Kuala Lumpur
Etappe 40 ~ von Mi. 21.05. bis Mo. 02.06.2008
Die „KL
Sentrel Station“ ~ also der Hauptbahnhof von Kuala Lumpur ~ ist
beeindruckend. Riesig, modern, er hätte sich auch irgendwo in Europa befinden können. Auch er hatte nichts mehr von dem Charme, den z.B. der Hua Lampong Bahnhof in Bangkok besaß, obwohl es hier
an einer anderen Stelle auch noch die „Old Railway Station“
gibt, aber dort kommt man als Fern-Bahnreisender nicht an, und auch sie ist mächtig auf modern getrimmt worden. Da mich aber
die „Moderne“ meistens mehr reizt, als das Alte, musste ich, bevor es ins wieder einmal vorgebuchte Hostel ging, erst noch meine Sightseeing Runde drehen
und staunte nach der Absolvierung am Taxistand erneut. Kein Gehaue und Gesteche um den möglichen Fahrgast. Aber auch kein Taxi, bevor es denn nicht im Bahnhof an dem entsprechenden Schalter
gebucht und bezahlt war. Und so gab es auch kein Handeln und Feilschen um den Preis, denn der lag fest und war erfreulich niedrig. Für 8 Ringgit (keine 2 Euro) brachte mich mein Chauffeur dann ~
nachdem ich ihm mein Ticket präsentiert hatte ~ zum nicht ganz nahen Pudu Hostel am Puduraya Busterminal an der Jalan Pudu.
Wobei Busterminal gewaltig untertrieben ist, denn die ganze Ecke ist eine einziges riesiges Busankomm- und Busabfahrareal. Was ich hier in meinen Kuala Lumpur Tagen an Bussen auf einen Haufen
gesehen habe, das geht auf keine Kuhhaut. Und zwar täglich, stündlich, die ganze Nacht hindurch. Wobei sich das eigentliche Busterminal unterirdisch unter einem Hotelkomplex befindet, mit 23
Haltestellen. Von hier aus werden alle Ziele in Malaysia, incl. Singapur bedient. Dann kommen aber noch die unzähligen offiziellen und inoffiziellen Haltestellen für Fern- Und Nahbusse an den
umliegenden Straßen hinzu. Und was das Ganze besonders verrückt erscheinen lässt, sind die ebenfalls unzähligen kleinen Ticketbüdchen, maximal 1,20 m breit und ähnlich tief. Vor diesen
Ticketverkaufsständen agieren innen im Busterminal und draußen auf den Bürgersteigen die Marktschreier der einzelnen Gesellschaften. Sie schreien zwar nicht, quatschen aber jeden darauf an, ob er
nicht ein Ticket nach da oder dort haben will, um ihn bei einem Ja, an den Schalter zu geleiten. Es ist der reinste Hexenkessel des malaysischen Transportsystems, der in dem Gebäude noch einmal
verschärft wird, da es hier natürlich noch all die Fressbuden und sonstigen Verkaufsstände gibt, die ich auf den Bahnhöfen vermisst hatte. Zusätzlich gibt es Schneider, die dir noch schnell etwas
nähen, wenn was zerrissen ist, den Schuster, der den neuen Absatz noch vor der Abfahrt liefert, T-Shirt Verkäufer, Jeans Verkäufer, Souvenirlädchen, Telefonshops, Copyshops, Zeitschriften-, sowie
Buchshops, Gepäck Aufbewahrungsmöglichkeiten und, und, und. Was es nicht gibt, ist eine Klimaanlage, es gibt nur ein paar Deckenfans, die die heiße, stickige Luft durcheinander wirbeln und die
Menschen, die dort sitzend oder stehend warten und durch die überfüllten Gänge wandern. Dieser Ameisenhaufen ist kaum abschätzbar, aber vorsichtig geschätzt, befinden sich allein auf dieser Etage
mindestens 1000 Menschen. Und das ebenfalls den ganzen Tag, zu jeder Stunde, rund um die Uhr. Dagegen waren die Warteräume in China noch unterbevölkert. Und die haben mich ja schon ziemlich
beeindruckt.
