Neuseeland ~ Südinsel
Etappe 66 ~ von Do.16.04. bis Mi. 13.05.2009
Tja, und dann befand ich mich auch schon auf der Intericelander von Wellington nach Picton, einer der beiden Fähren, die die Nord- mit der Südinsel verbinden. Wie immer auf
meinem Lieblingsplatz auf einem Schiff, oben an Deck. Allerdings konnte ich es wegen des heftigen und kalten Windes nicht all zu lange aushalten, zumal der mich beinahe von
den Beinen gepustet hätte, als ich von einer Seite des Schiffes zur anderen wechseln wollte.
So ein Lüftchen hatte ich auch noch nicht erlebt. Es verschaffte mir eine leise Ahnung, wie es sein müsste, bei Windstärke 12 o.ä. unterwegs zu sein. Und es zeigte mir,
dass die Cook Strait ihren Ruf, eine raue See zu
sein, wohl zu Recht hat, denn sie präsentierte immerhin Wellen mit weißen Schaumkronen.
Wenn ich halbwegs geahnt hätte, wie lausig kalt dieser Wind sein würde, wäre meine Fleecejacke nicht im Trolley gelandet ~ und damit irgendwo und unerreichbar im Bauch des Schiffes ~ sondern
unter meiner Windjacke, und ich hätte oben an Deck bleiben können. Ich mag es ja, durchgepustet zu werden, in der richtigen Kleidung. Aber wenn es dann zu heftig wird ... Und so räumte ich dann
erst einmal das Deck und landete im Barbereich der Fähre, wo ich das Bordnetz für ein bisschen "electric power" anzapfen konnte, auch wenn es keinen Internetzugang gab. Das Deck hat mich bis Picton dann auch nicht mehr gesehen.
Dennoch war es mal wieder ein richtig gutes Gefühl, weiter zu fahren, besonders, da es auf einem Schiff stattfand, und ich zum ersten Mal mein neues Spielzeug ausprobieren konnte. Manoman, welch
ein Unterschied zur Ixus. Endlich konnte ich ~ wie schon gesagt ~ all das wieder machen, was mir am Fotografieren früher so gut gefallen hatte. Das Zoom machte unbemerktes Fotografieren aus der
Entfernung mehr als möglich, und ich brauchte es bei meinen ersten Versuchen nicht einmal voll auszunutzen. Denn dann hätte ich nur die Augenpartie desjenigen auf dem Schirm gehabt. Auch die
Teleaufnahmen von Wellington vom Schiff aus ergaben ein völlig anderes Bild. Voll aufgezogen, hatte ich trotz des Abstands zum Ufer nur eine kleine Gruppe von Häusern auf dem Screen, wo ich
vorher bei der Ixus allenfalls 'ne Panorama Aufnahme hatte, und zwar mit ganz viel Wasser im Vordergrund und Ansammlungen von Häuschen ohne Details. Ich war schwer begeistert, zumal das Gerät
auch bei voll ausgefahrenem Tele immer noch wie 'ne kleine Systemkamera aussieht, weil der Tubus nicht so spindeldürr und hässlich daher kommt, wie bei vielen anderen dieser kleineren Kameras.
Und so freute ich mich auf alles Weitere, was mir auf der Südinsel vors Objektiv kommen würde, auch wenn ich mich an den extremen Telebereich erst noch gewöhnen musste, denn ein kleiner Atemzug
reichte aus, um das angepeilte Objekt vom Schirm verschwinden zu lassen. Und dann wollte es erst mal wieder gefunden werden.
Genauso wiederfinden musste ich auch das Feeling, das mir die Nordinsel durch meine Campervan Fahrt vermittelt hatte. Denn hier war ja nach der Fahrt mit der Fähre wieder
das „normale“
Weiterfahren angesagt, das sich ja schon bei meiner Fahrt mit dem
„Naked Bus“ von Auckland nach Wellington allein schon wegen der blöden stundenlangen Verspätung nicht als zufriedenstellend erwiesen hatte. Und obwohl
es danach keine Verspätungen mehr gab, konnte ich den Bussen nicht das abgewinnen, was das eigene Auto vermocht hatte. Wie gerne hätte ich an der einen oder anderen Stelle Halt gemacht, an der
der Bus gnadenlos vorbei knatterte, und wie gerne hätte ich meine Route selber bestimmt und eingeteilt. Am deutlichsten wurde das wohl klar, als ich von Nelson nach Takata zur Golden Bay fuhr und
dabei zwei entscheidende Dinge feststellte. Der Ort lag nicht direkt am Meer, wie die Übersichtskarte es vermuten ließ, sondern war rund 60 Kilometer von den Seehunden und anderen Küsten
Highlights entfernt. Und außer den geführten und nicht gerade billigen Touren oder dem eigenen fahrbaren Untersatz gab es keine Möglichkeit dort hin zu gelangen.
