Vom Sa. 26.01. bis Mo. 28.01.2008
Na ja, irgendwie hatte ich mir diese Tour ~ zumindest anfangs ~ etwas anders vorgestellt. Vielleicht ähnlich der Bootsfahrt
auf dem Yangtse. Nur das war es erst einmal nicht, denn wir haben am ersten Tag stundenrund nur im Bus gehockt und sind die andere Zeit mit unterschiedlichen Schiffchen und Bötchen ~ bis hin zum
Ruderboot ~ zu irgendwelchen touristischen Attraktionen geschippert, an denen natürlich genau das passiert, was dort immer passiert. Es wird einem das ein oder andere zu verkaufen versucht ~ halt
Butterfahrt auf vietnamesisch. Teilweise waren diese Sehenswürdigkeiten ja auch ganz interessant, als da waren, der schwimmende Markt, eine Fisch- und eine Krokodilfarm, die Cham, eine Minorität,
Reisnudelherstellung, chinesische Musikanten und Sängerinnen, sowie den einen oder anderen Tempel. In einem Fall war es sogar lecker und denke dabei an das „Coco-Candy“, das aus karamellisierter Kokusmilch besteht. Aber für mich hätte es gereicht, wenn wir gemütlich mit einem Dampfer in Richtung Phnom Penh
getuckert wären, statt bei diesem Wetter, affenheiß und schwül, irgendetwas anzuschauen. Na ja, ich hab' das Beste d'raus gemacht und mir überall jeden erdenklichen Luftzug gesucht, um meine
Aggregate ein wenig zu kühlen. Es braucht halt noch etwas, um mich an dieses Klima zu gewöhnen. Und so konnte ich immer nur (fast) ein wenig neidisch auf die Einheimischen schauen, denen das
Klima anscheinend nichts auszumachen schien. Na ja, wohl kein Wunder. Aber das Hinfahren zu diesen Orten und Plätzen, durch schmale Seitenarme oder Kanäle, war schon beeindruckend. Es brachte das
Dschungelfeeling ins Spiel, bei dem wir in kleine Boote umsteigen mussten, um dort überhaupt durchfahren zu können. Und die Vegetation links und rechts sah halt genauso aus, wie ich sie aus
entsprechenden Filmen oder Berichten kannte. Irgendwie faszinierend.
Auch dieser riesige schwimmende Markt hatte was, während mich die Fischfarmen in ihrer stupiden Aneinanderreihung der Hausbootblöcke mit ihren Fischnetzen nicht vom Hocker hauten. Zumal ich so
etwas in deutlich romantischerer Form bereits in der Halong Bucht in Vietnam gesehen hatte. Das hier erinnerte mich eher an unsere Hühnerfarmen. Nur dass hier weit über hunderttausend Fische in
jedem der Netze in ihren paar zur Verfügung stehenden Kubikzentimetern Wasser zappelten, die sich wie Pirranhas auf jeden Krümel Futter stürzten, der ins Wasser geworfen wurde. Der
Konkurrenzdruck ist hier wohl immens und die Investitionen sind riesig, zumal jede Farm in einem bestimmten Rhythmus alle paar Jahre komplett abgebaut und an anderer Stelle wieder aufgebaut
werden muss, weil der Grund des Flusses Regenerationszeit benötigt.
Dahingegen hat mich der riesige schwimmende Markt ~ wenn auch sicher kaum umweltfreundlicher ~ mächtig fasziniert. Hier hätte ich es auch länger ausgehalten. Wie dort all die vielen großen,
kleinen und ganz kleinen Boote ~ teilweise mit dem infernalischem Lärm ihrer meist ungedämmten Motoren ~ umeinander und durcheinander sausten, mit allem beladen (oft, wie es aussah, bis an die
Kapazitätsgrenze) was man sich in einem asiatischen Land vorstellen kann, mit einer Person, mit ganzen Familien, incl. Kleinst- und sonstigen Kindern, sowie Oma und Opa + Hund + Hahn + was weiß
ich, das hatte was. Denn DAS war für westliche Begriffe das Chaos
pur, in dem bei uns nichts, aber auch absolut gar nichts mehr gegangen wäre. Und wieder einmal mehr flammte meine Begeisterung auf für das, was hier möglich und machbar ist und auch noch
funktioniert. Zur Orientierung für Kaufinteressenten, die natürlich auch mit dem Boot unterwegs sein mussten, hatte jedes Boot eine Stange aufgestellt, an der die Früchte, das Obst oder die
Gegenstände hingen, die auf diesem Boot zu haben waren. Es sei denn, es gab nur ein einziges Produkt. Aber das gab es dann in solchen Mengen, dass schon von weitem erkennbar war, was hier
angeboten wurde.