Tja, und so ähnlich sieht es auf den belebten und interessanten innerstädtischen Straßen anscheinend fast überall aus, jedenfalls habe ich
dieses Bild in verschiedenen Varianten auf meinen Erkundungsgängen immer wieder vorgefunden. KL war für mich eine Stadt, die ich unbedingt und sofort in die Reihe der
„crazy“ Städte
einordnete. Aber auch hier bestimmten wieder der indische und der chinesische Typus das Menschenbild und das der Restaurants, so dass ich immer noch nicht herausfinden konnte, was denn nun die
malaysische Küche ausmacht. Es soll zwar iiiiergendwo auch das eine oder andere Lokal mit einheimischen Gerichten geben, aber die sind alle ziemlich weit entfernt und schlecht erreichbar. Und als
ich mich an einem Sonntag dann doch mal zu einem dieser Lokale auf den Weg gemacht hatte, stand ich vor verschlossenen Türen. Etwas, was ich in Asien noch nicht erlebt hatte. Außerdem konnte ich
am Aushang feststellen, dass ich in diesem Lokal mehrere Übernachtungen verspeisen würde, die in KL auch nicht gerade günstig waren, bzw. sind, wenn man nicht in der letzten Absteige sein müdes
Haupt betten möchte.
Das „schnuckeligste“
Zimmer, das ich auf meinem Suchgang angeboten bekam ~ auch in KL mochte ich nicht in dem vom LP empfohlenen Pudu Hostel
bleiben ~ und das ich bisher überhaupt gesehen hatte, war ein Raum, der gerade mal so groß war, dass ein normales Bett von Wand zu Wand hineinpasste und vor dem Bett noch einen ca. 80 cm
Bewegungsraum hatte. Und damit der überhaupt genutzt werden konnte, ging die Tür nach außen auf. Damit standen dem Benutzer weniger als 2 Quadratmeter zur Verfügung. Der Klopfer aber war, dass
dieses Räumchen zwar Wände hatte, die ca. 2,50 Meter hoch waren, aber es gab keine Decke. Als Abschluss nach oben hatte es nicht einmal für ein Gitter oder eine Lage Maschendraht gereicht. Man
hatte diese Boxen ganz einfach in eine ehemalige Halle gestellt und das war's. Jeder uneingeladene Besucher hätte nur eine Leiter gebraucht ~ wenn überhaupt ~ um dort einzusteigen. Es gab weder
Fan noch Aircon. Aber selbst für diese Butze wurden noch 35 Ringgit verlangt, umgerechnet also ca. 7 Euro. Aber wie immer fand ich, nur etliche Meter weiter auf dieser Straße, eine brauchbare
Bleibe, sogar mit WLAN auf dem Zimmer, ohne Moschee in der Nähe und abgewandt vom Lärm der Straße mitsamt Bushaltestelle, in dem ich es dann die folgenden 11 Tage aushielt.
Kuala Lumpur war eine Stadt, auf die ich aus irgendeinem, mir unbekannten Grund schon lange gespannt war. Ihren Namen hatte ich früher immer mal wieder gehört oder gelesen und ihn mir ~ wie einen
Zungenbrecher ~ nie so recht merken können. Jedenfalls kam ich vor meiner Reise immer ins Stocken, wenn ich ihn aussprechen wollte. Aber irgendeinem sprachakustischen und auch sonstige Reiz übten
diese 5 Silben auf mich aus und tun es immer noch. Ich kann sie mir regelrecht auf der Zunge zergehen lassen. Aber was hatte diese Stadt, das mich insgeheim faszinierte, ohne es so richtig fassen
zu können? Vielleicht waren es die beiden Türme, die Petrona Twin Towers und der riesige Fernsehturm, der Menara KL oder KL Tower, die immer wieder plötzlich in den Häuserlücken oder
Straßenschluchten aufblitzten und greifbar nah erschienen? Obwohl ich dann doch etwas mehr als eine halbe Stunde brauchte, als ich mir zum ersten Mal den Weg dorthin auf meinen eigenen Füssen
suchte. Aber nicht nach Stadtplan, sondern anhand dieses Aufblitzens. Und nicht auf den Hauptstraßen, sondern zu einem Großteil quer Beet, also auf den kleineren Nebenstraßen. Wobei ich nicht
wusste, ob es funktionieren würde. Aber immerhin kam ich beim ersten Anlauf schon mal bis zum Fernsehturm, der mit 421 Metern zu den vier höchsten Türmen gehört. Und beim zweiten Mal fand ich
auch den Weg zu den Petronas.