Ich war so ziemlich der einzige, der Takata mit dem Bus erreichte, die meisten ~ wobei das um diese Jahreszeit eh nicht viele waren ~ kamen mit dem Auto und erzählten dann am Abend von
Neuseelands größten Süßwasserquelle Pupu, der mehr als 14000 Liter pro Sekunde entspringen und außerdem ein heiliges Gewässer der Maoris ist, den wunderschönen Stränden und
den „Baby-Seals“ am Cape Farewell, denen sie dort hautnah begegnet waren. Und all das sollte ich verpassen, weil sich mal wieder keine Mitfahrgelegenheit ergeben wollte? Das ging nicht. Und da im Ort Motorroller für
halbe oder ganze Tage angebotenen wurden, wollte ich damit zur Küste knattern und fand dann einen Automechaniker, der einen Nissan für nur 5 Dollar mehr anbot. Und da es morgens und abends immer
ziemlich frisch war, entschied ich mich dann für sein Gefährt und konnte mal wieder einen Tag lang frei wie ein Vogel all das ansteuern, wo nach mir der Sinn stand.
Die Quelle hatte die Größe eines kleinen Sees mit glasklarem Wasser, das aussah, als wäre es nur 30 cm tief, aber, wie man mir gesagt hatte, tatsächlich 6 Meter tief sei. Jeder Kiesel, jede
Wasserpflanze, alles war deutlich zu erkennen. Und wenn man genau hinsah, war auch der „dancing sand“ zu erkennen, der von dem
hochströmenden Wasser mit gerissen wurde. Da an der Quelle alles verboten war ~ Wasserentnahme, Schwimmen, Reinpinkeln usw. ~ gab es dieses Wasser in kleinen 250 ml Flaschen in den Geschäften im
Ort zu kaufen. Nur die Wasservögel hielten sich nicht an das Verbot, gaben aber so vielleicht dem Wasser seine besondere Note.
Und an einem Strandabschnitt am Cape fand ich sie dann tatsächlich, die Seehundbabies in unterschiedlichem Alter. Ca. 15 Jungtiere, zu denen sich später noch ein weibliches Alttier gesellte, das
eine ganze Weile immer wieder mit aufgerissenem Maul und Geschrei auf mich zu gewatschelt kam. Ich nehme an, um mich zu vertreiben. Bis sie eingesehen hatte, dass ich keine Gefahr für die Jungen
darstellte. Denn irgendwann gab sie Ruhe und spielte mit den Jungen. Ich wollte die Tiere ja auch weder anfassen ~ obwohl ich dicht genug dran war ~ oder ihnen sonst etwas tun, sondern sie nur
fotografieren.
Aber der größte Hammer war, dass es keine Möglichkeit gab von Takata aus mit dem Bus direkt weiter an die Westküste nach Punakaiki zu den Pancake Rocks zu fahren. Blödsinniger Weise musste ich
erst komplett wieder nach Nelson zurück, dort erneut übernachten, und dann am anderen Morgen einen Teil der Strecke wieder zurückfahren, um ans Ziel zu gelangen. Dabei gab es durchaus eine
Straße, die vor Takata zur Westküste abzweigte und zu den Pancakes führte. Der Knackpunkt war, dass halt von Takaka aus kein Bus zur Westcoast fuhr. Mit dem Auto wäre diese Straße bequem zu
fahren gewesen. Aber ohne konnte ich den Aufwand und den Zeitverlust nur etwas genervt akzeptieren und verstand nun auch, warum man mich gefragt hatte, ob ich ein Returnticket haben wollte. So
ist das Leben.
