild geschrieben ~ in dem, wie es weiter hieß, auf bequemen Sitzgelegenheiten und einem Breitwand
Bildschirm über 600 DVD's angeschaut werden konnten. Nur das Internet war bis hierher noch nicht vorgedrungen. Aber es gab immerhin etliche Gästehäuser und Restaurants, denn dieser kleine Ort war
so etwas wie eine Drehscheibe, von der man in alle vier Himmelsrichtungen weiterziehen konnte. So wie ich z.B. nach Süden.
Mein Guesthouse bestand aus einzelnen Bungalows, die auf Grund der Hitze in der typischen Leichtbauweise gebaut worden waren. Was bedeutete, dass die Wände nur aus dünnen Bambusgeflechtplatten
bestanden, die luft-, licht- und komplett schalldurchlässig waren. Wobei man zwar nicht durch dieses Geflecht hindurchschauen konnte, aber es sorgte innen am Tag doch für eine diffuse Helligkeit.
Und, das Bett hatte ein Moskitonetz und an jeden Bungalow hatte man ein gemauertes Bad angesetzt. Da kam für eine Nacht mal wieder so eine Art Camping-Platz-Feeling auf, zumal mich der frühe
Morgen dann auch schon um 4 Uhr bereits an den Geräuschen des beginnenden Tages teilnehmen ließ. Aber Dank Ohropax hielt ich es dann doch noch 'ne Weile länger unter meinem Moskitonetz aus.
Aber einige Zeit später hieß es dann, sich um ein Boot und ein Frühstück zu kümmern, was sich beides gut kombinieren ließ, da sich das Ticket Office am Bootsanleger befand und es dort einige
Restaurants direkt am Fluss gab. Zuerst wollte ich aber das Wichtigste geklärt haben, bevor ich mein Frühstück auf einer der Terrassen über dem Nam Ou verputzte. Fährt nun ein Boot, weil es
weitere Interessenten gab und wann würde es fahren? Denn bei meiner Anfrage am Abend zuvor hatten sich nur drei weitere Personen gemeldet und unter 10 Fahrgästen ging nichts. Aber noch waren es
nicht mehr geworden, und die Befürchtung wuchs, auch hier wieder den Bus nehmen zu müssen. Und so war dann erst was mümmeln und abwarten angesagt, allerdings nicht bei einer Tasse Tee, sondern
bei meiner Tasse „Laos Coffee with sweet
milk“.
Und dann kamen sie plötzlich aus ihren Löchern gekrochen, all diejenigen, die trotz des Lärms der frühen Stunde länger zu schlafen vermochten als ich. Und ruckzuck waren es mehr als 10, nämlich
13 oder 14 Fahrgäste. Was ~ wie sich herausstellen sollte ~ zu einer gewissen Enge auf dem kleinen Boot führte, die über die 8 Stunden, die die Fahrt dauern sollte, recht qualvoll wurde, zumal
als Sitzplatz nur jeweils ein ca. 20 cm breites Brett diente, das auf beiden Seiten der Bordwand in Kleinkindersitzhöhe montiert war. Und das mit einem Abstand, der es nicht erlaubte, seine Beine
mal auszustrecken. Es war halt alles auf die zierliche Größe der Einheimischen abgestimmt, wobei ich mir kaum vorstellen kann, dass es für diese bequemer sein konnte, da selbst sie ja nicht mehr
der Kleinkindergröße entsprachen.
Aber die Fahrt auf dem Fluss durch diese Landschaft entschädigte für vieles. Zumal diejenigen erzählten, die zuvor schon den Mekong von Huay Xai runter gefahren waren, dass die Fahrt bei weitem
nicht so reizvoll gewesen sei, wie diese hier auf dem Nam Ou. Das ging ja fast runter wie Öl, dass meine Entscheidung, nicht der Masse zu folgen ~ trotz aller Querelen ~ sich nun im Nachhinein
doch noch als gute Wahl herausstellte.