Vielleicht kann ich diese Faszination am besten anhand eines Spaziergangs beschreiben, der sich bis weit in den Abend ausdehnen sollte. Die Hochhäuser, die Türme und mein Gespür dienten mir dabei
zur Orientierung. Dieser Abend war wunderschön, und ich bin mal wieder ~ wie ich es in dieser Form länger nicht mehr gemacht habe ~ einfach in dieser neuen Stadt drauflos losgelaufen. Und zwar
ohne Stadtplan, einfach nur dem Wunsch folgend, mal in diese oder jene Richtung zu gehen und ggfls. irgendwo etwas zu essen. Und schon bald stellte sich dieses Gefühl ein, dass ich so mag. Eine
Unbeschwertheit, ein Freiheitsgefühl, ein Mich-glücklich-fühlen. Ich lief dann später im Dunkel des Abends durch die Straßen, die natürlich vom Licht der Autos, der Geschäfte und angestrahlter
Gebäude erhellt waren und sah und spürte diese vielen fremden Menschen in ihrer Vielfalt und hätte auf dem Gehweg tanzen und singen können. Ich war mitten unter ihnen, auch für sie möglicherweise
ein fremder Teil des Ganzen.
Leider hatte ich meine kleine Ixus nicht eingesteckt, denn es gab so viele magische Licht-Momente, die ich gerne festgehalten hätte. So stand ich plötzlich vor dem Anblick des illuminierten
Fernsehturms oder wenig später vor den geheimnisvoll leuchtenden Twin Towers, die in die atemberaubende Kulisse der Stadtlandschaft eingbettet waren. An einigen Stellen waren sogar beide zu
sehen, der Fernsehturm und die Petronas. Unter mir ~ ich stand auf einer Fußgängerbrücke ~ blubberte einer der beiden gelbbraunen Flüsschen von KL, stand da und habe nur staunen können und kam
mir vor wie ein kleines Kind, dass zum ersten Mal einen Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen sieht.
Ich habe mich hier in Kuala Lumpur also getraut, das zu tun, was in Schanghai noch nicht ging, nämlich trotz Dunkelheit und fehlendem Stadtplan, mich auf mich und die wenigen bekannten Hochhäuser
als Wegweiser zu verlassen, um den Weg zurück zu finden, ohne den gleichen zu nehmen, den ich gekommen war. Was mit einschloss, die Hauptstraßen zu verlassen und die kleineren Straßen zu nehmen.
Und genau dort fand ich dann auch eine Essmöglichkeit. Ich bestellte mir an der Straße Roti, dieses indische Fladenbrot, mit Kichererbsen, Spinat mit Chilli gewürzt ~ eine Mischung, die mir
völlig neu war, aber interessant schmeckte ~ + zwei weiteren Gemüsen, von denen ich nicht wusste, was es war. Alles schärfemäßig noch in dem Bereich, den ich ganz gut essen kann. Und auf
diesen "Abwegen" fand ich diese magisch anmutenden Bilder. Mir war klar, dass ich in diese Ecke noch einmal gehen würde, aber dann mit Fotoapparat.