Auf diese Weise konnte ich in Nelson dann halt noch einmal eine „Original German Bratwurst“ essen, die Rolf ~ Rentner seines
Zeichens ~ dort für seinen Sohn in einem Wurstwagen mit Erfolg auch an die Kiwis verkaufte. Und die Brat-, aber insbesondere die Currywurst, schmeckte wie in Herbert Grö's Song über besagte
Wurst. Den einzigen Abstrich, den es zu machen galt, war das Brötchen, das aber auch nicht ein kleines bisschen von unseren knusprigen Brötchen hatte, sondern pappig, wie sie hier am anderen Ende
der Welt bevorzugt werden. Na ja, jedenfalls traf ich hier die nächsten Deutschen, die mitsamt der ganzen Familie vor über 3 Jahren nach NZ ausgewandert waren, und nun in Nelson lebten. Sohnemann
stand in einem Laden, in dem er in NZ nach deutschen Rezepten produzierte Wurstwaren und Käse verkaufte. Und man war dabei, eine Kette dieser Geschäfte und Wurstwagen über die Inseln
aufzubauen.
Ansonsten gab Nelson 2 nicht viel her. Ein paar niedliche alte gut in Schuss gehaltene kleine Holzhäuschen der ersten Siedler, in denen teilweise Bed & Breakfast angeboten wurde, eine
anglikanische Bischofskirche, den Juwelier und Goldschmied, der den inzwischen weltbekannten Ring für Frodo & Co. hergestellt hatte und seitdem fleißig an Fans verkauft, einen Saturday
Market, auf dem all die Dinge verkauft werden, die auf solchen Märkten auch in NZ zu finden sind und die auf der Südinsel überall angebotenen Raftings und sonstigen
„extreme adventures“ im näheren und weiteren Umfeld. Und das war's. Genauso wie zuvor schon in Picton und allen weiteren Orten.
Wobei Picton außerdem noch einen Coast Walk und den 71 Kilometer langen Queen Charlotte Track aufzuweisen hatte. Um ihn zu laufen oder mit dem Mountain Bike zu fahren, musste man sich um diese
Jahreszeit erst mit einem Doppelrumpfboot ca. eine Stunde durch die Sounds zum Startpunkt Sip Gove oder dem nächsten Anlaufpunkt Resolution Bay schippern lassen und dann entweder die mehrtägige
Tour überstehen ~ wenn man denn genügend Ehrgeiz für den gesamten Track hatte ~ oder nur ein oder zwei Teilstücke von 3 bis 6 Stunden in Angriff nehmen, an deren Ende man dann nachmittags von dem
Boot wieder abgeholt wurde, das dann auf der Rückfahrt jeden Anlegesteg ansteuerte, um Post abzuliefern und welche mitzunehmen. Die Aufgabe, die Post anzunehmen, bzw. an Bord zu geben, hatten
entweder ältere Menschen oder Kinder. Wobei oft auch ein Hund dabei war, der völlig aufgeregt darauf wartete, vom Skipper ein Leckerli zu bekommen. Aber nicht nur die Hunde, auch die Kinder
bekamen eins, wenn auch unterschiedlich in ihrer Art.
Da mir absolut nicht danach war, mehrere Tage über Stock und Stein mit dem Rucksack auf dem Buckel unterwegs zu sein, entschied ich mich für einen 4 bis 5 Stunden Walk, der mir ~ wie am Tag zuvor
der vierstündige Costal Walk ~ völlig reichte. Ich hatte ja schon länger vermutet, dass ich nicht der Walk Fan bin, der stunden- oder gar tagelang durch die Landschaft läuft, wie natürlich,
spektakulär und schön sie auch aussehen mag und mich bisher da auch meinem Naturell entsprechend mehr oder weniger rausgehalten. Ich mag zwar stundenrund durch eine Stadtlandschaft latschen, aber
ewig lange alleine durch die Gegend puttkern ..., das wars nicht was mich reizte.