Als gute Wahl stellte sich auch Luang Prabang heraus. Ein quirliger Touristenort, in dem es von ihnen nur so wimmelte, und sich somit ganz auf sie eingestellt hatte. Was ja normalerweise nicht
mein Ding ist. Trotzdem gefiel es mir, hier wieder an Land gegangen zu sein, auch wenn mein Guesthouse der ersten Nacht ein Griff etwas daneben war. Aber was will man machen, wenn sich auf Grund
einer, sich um eine Stunde verspäteten Abfahrt, auch die Ankunftszeit nach hinten verschoben hatte und die infrage kommenden Unterkünfte schon ausgebucht waren? Allerdings brachte der nächste
Morgen auch erst einmal noch kein brauchbareres Ergebnis, denn die Preise waren ziemlich versaut. Unter 150.000 Kip (ca. 15 Euro) ging gar nichts und nach oben war auch bei 350.000 für ein
einfaches Zimmer mit Fan und eigenem Bad noch nicht Schluss. Sollte es Aircon sein, stiegen die Preise gleich noch einmal um ein Beträchtliches. Wobei 15 Euro für ein Zimmer mit Bad erst einmal
nicht teuer zu sein scheint ~ ist es ja für unsere Verhältnisse auch nicht ~ aber wenn ich dann an Hanoi denke, wo ich im interessantesten Teil der Stadt, der Altstadt, für ein ähnliches
Zimmer „nur“ 7 Euro bezahlt habe, dann stimmte das Verhältnis einfach nicht. Wie so oft in Laos. Auch dort bestimmte das Touristenangebot ~ wie die
gallopierende Schwindsucht ~ die Preise, aber in einer Form, die ich in keinem der anderen Länder erlebt habe. Und so waren die Angaben im Lonely Planet mal wieder schneller Makulatur, als
nachgedruckt werden konnte. Dabei war das Teil noch nicht einmal veraltet, sondern von 2007. Was ein boomender Tourismus nicht alles bewirkt.
Aber dennoch fand ich meine Bleibe zu einem mir genehmen Preis, wenn auch erst nach einigem Suchen und etwas vom Zentrum entfernt. Wobei für mich der zehnminütige Fußmarsch durchaus akzeptabel
war, denn so groß war die Stadt ja nun auch wieder nicht. Einmal bin ich im Randbereich sogar ganz drum herum gelaufen, weil sich der Weg auf dem Stadtplan recht interessant darstellte.
Was mich an dieser Stadt aber auch reizte, das war das Elefantencamp in der Nähe. Hier gab es u.a. das Angebot, den Elefantenführerschein ~ einer Mahout Ausbildung in Kurzform ~ zu machen, bei
der einem innerhalb von zwei Tagen die wichtigsten Regeln mit dem Umgang der Dickhäuter praxisnah vermittelt werden sollten. Dass das natürlich illusorisch war, war mir klar. Aber wer will
hinterher schon als Elefantenwärter bei Hagenbeck & Co anfangen? Ich nicht. Ich wollte einfach nur mal diese großen Tiere hautnah erleben. Und so buchte ich diese Tour, die eine Übernachtung
im Camp incl. Verpflegung enthielt. Und dann ging's am nächsten Morgen auch schon los.
Ein ganzer Minibus voller Neugieriger, wobei sich schon bald nach der Ankunft herausstellte, dass ich der einzige für den Kurs war, die anderen wollten nur mal einen Ausritt auf einem Elefanten
machen und hatten ansonsten Bamboo Boat Rafting und Kayaking gebucht. Also zuckelten wir als erstes gemeinsam mit mehreren Elefanten, auf deren Rücken sich zweisitzige Bänke befanden ~ wir hatten
also einen „Zweisitzer-Elefanten“
~ durch Wald und Fluss. Was insgesamt schon mal recht beeindruckend war. Wir kletterten von einem recht hohen Gestell, neben
dem der Elefant parkte, auf seinen Rücken, bzw. die Bank, die dann vorne eine Stange als Verschluss bekam, so dass niemand unfreiwillig und im Schnellgang wieder absteigen konnte. Wie auf der
Kirmes in bestimmten Karussells. Und das war auch nötig, denn zum einen ging es über Stock und Stein, und zum anderen hatten die Tiere einen derartig schaukelnden Gang, dass man hin und her
geworfen wurde und ohne diese Stange wäre so ein schneller Abstieg durchaus in den Bereich des Möglichen gerückt.
Aber nach diesem „Pflichtteil“
für alle, ging's dann für mich ans Eingemachte. Ich bekam meine eigene Mahout Kleidung ~ eine Hose und ein Hemd aus
dunkelblauem Stoff, der sich wie Leinen anfühlte und sehr angenehm trug ~ und meine erste Lektion in der Elefantensprache. Und die ging so:
sabaidee xang ~ hallo Elefant
la kone xang ~ tschüss Elefant
pai geh ~ vorwärts
how ~ stopp, halt
meplong ~ hinlegen
look ~ steh auf
pai sai ~ links
pai qua ~ rechts
thoy ~ geh rückwärts
ya ~ nein, nicht
chou dee lai ~ guuut, brav
Ob mich mein Elefant, besser meine Elefantin verstehen würde, wenn ich ihr diese Vokabeln in ihre großen Ohren schrie? Denn schreien war bei allen gleichermaßen angesagt, als wenn sie einen kollektiven Hörfehler hätten. Jedenfalls hörte ich die Mahouts immer nur in voller Lautstärke mit ihren Tieren kommunizieren. Leise Töne schienen keine Wirkung zu haben, wobei selbst die lauten manchmal keine hatten, denn Elefanten haben nicht nur eine dicke Haut, sondern auch einen dicken Kopf, ihren eigenen Dickkopf. Besonders dann, wenn seitlich im Gebüsch etwas besonders Leckeres nur darauf wartet, verspeist zu werden.