Sogar ein niedlich aussehendes Hostel entdeckte ich auf meinem Weg. Ein Chinese ~ vermutete ich, in einem Format, das in jeden James Bond Film gepasst hätte ~ saß an der Rezeption. Aber er war
nicht der Bösewicht, sondern äußerst freundlich. Leider konnte ich mir so spät kein Zimmer mehr anschauen und holte das am nächsten Tag nach. Es hatte ebenfalls
„WIFI on room“ und wäre um einiges preiswerter gewesen. Leider war dieses Hostel dann nur im Erdgeschoss hui und in den oberen Geschossen für mich eher pfui.
Als ich dann punktgenau wieder an meinem Ausgangspunkt angekommen war, hatte ich noch keine Lust aufs Zimmer zu gehen und bin in eine andere (noch) unbekannte Richtung gelaufen. Hier landete ich
nach einer Weile an einem Night Market, der wohl nur nachts auf den Straßen aufgebaut wird. Und hier waren dann auch wieder all die Händler, die jeden anquatschten, wenn auch nicht aufdringlich.
Sie liessen sofort los, wenn ein Nein kam. Was mir hier gefiel, war, dass mich nicht jeder mit dem schon fast obligatorischen „Baba“ anquatschte, sondern mit „young man“. Der Baba gefiel mir nie, obwohl ich ja einer bin und das, wie ich weiß, in Asien auch nicht abfällig o.ä. gemeint war, bzw. ist.
Der „young man“
lachte mich als Kontrast dazu einfach an, weil sie ~ die wirklich jungen Männer ~ diesen Begriff gebrauchten, obwohl ich ja
nun eindeutig erkennbar, keiner mehr bin. Eine Masche, sicher, aber eine die mir gefiel, weil sie mich zum Schmunzeln brachte. Es war so etwas wie ein zusätzliches Sahnehäubchen auf den schönen
Abend.
Interessant war aber auch, dass ich hier meine in Bangkok trotz Handelns noch zu teuer erworbene gefakte Levi's Uhr bei einem der Händler entdeckte. Und natürlich war ich gespannt, was sie hier
kosten würde. Es war kaum zu glauben, aber der Typ verlangte 150 Ringgit, umgerechnet 30 €. In Bangkok hatte ich im Kaufhaus 6 dafür bezahlt und hätte sie auf dem Wochenendmarkt ohne zu handeln
für 3 bekommen können. Ich hätte mir die Taschen damit vollpacken sollen, um sie hier an den Mann, die Frau zu bringen.
Aber im Gegensatz zu dem strahlenden Eindruck, den diese drei Wahrzeichen der Stadt an dem Abend hinterliessen, taten sie das nicht gleichermaßen auch am Tag. Als ich nämlich zum ersten Mal am
Menara KL auftauchte, blieb mir kaum die Zeit, mich wenigsten ein wenig umzuschauen, denn es begann in einer Form zu gießen, die nicht nur mich unter irgendein Dach zwang. Und das über den
Zeitraum von mehr als einer Stunde. Danach hörte der heftige Regen zwar auf, aber es regnete dennoch weiter, wenn auch in abgeschwächter Form. Und wie das bei solchen Wetterlagen immer so ist,
gab es keine Taxen, da jeder eins wollte und sie sowieso alle auf Grund des Regens irgendwo im Stau steckten. Und wenn denn dann doch mal eins auftauchte, versuchte auch hier am Turm jeder dieses
begehrte Gefährt zu ergattern, auch wenn die Fahrer die Situation ausnutzten und Mondpreise verlangten. Leider gibt es hier keine Mopedtaxis ~ jedenfalls habe ich bisher in Malaysia nicht eins
gesehen ~ ich hätte zu gern die Fahrt im Regen in Bangkok wiederholt. Und so machte ich mich, als der Regen einigermaßen dünn geworden war, auf den Weg und erprobte unterwegs meine geheimen
Fähigkeiten als Regenmacher, bzw. Regenstopper. Und siehe da, es funktionierte bereits nach den ersten 200 Metern. Ich konnte also ~ zwar nicht trockenen Fußes ~ aber ansonsten trocken hinter den
Ohren und an allen anderen wichtigen Stellen wieder zum Hotel kommen. Denn es war witzlos, bei dem trüben Wetter auf das „viewing deck“ hoch zu fahren oder tiefer in den Wald
einzudringen. Das würde ich ~ wenn überhaupt ~ ein anderes Mal nachholen.