Stattdessen wäre ich viel lieber weiter mit dem Boot durch die Sounds geschippert, zumal uns dort bereits kurz nach dem Losmachen vor Picton eine ganze Anzahl der großen Bottlenose Delphinen
begegnete. Ziemlich beeindruckende Tiere, die da neben unserem Boot spielten. Dagegen waren die, die ich bisher in Indonesien gesehen hatte, reine Zwerge. Leider war ich mit meiner neuen Kamera
noch zu wenig vertraut, so dass ich kein einziges gutes Bild in den Kasten bekam. Dazu hätte ich nämlich die Serienbild Funktion finden müssen, was mir aber in der Eile nicht gelang. Und per
Einzelbild waren die Tiere bei ihrem rasanten Tempo längst wieder im Wasser verschwunden, bevor es auch nur einmal Klick gemacht hatte. Die Hoffnung, an anderen Orten weiteren und anderen
Delphinen, evtl. sogar Walen zu begegnen und dort dann zum Zug zu kommen, tröstete mich über meine magere Ausbeute hinweg und ließ mich dann von Nelson aus weiter mit dem Bus meinen Weg zu den
Pancake Rocks an der Westküste verfolgen. Allerdings hat sich diese Hoffnung als trügerisch erwiesen, aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Leider hat die Westküste noch einen anderen Namen, dem sie schon bald alle Ehre machte. Sie wird auch als Wet Coast bezeichnet und so dauerte es dann auch gar nicht lange und es begann Bindfäden
zu regnen, um allenfalls mal für Augenblicke wieder aufzuhören. Und einer dieser Gott sei Dank etwas längeren Augenblicke war dann der Moment, als mir der Busfahrer an der Juhe ein ganzes Stück
vor Punakaiki und den Rocks mitten in der Prärie klarmachte, dass meine Fahrt hier zu Ende sei und mich in den Busch schickte, in dem die Herberge liegen sollte. Und dorthin gelangte ich dann in
einer dieser Regenpausen, ohne total durchgeregnet zu sein. Genauso, wie es mir dann später auch noch gelang, das Stück zu den Pancakes von einem Auto mitgenommen zu werden und dieselben trocken
bewundern und den einstündigen Fußmarsch zurück im gleichen Zustand zurücklegen zu können.
Aber kurz danach war der Waffenstillstand mit Petrus dann auch schon wieder beendet und es gallerte den Rest des Tages und die ganze Nacht, wie auch den Folgetag, und den Tag, und den Tag, und
den Tag danach. So viel Wasser von oben über eine längere Dauer war ich ja nun überhaupt nicht mehr gewöhnt, zumal ich auf diese Weise vom Franz Josef und Fox Glacier so gut wie nichts zu sehen
bekam. Alles zeigte sich nur Grau in Grau, Regenwolken verhangen. Sogar gewittert hat es. Und immer wieder schüttete es aus Kübeln.
Am Fox Gletscher waren fast alle Walks gesperrt ~ wie am Message Board zu lesen war ~ weil überall Eis und Geröll abgegangen waren. Selbst ein läppischer kleiner Walk am Franz Josef in der Nähe
der Juhe war bereits nach den ersten 15 Minuten dicht und wegen Überflutungen und Geröll nicht weiter begehbar. Mir reichte es eh langsam, und ich wollte nur noch raus aus dieser Wasser- und
Regenwüste. Und das hieß dann, weiter mit dem Bus mehr ins Landesinnere nach Queenstown zu fahren. Ein Ort an dem riesigen Lake Wakatipu, in dessen Nähe ein Mr. AJ
Hawckett den ersten modernen Bungy Jump
von einer Brücke tat und damit einen allgemeinen und weltweiten Adrenalinschub auslöste, der auch heute noch ungebrochen seine Wirkung auf ein bestimmtes Klientel hat. Allein in der halben
Stunde, in der ich da herumgeisterte, sprangen vier dieser Adrenalinjunkies. Wobei das Gummiband aus einem mir nicht bekannten Grund kürzer eingestellt war, so dass die Hüpfer nicht mehr darin
eintauchten, wie es den Bildern nach zu urteilen, üblich zu sein scheint.
Ich hätte sogar ~ das habe ich aber erst hinterher erfahren ~ als 65-jähriger kostenlos jumpen können. Wobei mich dieser Gummiband Sprung ~ anders als der mit einem Fallschirm oder auch ein
Drachenflug ~ noch nie gereizt hat. Selbst hier, am original Schauplatz nicht, der natürlich entsprechend vermarktet war. Mr. Hawckett hatte jedenfalls das richtige Gespür, als er den
Initiationsprung der Südsee Insulaner adaptierte, die ihn weitaus risikoreicher mit Lianen ausführen.