In diese Kategorie des Einfachen und funktionierenden gehörte auch der Zugang, der uns vom Boot aus zu den Cham, einer Minorität mit islamischem Hintergrund führen sollte. Er bestand einfach nur
aus ein paar dünnen, etwa handgelenksstarken, in den Fluss Schlick gerammten Stangen, zwischen denen ca. 40 bis 50 ca. breite Bretter (keine Bohlen) befestigt waren. Und links und rechts
angeordneten noch dünneren Querstangen, die als Handlauf dienten. Wetten, dass hier kein Statiker und schon gar kein TÜV seinen Senf dazu gegeben hatte!?! Das Ganze schwankte beim Betreten wie
ein Boot auf hoher See, und der ein oder andere aus unserer Truppe hatte mit dieser Herausforderung ganz schön zu tun. Aber niemand streikte oder fiel in den Schlick, denn die Konstruktion hielt
und würde es weiterhin tun, bis, ja bis das nächste Hochwasser sie wegspülen würde. Und das kommt pünktlich jedes Jahr, wenn es mit der Regenzeit losgeht. Und zwar teilweise so heftig, dass
selbst noch die weit am Ufer zurückliegenden Hütten davon nicht verschont bleiben, obwohl sie auf riesigen Stelzen stehen. An einer war ein Schild zu sehen, auf denen die Wasserstände der Jahre
bis zum Jahr 2000 angezeigt waren, genau wie bei uns in Hameln oder anderen, an Flüssen liegenden Städten auch. Es zeigte, dass es in Millenniumsjahr ca. 30 cm höher gestanden hat, als das
Balkongeländer. Sie hatten also ihren privaten Swimmingpool im Wohn- oder Schlafzimmer oder in beidem, was sicher nicht lustig war.
Aber auch diese kleine Gruppe von Menschen war bezaubernd, insbesondere ihre Kinder, auch wenn sie, wie es die Religion nun mal vorschreibt, nahezu komplett von Kopf bis Fuss bekleidet waren;
jedenfalls die Mädchen und Frauen, wenn auch ohne Schleier. Hier habe ich dann auch die ersten Männer im Sarong gesehen, denn die Cham stammen aus dem malaiischen Raum. Und es gab auch Sarongs zu
kaufen oder man konnte sich mit einem fotografieren lassen. Nun, das hebe ich mir auf für den Zeitraum, wenn ich mich tatsächlich durch die Länder des Sarong bewege. Aber gut sahen sie auch sie
aus, diese Männer, egal, ob jung oder alt.
Und endlich habe ich mal wieder einen äußerst interessanten Menschen getroffen. JT (Jeitii), einen ziemlich jungen Marokkaner, der seit sechs Jahren in China lebt, dort seine eigene Firma
aufgebaut hat und zwischendurch sich immer mal die Zeit und die Muße nimmt, um mit dem Rucksack durch die Lande zu ziehen. Ein kleiner Paradiesvogel, der selbstverständlichen Art, der einfach nur
brilliert, ohne anderen das Licht wegzunehmen. Er war ~ außer mir ~ der einzige, der mit einem Backpack + Daypack daherkam. Und so war schnell klar, dass er und ich die beiden einzigen waren, von
denen unser Guide erzählte, dass sie nach Cambodia wollten. Leider würden wir die Grenze nicht gemeinsam erreichen, da er eine 4 Tages Tour gebucht hatte, und ich nur die mit 3 Tagen. Aber auch
hier wird es wohl so sein, dass wir in Kontakt bleiben. Selbst wenn nicht, hat sich die Perlenkette meiner Begegnungen um eine weitere Perle verlängert. Okay, ein paar wenige andere nette Typen
und Typinnen gab es natürlich auch noch, wenn auch erst einmal keine weiteren für die Kette, aber immerhin bekam meine, durch das Einzelzimmer bedingte Enthaltsamkeit, was den Umgang mit
interessanten Reisenden angeht, zumindest wieder einen Ausgleich. Und den gab es dann am dritten Tag dieser Tour gleich noch einmal. Aber erst einmal musste mich San, unser Guide an eine Kollegin
übergeben, die mich zur Grenze bringen und mir dort bei der Visa-Beschaffung behilflich sein würde.
Das Beste aber war, dass es ab jetzt wirklich nur noch mit relativ kleinen Booten, auf denen ca. 20 Personen Platz hatten, weiterging. Ich, besser wir, hatten die Boote für mich, für uns. Denn
als weitere Insassen gab es nur ein Schweizer Pärchen, eine in der Schweiz lebende deutsche Hebamme und einen Deutschen, der seit 40 Jahren in Kambodscha lebt und nur noch über die englische
Sprache mit uns zu reden vermochte. Es war interessant ihn zu beobachten, wenn er krampfhaft versuchte, etwas auf Deutsch zu sagen. Es ging einfach nicht mehr. Allerdings meinte er, dass er, wenn
er uns reden höre, manches noch versteht, vor allem, wenn er die Lippen des Sprechenden dabei sehen könne.