Also waren erst einmal am nächsten Tag die Twin Towers an der Reihe, zu denen ich mir den Weg in der gleichen Form durch die Straßen suchte. Und je näher ich kam, desto majestätischer blitzten
sie in ihrem Edelstahllook vor mir auf. Am beeindruckendsten natürlich, als ich quasi um die letzte Wolkenkratzerecke bog, und sie vor mir 451,90 m hoch in den
Himmel ragten, nur durch das (scheinbar) kleine zierliche Element der Brücke miteinander verbunden, das sie irgendwie zu einer Einheit werden ließ. Allerdings hatte ich an diesem Tag noch nicht
vor, auf die „skybridge“
zu gelangen, denn es war Wochenende, und an denen ist hier immer der Bär los. Außerdem war ich zu spät dran, um noch eine
Karte zu ergattern. Nein, ich wollte dieses Bauwerk auf mich wirken lassen, drum herum laufen, es mir von innen anschauen, soweit es zugänglich ist und bei all dem die Umgebung mit einbeziehen.
Das alles hatte schon was, und zwar so viel, dass ich insgesamt vier Mal dort war, aber nur einmal die mehr als einstündige Ticket-Prozedur für eines der 1400 kostenlosen Karten für die Brücke
über mich ergehen ließ. Dazu hatte ich mich bereits um 8:35 Uhr eingefunden ~ 5 Minuten nach Öffnung des Ticket Counters ~ um schon hunderte in einer Schlangenlinie aufgereiht vorzufinden, die
alle das Gleiche wollten. Und dann hieß es doch ganz lapidar, als ich das begehrte Stück Papier in den Händen hielt: „You can go to the skybridge at 12:15 pm, please come at 12:05 pm.“ Tja, und damit hatte ich das Problem, wie ich in einem Bankenviertel an ein Frühstück kommen sollte, denn hier luden überall nur diverse Fastfood Ketten zu einer Art
asiatisch, westlich gemischtem Fastfood Frühstück ein, das mich nun überhaupt nicht lockte. Aber irgendwo fand ich dann doch etwas Brauchbares und zog mein Frühstücksritual solange hin, dass ich
kurz vor der angegebenen Zeit wieder vor Ort war. Na ja, diesen Zeitfüller hätte ich liebend gerne anders genutzt. Aber nun war er da, der Moment der Momente, und nachdem wir uns einen Film über
die Türme angeschaut hatten, schwebten wir empor, zu dieser Himmelsbrücke, die ~ wie ich im Nachhinein meine ~ ihren Namen zu Unrecht trägt. Sie befindet sich im 41sten Stock und ist gerade mal
um 170 Meter dem Himmel näher, als der normale Erdboden, und wir bekamen ganze 5 Minuten eingeräumt, um dort einmal nach links und einmal nach rechts aus den Fenstern zu schauen und ein paar
Fotos zu machen. Das fand ich ziemlich langweilig, wenn ich da an meine anderen Hochhäuser denke. Aber ganz nach oben auf die Petronas kommt man als normaler Sterblicher nun mal nicht.
Da entsprach mein zweiter Besuch beim und damit dann auch auf dem „viewing Deck“ des Fernsehturms Menara KL ~ dem mit 421 Metern immerhin
vierthöchsten Turm ~ doch schon eher meiner Vorstellung. Auch wenn besagtes "viewing
deck" nur 276 m, aber damit immerhin 106 m höher als
die „skybridge“
liegt. Zusätzlich steht der Fernsehturm auf einem Hügel, dessen Höhe ich aber nicht kenne. Allerdings wird
hier für Ausländer ein doppelt so hoher Eintrittspreis verlangt, als von Einheimischen. Wie schon so oft. Hier oben habe ich mich locker über 1 Stunde aufgehalten, weil es einfach faszinierend
war, die Stadt im 360° Look sehen zu können. Ich konnte sogar meine Bushaltestellenstraße und eine dort ebenfalls angesiedelte katholische Kirche entdecken. Hier oben hatte ich wirklich das
Empfinden, mich über allen Dingen zu befinden, denn ich schaute auf jedes andere Hochhaus herunter. Das war Google Earth in natura.