Aber noch war ich ja nicht an dieser Brücke, hatte sie nur vom Bus aus gesehen, wie andere interessante Stellen zuvor auch. Es war halt immer wieder das Gleiche, dort, wo ich gerne einen Stopp
eingelegt hätte, kam allenfalls ein kleiner Hinweis des Fahrers. Wie auch hier bei der Brücke. Oder zuvor an den Goldwäscher Camps, in denen man auch heute noch Nuggets finden kann. Er drosselte
an der Brücke sogar einen Moment die Geschwindigkeit, bevor er dann Kurs Queenstown und Lake Wakatipu weiter unter die Räder nahm. Einem See, über den ich mich als Vorgeschmack zum Milford Sound
mit einem alten Dampfer schippern ließ, der noch mit Kohle und Dampf angetrieben wurde. Man konnte die Maschine bei ihrer unermüdlichen Arbeit beobachten und auch den Heizern beim Schippen zu
schauen.
In Queenstown fand ich aber auch ein Angebot im Fenster einer Autovermietung, dass da lautete: „Relocation car to Christchurch.“ Es gab sogar zwei, wobei ein Auto allerdings bereits zwei Tage später am Zielort sein sollte. Da ich aber vier Tage brauchen würde, um das
machen zu können, was mir vorschwebte, nahm ich das andere, das erst später in Christchurch erwartet wurde. Man, was war das ein gutes Gefühl, für 4 Tage wieder in die Unabhängigkeit eintauchen
zu können. Zumal sich auf dem Weg ins Inland auch das Wetter wieder deutlich gebessert hatte und erst einmal auch so bleiben sollte. Regen passé und stattdessen wieder Sonne satt. Auch wenn es
kalt war. Sogar so kalt, dass mein Auto morgens bei der Übernahme Raureif auf den Scheiben hatte, was mir ja doch irgendwie bekannt vor kam. Aber wir gingen nun mal immer tiefer in den
neuseeländischen Winter, der auf der Südinsel stärker und früher spürbar wird.
An der Brücke habe ich dann später mit dem Auto noch mal halt gemacht, als ich ~ von Te Anau und Milford Sound kommend ~ mitten durchs Land Richtung Lake Tekapo fuhr. Unterwegs las ich auf dieser
Fahrt noch einen Anhalter auf, der mir erzählte, dass seine Eltern Deutsche seien, aber auch sie hatten ihren Ableger nicht zweisprachig erzogen, denn er sprach nur Englisch. Möglicherweise hatte
er ja auch gekohlt.
Der Lake entpuppte sich dann als Stausee, der von alpenähnlichen schneebedeckten Bergketten eingerahmt wurde, die sowieso überall reichlich in der Gegend herum standen, aber hier in Verbindung
mit dem See einen besonders gekonnten Eindruck hinterließen. Seine Farbe war je nach Tageszeit und Sonneneinstrahlung leuchtendes Postkarten-Blau oder Türkis, wie ich es bisher nur auf Kreta
gesehen hatte. Allerdings strahlte es mehr Kühle aus, als am Mittelmeer.
Das Schärfste aber war die Juhe, die direkt am Ufer lag. Der Blick aus dem Aufenthaltsraum fiel direkt auf den See und diese Berge. Ein 5-Sterne Hotel an einem Alpensee bei uns würde diesen Blick
kaum toppen können. Und wie ein Alpenhotel oder Gasthof hatte diese Juhe zwei Kaminfeuer, eines im Essbereich und eins in der Lounge. Und das war auch nötig bei den mickrigen Heizungen, denn
abends wurde es lausig kalt, so dass die Autos am anderen Morgen mit einer ziemlich dicken glitzernden Raureifschicht überzogen waren, die ich erst zum Abtauen bekam, als ich mein Auto im
Blindflug in die Sonne gefahren hatte. Niemand besaß einen Eiskratzer. Eine thailändische Familie aus Bangkok mit erwachsenem Sohn freute sich wie kleine Kinder über ihr beraureiftes Auto und
fotografierte die glitzernde Pracht aus allen Winkeln, weil sie ~ halt wie kleine Kinder ~ den ersten Raureif ihres Lebens zu sehen bekamen.