Mit dem ersten Boot ging es zusammen mit der neuen Guide bis zur Grenze, an der es dann tatsächlich so easy war, wie man mir versprochen hatte. Und das betraf die ganze Prozedur, nicht nur das
Visum. Ein kurzer Fußmarsch mit allem Gepäck über die Grenze zum Grenzbüro, ein kurzer, freundlicher Blick auf die zuvor ausgefüllten Formulare, in den Pass und unsere Gesichter, ein Späßchen,
und dann wünschte man uns einen schönen Aufenthalt im Land. So fix ging es bisher noch nie. So mag ich Grenzübergänge. Zumal das mit dem Visum sogar noch leichter war, da sich unser Guide für
einen Aufpreis von 2 Dollar um alles kümmerte, während wir bei einer angenehmen Brise zwei Stunden lang oberhalb des Flusses in einem (noch) vietnamesischen Lokal hockten, unsere letzten Dong
verprassten und auf das nächste, dieses Mal kambodschanische Boot warteten. Noch nie war ich bisher ohne einen einzigen Schein oder eine Münze aus dem Vorland ins nächste gelangt, aber hier fing
es mit den zwei, eigentlich drei in Kambodscha akzeptierten Währungen schon an, Dollar, Riel und Bath aus Thailand. Nur die Riel fehlten noch. Die beiden anderen hatte ich dabei, gab es doch
neben den getauschten Dollars auch noch die restlichen Bath von meinem / unseren damaligen Thailand Urlaub. Aber die werde ich noch aufheben, bis ich tatsächlich dort bin. Tja, und von hier aus
sollte es nun ~ wenn auch ohne Guide ~ bis kurz vor Phnom Penh mit dem Boot weiter gehen, um dort dann wieder in einen Bus kletterten. Dieses Mal in einen ohne Klimaanlage, aber immerhin mit
Fenstern, die sich öffnen ließen. Auch wenn das immer dann wenig Sinn machte, wenn der Bus über eine Staubpiste fuhr. Ansonsten ging es recht fröhlich zu, da alles, was am Straßenrand stand ~
egal ob Kinder oder Erwachsene ~ loswinkte, hüpfte (die Kinder) und schrie (ebenfalls die Kinder), wenn unser Bus vorbeirauschte. Ein schöner Empfang.
Als unser Guide in Vietnam die Pässe einsammelte, meinte sie wenig später, dass ich einen Tag zu lange in Vietnam geblieben sei, da mein Visum nicht am 28ten ~ wie ich immer geglaubt und überall
verkündet hatte ~ sondern bereits am 27ten beendet war. Ich mochte es kaum glauben, aaaaber in meinem Pass stand es schwarz auf weiß. Schon wieder so eine Zahlenfalle. Und so war ich dann für
diesen einen Tag mit 5 Dollar Strafgebühr dabei. Aber sie waren es allemal wert, denn am Tag zuvor wäre ich meinen drei Mitreisenden schließlich nicht begegnet.
Auf jeden Fall stellten sich diese beiden stundenlangen Fahrten über den auch hier schon riesigen Mekong und einen Stichkanal, der den Weg abkürzte, für mich als die Essenz der ganzen 3 Tagestour
heraus. Es war einfach großartig, mit diesen relativ kleinen Booten und zusammen mit angenehmen Menschen Stunde um Stunde auf diesem Fluss in Richtung Phnom Penh lang zu tuckern. Waren in Vietnam
die Ufer und auch der Fluss manchmal noch quälend voll von Hütten, Menschen und Booten, verkehrte sich das Bild auf kambodschanischer Seite ins Gegenteil. Nur noch hin und wieder ein Dörfchen,
ein paar Boote, ab und zu das Schnellboot, das war's. Wenn der ziemlich laute Motor nicht gewesen wäre, hätte es nahezu paradiesisch sein können. Aber trotz des Flusses und ein wenig Fahrtwind
war und blieb es heiß und schwül, noch einmal eine Steigerung zu Saigon.
Was mir aber besonders gut gefiel, war halt die Tatsache, dass sich meine Mit-Bootsinsassen als äußerst sympathische und interessante Traveller herausstellten, die sich 5 Wochen Urlaub am Stück
gegönnt hatten und bis Mitte, bzw. Ende Februar ein Stück Asiens bereisten. Die Schweitzer (Natascha + Markus) zum ersten, die Hebamme (Tanja) schon zum wiederholten Mal. Sie hat übrigens ~ nur
so als Randinformation, die ich äußerst interessant fand ~ fast 900 Menschenkinder auf ihrem Weg in die Welt begleitet, wobei das nur die sind, die sie allein betreut hat. Ich weiß zwar nicht,
wie das damals bei mir war, aber von ihr hätte ich mich auch gerne begleiten lassen. Und so kam hier also gleich der nächste Ausgleich des Saigon-Defizits, und ich entschloss mich spontan, auf
mein vorgebuchtes Hotel zu verzichten und mit den dreien gemeinsam in Phnom Penh eine Bleibe zu finden. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellen sollte.