Dieser Turm steht wie gesagt auf einem Hügel, dem Bukit
Nanas, der zugleich ein Park ist, der urwaldähnlich bewachsen ist, „The
world's only forest reserve“, wie es in der Werbung heißt, in dem es die entsprechenden
Pflanzen, aber auch einige Tiere, wie z.B. Makaken gibt. Ein Schild an den Eingängen warnt vor „dangerous animals“, wie Schlangen, Skorpionen, giftigen
Tausendfüßlern und hornissenähnlichen Insekten. Aber auch vor den Affen, da sie beißen können, wenn man ihnen zu nahe kommt. Entsprechend respektvoll habe ich mich ihnen genähert, obwohl ich bei
meiner ersten Begegnung fast über einen gestolpert wäre, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet hatte. Aber wir beide hatten ~ vielleicht außer dem Schreck ~ keine Probleme miteinander.
Was ich bisher nicht wusste, ist, dass Affen ~ zumindest diese ~ gerne ins Wasser gehen, ja, sogar tauchen. Ich kam nun bei meinem zweiten, trocken Versuch, mich mit dem Park und dem Turm an
meinem vorletzten Tag in KL doch noch zu befassen, an einer Affenfamilie vorbei, die über einen eigenen Swimming Pool verfügte. Dieser Pool bestand aus einem großen Fass, das randvoll mit Wasser
gefüllt war. Und hier tummelte sich das Jungvolk, sprang vom Rand und dem in der Nähe stehenden Baum ins Wasser, bespritze und schubste sich gegenseitig ins Wasser, tauchte ab und machte all das,
was Menschenkinder im vergleichbaren Alter auch tun. Und alles natürlich ebenfalls mit viel Geschrei.
Bei meinem dritten Besuch wollte ich mir vor Ort u.a. das KLCC etwas näher anschauen und auch überlegen, ob ich mir eine Karte für das „Malaysian Philharmonic Orchestra“ in der dort angesiedelten „Dewan Filharmonic
PETRONAS“ als nachträgliches Geburtstagsgeschenk gönnen sollte. Denn
es gab dort wieder ein paar Auflagen ~ ähnlich denen für den Besuch der 64sten Etage in dem Hotel in Bangkok ~ die ich aus meinem Rucksack heraus evtl. nicht erfüllen konnte. Und das wollte ich
doch im Vorfeld geklärt haben, bevor ich mir eine Eintrittskarte übers Internet bestellte oder gleich hier kaufte.
Die Bedingungen waren: Keine Jeans, keine T-Shirts, keine Sandalen, Sneakers und ähnliches Schuhwerk. Und, wenn man am Samstagabend ins Konzert wollte, ging das nur mit einem Sakko, was ich ja
nun mal nicht mitgeschleppt hatte. Aaaaaber, sagte man mir, dass man mir sowohl ein Sakko, als auch Schuhe leihen würde, wenn meine immerhin geschlossenen Meindl Wandertreter denn bei der
Begutachtung durchfallen sollten. Das war doch ein Angebot, das dann allerdings etwas aufgeweicht wurde, als ich erfuhr, dass am Sonntagnachmittag kein Sakkozwang sei. Und da mir nicht nach
Leihsakko war ~ nach Leihschuhen natürlich auch nicht ~ war der Sonntag mein Philharmonie Tag. Ich würde mir Haydens Symphonie Nr. 103 „Drum Roll“ und Mahlers
Symphonie Nr.10 anhören, hatte aber zugegebener Maßen nicht die große Ahnung, was mich erwartete. Aaaaber, ich wurde auf der ganzen Linie angenehm enttäuscht, denn meine Schuhe gingen anstandslos
zusammen mit mir durch, und Haydens „Drum Roll“
gefiel mir recht gut. Bei Mahler bestätigte sich meine Vorahnung, dass es nicht ganz so mein Fall sein könnte. Aber dennoch
konnte ich das Stück gut hören. Interessant fand ich, dass sowohl das „Malaysian Philharmonic Orchestra“, als auch das Publikum zum größten Teil aus
westlich aussehenden Menschen bestand. Beim Orchester hatte ich es bei dem Namen eher umgekehrt erwartet.