Statt dann direkt der Hauptstraße weiter Richtung Christchurch zu folgen, machte ich einen wunderschönen Schlenker über die sogen. „Scenic Route“, die komplett entlängs der neuseeländischen Alpen ebenfalls nach Christchurch führt. Damit hatte ich die in der Sonne leuchtenden Bergmassive und Bergketten den ganzen Weg zur
Linken. Und da die Straße in einem großen Bogen verlief, hatte ich sie bald auch in sämtlichen Rückspiegeln. Von Zeit zu Zeit wiesen Schilder daraufhin, dass es dieser oder jener Abzweig zu
den „Skiing
Fields“ führte. Aber noch war Ski und Rodeln nicht
angesagt. Auf jeden Fall war diese Strecke auf Grund des immer währenden Panoramas ein kleiner Ausgleich für den so hochgelobten, aber eher braven Milford Sound.
Als wir ihn mit dem Schiff entlang tuckerten, erinnerte er mich an norwegische Fjorde, wie ich sie von Bildern her kannte. Schon auch recht eindrucksvoll, aber ~ und das Gleiche erzählten auch
andere Traveller ~ wenn man zuvor in anderen Ländern schon ähnliche Landschaften gesehen hatte, die aber weitaus spektakulärer daher kamen, war der Milford Sound, sowie die 140 Kilometer Straße
dorthin durch Wälder, Berge und Täler eher normal.
Ich denke dabei an die Fahrt auf dem Yangtze und seine Schluchten oder den Li River und seine Felsformationen in China. Aber das ist das eine, und das andere ist, dass die Kiwis alles, was die
Schönheiten ihres Landes betrifft ~ anderes aber genauso ~ nur in Superlativen sehen und beschreiben können. Danach gibt es auf der ganzen Welt nur das und sonst nichts weiter, was damit
irgendwie konkurrieren könnte. Ein liebenswerter, etwas verschrobener Zug der Neuseeländer, dem ich immer mal wieder begegnet bin.
Der Milford Sound wird mir aber dennoch in Erinnerung bleiben, weil ich hier zum ersten Mal die intensive Bekanntschaft mit kleinen schwarzen Fliegen machte, die ich zuerst noch für harmlose
kleine Fliegen hielt. Was sich aber schnell änderte, denn auf meinen Händen, die sich die Biester als Landeplatz ausgesucht hatten, begann es scheußlich zu jucken. Und es bildeten sich kleine
rote Brutschen, die schlimmer als jeder Mückenstich waren. Außerdem hatte sie eine Langzeitwirkung, die fünf oder sechs Tage anhielt. Wobei nach dieser ersten Erfahrung keines dieser kleinen
Fieslinge nach einer Landung auf mir noch eine Überlebenschance hatte.
Ich erfuhr dann durch eine junge Deutsche, die mit auf dem Schiff gewesen war, dass ich die Bekanntschaft der „Sandflys“ gemacht hatte. Einer Spezies, von der ich zwar schon einiges gelesen hatte, aber bisher noch nicht begegnet war. Außerdem war ich irgendwie auf dem Holzweg geraten, denn ich hatte
angenommen, dass es sich dabei um Sandflöhe handelte, die halt die Sonnenhungrigen an den Sandstränden vernaschen. Der einheimische Lavendel und das Teebaumöl seien ein probates Mittel der
Maoris, um sich dieser Viecher und dem Juckreiz zu erwehren, erzählte sie mir.
Die Kurze war eh beeindruckend, nicht nur wegen ihrer Tipps. Einundzwanzig Lenze, zierlicher als jede Asiatin und reiselustig wie ein Hundefloh. Afrika, Korea, Australien, Südamerika, wo sie
überall schon war, und jetzt seit über einem halben Jahr in Neuseeland, wo sie zuerst in Auckland als Laborantin in einem Austauschprogramm über ein schweizer Labor gearbeitet hatte und dann als
Deutsche von dem Besitzer eines Nobel-Restaurants angeheuert wurde, in dem sie seine deutschen Oldie-Gäste bediente, die kein Englisch sprachen. Und danach hatte sie sich ein Auto gekauft, um
Neuseeland besser kennen zu lernen, als es mit dem Bus möglich ist. Opossum, kurz Possum, hatte sie gegessen ~ von dem ich gar nicht wusste, dass es gegessen werden kann ~ und manches andere, von
dem ich ebenfalls noch nichts gehört hatte. Aber so etwas findet man halt nur abseits der normalen Touristenpfade, nicht im Mainstream. Und schon gar nicht in den ach ebenso normalen, wie
überteuerten Touristenschuppen, die der Bus ansteuert.