Aber bevor es losgehen konnte, mussten wir erst noch die Bank demontieren, wozu das
Kommando „meplong“ unabdingbar war. Andernfalls wäre eine Hebebühne oder
zumindest eine Leiter erforderlich gewesen. Aber selbst im liegenden Zustand befand sich diese Bank immer noch über Kopfhöhe, also irgendwo bei einsachtzig / einsneunzig. Und
wenn ich vor ihr stand ~ wenn meine Elefantin lag ~
befand ich mich genau auf Augenhöhe mit ihr und hatte das Gefühl, dass sie mich seziert und sich fragte, was dieser komische Vogel wohl von ihr will. Es war ein ganz seltsames und eindringliches
Gefühl, diesem Riesen-Weib in's Auge zu schauen. Frei nach dem Motto: Schau mir in die Augen, Kleines ...
Aber dennoch war es bald geschafft und nun musste ich nur noch da
hinauf. Wobei ein Elefant für solche Übungen ein ein- oder angebautes Trittbrett hat, nämlich sein dickes, leicht angewinkeltes Bein, das die zu bewältigende Gesamthöhe schon mal um gut 50 oder
60 cm reduziert. Und nun brauchte ich mich nur noch an das Bockspringen in der Turnhalle erinnern ~ wenn auch ohne Anlauf ~ und schon befand ich mich mit ein wenig Nachhilfe durch den Mahout ~
der natürlich schon lange oben saß ~ tatsächlich zum ersten mal im Beinah-Spagat auf dem gewaltigen Rücken „meines“ Elefanten und musste nun nur noch nach vorne rutschen, um die endgültige Position im Nacken, direkt hinter dem großen Kopf einzunehmen. Eine
schweißtreibende Angelegenheit, aber dann ging's ab
in den Dschungel und zum Abschluss in den Fluss zum gemeinsamen Bad. Danach brachten wir die Tiere in den Wald, weil sie ihre Nächte dort verbringen, um zu fressen und das zu tun, was Elefanten
sonst noch so tun. Und für mich ging es ins Camp, einem traumhaften Plätzchen ~ Honeymoon verdächtig. Schöne Bungalows direkt oberhalb des Flusses, einem Restaurant mit Klasse Essen, und auch
hier war ich an dem Tag der einzige Gast.
Die Elefantentour war wunderschön, aber auch anstrengend, denn anders
als auf einem Pferd oder Kamel, wurde ich hin und her geworfen und hatte kaum eine Chance das auszugleichen. Insbes. dann, wenn ich nicht auf der Bank, auf dem Rücken des Tieres saß, sondern wie
gesagt, direkt und ohne alles auf der warmen Haut im Nacken, hinter dem dicken Kopf ~ mit Haaren wie Drahtborsten ~ die Beine hinter die große Ohren geklemmt, mit beiden Händen auf den
Kopfhöckern abgestützt. Ich habe jeden Knochen gespürt, meine und die des Tieres. Intensiver konnte der Kontakt kaum sein.
Na ja, „tubing“
war zusammen mit meinem Guide nach „Feierabend“ auch noch drin. Dabei lässt man sich relaxt in einem Traktorschlauch liegend, den Fluss runtertreiben, nachdem wir zuvor mit einem Boot ein Stück aufwärts gebracht worden waren.
Erinnerungen an meine Kindheit steigen auf. Einer Zeit, in der es noch möglich war, mit Schläuchen aus KFZ Reifen in den Steinkuhlen der Umgebung baden zu gehen. Und am nächsten Tag, nach dem wir
die Elefanten aus ihrem Dschungel geholt hatten, und zum Camp zurück geritten waren, gab's Frühstück und dann sind wir ~ statt mit dem Auto ~ mit einem Kajak zurück in die Stadt gefahren. Alles
in allem 2 schöne Tage, nach denen ich dann auch weiter wollte, nach Vientiane, der Hauptstadt von Laos. Und das hieß mal wieder ~ da es in Laos keine nennenswerte Zugverbindung gibt ~ mich
stundenlang in einen Bus zu setzen, in einen VIP Bus, genauer gesagt, also das richtige Vehikel für mich, gelle?
Fotos