Leider habe ich trotz meines Vier-Tage-relocation-cars und meiner Fahrt über Land kein Lokal entdecken können, in dem ich Possum hätte probieren können. Auch in Christchurch wurde ich nicht
fündig, wo ich mich mit Marianne, einer Feng Shui Freundin verabredet hatte, die die schönen und weichen neueeländischen Possum Produkte in Deutschland an die Frau und den Mann bringt und
geschäftlich nach NZ geflogen war. Und wo ich Thomas wieder traf, den ich in Brisbane in meinem Hostel kennen gelernt hatte. Zwei Menschen, die es evtl. hätten wissen können. Thomas als
Einheimischer und Marianne als Possum Fachfrau. Aber nein, nur das „local beer“ war zu haben und Kumara
(Süßkartoffel) Fritten, als wir zu dritt in einem der Szene Lokale aufkreuzten. Und das gleich wieder in Mengen ~ 1,5 Liter pro Nase ~ die für einen Neuseeländer normal zu sein scheinen, mir aber
für die nächsten Tage und Wochen erst einmal wieder jegliches Bier verleideten. Obwohl es Gott sei Dank nicht bitter war. Wobei mir die Kumara Chips tausendmal besser schmeckten, als die
normalen.
In Christchurch verbrachte ich meine Nächte zu ersten Mal im Dorm Bett eines YMCA Hauses, statt in einer der beiden YHA's, weil Marianne hier ihr Zimmer geordert hatte. Eine gute Alternative zur
YHA. Es lag direkt am „Botanic
Garden“ und „Art Center“, das in ehrwürdigen alten „very English style“ Gemäuern untergebracht war. Wie
viele alte Häuser hier ~ auch die Kathedrale ~ in einem grauen Naturstein gehalten.
Ein interessantes Areal, in dem den Künstlern und sonstigen Produzierenden bei ihrer Arbeit zugeschaut werden und natürlich alles mögliche gekauft werden konnte. An jedem Wochenende gab es hier
sogar einen Markt, der das Angebot noch erweiterte. U.a. auch hier um German Bratwurst, die aber nicht an die von Nelson heran kam. Vielleicht deshalb, weil diese Familie bereits in der dritten
Generation in NZ lebte und der Spross, der die Wurstbude managte, des Deutschen nicht einmal mehr mächtig war.
Aber auch der Botanische Garten konnte sich sehen lassen. Es war nach dem Garten in Singapur der zweit interessanteste, in dem ich auf meiner Reise herum gelaufen bin. Allerdings musste ich
mehrere Anläufe machen, da es auch hier andauernd regnete. Einen Tag Regen, einen Tag Sonne im Wechsel.
Leider hatten Marianne und ich ~ bedingt dadurch, dass sie nur 2 Tage hatte ~ für einen Regentag ein Auto gemietet, um auf die Halbinsel Akaroa zu fahren, was an einem Sonnentag ein schöner
Ausflug gewesen wäre. Aber an dem Tag unsere Schwimmhäute nur weiter wachsen ließ. Sei's drum, es war nicht zu ändern und so schwammen wir von einem, bei normalen Wetter interessanten
Aussichtspunkt zum nächsten und bewunderten die in elegantem Mausgrau gehaltenen Wolken, die alles unter sich begraben hatten.
Dieser erwähnte „very English
style“ verfolgte jeden Besucher Christchurchs
ansonsten auch auf Schritt und Tritt. Ob es die alte Straßenbahn war, die ihre Touristenrunde drehte und sogar als fahrendes Restaurant unterwegs war, oder ihre Schaffner in den alten Uniformen,
oder die „gondolas“
auf dem River Avon, die nichts mit den zierlichen Gondeln Venedigs gemein hatten. Denn sie kamen als
relativ breite, „britisch
looking“ Kähne daher, die von Jünglingen mit Kreissäge
auf dem Kopf und absolut britisch gekleidet gestakt wurden und auch keine Schnulzen sangen.
Alles Mögliche war vertreten, das immer wieder an Old England erinnerte. Keine neuseeländische Stadt hat mich derart stark an das ehemalige Mutterland erinnert. Obwohl es schon noch ein paar mehr
geben soll. Aber dort war ich nicht, obwohl ich z.B. nach Dunedin schon noch hatte fahren wollen. Nur hätte ich dazu einen ziemlichen Weg wieder zurück nach Süden machen müssen. Dort wäre mein
Aufenthalt wahrscheinlich noch regnerischer und kälter, evtl. sogar schon mit Schnee verbunden gewesen. Und danach stand mir der Sinn überhaupt nicht.
Außerdem hatte ich hier in Christchurch endgültig realisiert, dass ich mir Neuseeland ~ und damit auch Australien ~ mit meinem monatlichen Salär nicht in der Form leisten konnte, wie ich es getan
hatte. Mein Konto war durch die Zahnarztrechnung in Sydney zu sehr strapaziert worden. Und die Campervan Tour und der Kamera Kauf hatten eins drauf gesetzt. Und so hatte es sich durch die Kosten,
die nun mal durch einen weitaus teureren Alltag als in Asien verursacht wurden, einfach nicht erholen können. Und würde es auch nicht tun, so lange ich hier bliebe.
In Asien hatte ich ja am Monatsende immer noch ein schönes und beruhigendes Plus auf meinem Konto. Um also letztendlich keine roten Zahlen zu produzieren und zu riskieren, dass mir die Bank ihre
Freundschaft aufkündigt, stoppte ich alles, was ich noch vorgehabt hatte und buchte eines der Schnäppchen Flugtickets für 26 Euro, das mich direkt nach Auckland katapultieren sollte. Ohne über
Los zu gehen, sprich, ohne noch nach Kaikoura, Mc Athur's Pass, erneut Wellington, Kapiti usw. zu fahren, was ich ja mit einem der 19 Dollar Autos erneut hatte tun wollen. Meine Finanzen ließen es einfach nicht zu. Die Tickets
für die Busse, plus Fähre und zusätzlicher Unterkünfte ~ und natürlich auch das eventuelle Auto zuzüglich Sprit und Bett ~ hätten ein Mehrfaches davon gekostet.
In einer ähnlich schnellen Gangart würde ich mich dann auch durch den Rest Australiens bewegen, um baldmöglichst wieder asiatische und damit kontofreundlichere Luft zu schnuppern. Meine Wartezeit
in Auckland würde ich dafür nutzen, im Internet nach den besten und günstigsten Wegen dorthin zu suchen. Ggfls. auch nach Deutschland. Letztendlich aber, würde das alles davon abhängig sein, ob
und wie ich es schaffen würde, wieder in den Zustand der alten überschäumenden Freude zu gelangen, die mich seit meiner Entscheidung für diese Reise begleitete, und die ich mit dem Eintreffen in
meinem Traumland Australien komplett verloren und auch in Neuseeland nicht durchgängig wieder gefunden hatte. Der Campervan Trip und die anderen Tage mit einem Mietwagen gingen zwar eindeutig in
diese Richtung, aber sie waren halt nur ein Intermezzo.
Und so kletterte ich dann in das dritte Flugzeug meiner Reise, nachdem ich den wirklich einfachen Spaziergang eines „NZ domestic flight check in's“ hinter mich gebracht hatte. Zum Flughafen fahren, spätestens 30 Minuten vorm Abflug am Abfertigungsschalter sein, durch die X-Ray
Kontrolle marschieren, den Trolley aufs Band packen, eine Frage nach verbotenen Dingen beantworten, und schon war ich mit allem durch. Zumal ich alles andere, Ticket und Boarding Pass incl.
Sitzwahl, zuvor bereits im Internet erledigt hatte. Gegen diesen simplen Vorgang erschienen selbst unsere asbachuralten und damals noch recht kommoden Sicherheitsbestimmungen schon absolut
verschärft. Und da ich ja nun mal von bürokratischen Dingen ~ auch unseren heutigen Sicherheitsbestimmungen ~ wenig halte, war das ein Abschluss meines Südinsel Trips, der mir gefiel. Ein Trip,
der mich, trotz aller in den höchsten Tönen gelobten Schönheiten dieses Teils von NZ, weit weniger beeindruckt hatte, als erwartet. Das konnte die Nordinsel besser. Damit bleibt sie mein
Favorit.
Südinsel Fotos