Als ich meine Karte gekauft hatte und anschließend noch ein wenig durch's KLCC, eine angegliederte Super-Mall flanieren wollte, um mal wieder so richtig all die chicen und teuren Labels der Welt
~ von A bis Z ~ an einem Ort zu sehen und die Menschen zu beobachten, die auch in einem der sogen. ärmeren Länder in so einem Konsumtempel einkaufen können. Es war schon beachtlich, wer, was und
wie viele die Geschäfte von Rolex usw. bevölkerten. Aber es gab auch reichlich (es war sogar die Mehrheit), in denen sich die Mitarbeiter in der Nase bohrten.
Auf meinem Gang durch diese heiligen Hallen wurde ich von zwei Frauen überholt, von denen mich die eine in eines der üblichen Gespräche verwickelte, „Where are you from?“ usw. und
als sie „Germany“ hörte, dafür glatt ihre Begleiterin sausen ließ, um das erst einmal zu vertiefen. Dazu saßen wir dann draußen auf dem Sockel einer der
Säulen, die die Eingänge säumen ~ weil es ihr, im Gegensatz zu mir, drinnen zu kalt war ~ und redeten über alles Mögliche. Und so erfuhr ich, dass sie Mutter einer Tochter, geschieden, und ihre
Begleiterin ihre Kusine sei, und dass sie von Borneo hierher gekommen war, um ihre Mutter ins Krankenhaus zu bringen. Sie wohnte für diese Zeit bei ihrem Bruder, den es beruflich mit seiner
Familie nach KL verschlagen hatte. Und als ich gestehen musste, dass ich die malaysische Küche bisher noch nicht kennen gelernt hatte, weil es anscheinend nur indische und chinesische Restaurants
gäbe, erfolgte, da Mittagszeit war, die Einladung, doch gleich mit ihnen zu ihrem Bruder zum Essen zu fahren. Und da in mir alles ruhig blieb, folgte ich dieser Einladung. Und so saßen wir ~
nachdem ihre Kusine wieder auftauchte, dann bald in einem Taxi und fuhren in irgendeinem Stadteil von KL, den ich nicht einmal dem Namen nach kannte. Immerhin konnte man auch von hier die Türme
sehen.
Das Taxi hielt schließlich in einem Wohngebiet vor einem Reihenhaus malaysischer Bauart, wo uns ein erstaunter, aber nichtsdestoweniger hocherfreut erscheinender Bruder in kurzer Schlabberhose
und T-Shirt die Tür öffnete, so dass ich mir in meiner abgezippten Hose nicht underdressed vorzukommen brauchte. Er begrüßte mich auf die höfliche und sehr herzlich wirkende asiatische Art mit
beiden Händen und hieß mich in seinem Haus willkommen. Er hatte tatsächlich gekocht und so saßen wir dann bald am Tisch und aßen malaysischen Reis mit kleinen, lecker gebratenen Fischen und einer
Suppe, in der sich Gemüse und Rindfleisch mit wirbelähnlichen Knochenstücken befanden, was mich stark an die Rindfleisch-Suppen-Varianten meiner Mutter erinnerte. Optisch, wie geschmacklich.
Irgendwie hatte ich mir unter malaysischem Essen etwas anderes vorgestellt.
Interessanterweise unterhielten sich ab dem Betreten der Wohnung nur noch wir beiden Männer, als wären die Frauen nicht mehr da. Sie saßen ein paar Meter von uns entfernt, aber ich schaffte es
nicht, sie ins Gespräch einzubeziehen. Hier griff wohl die Maxime: „Wenn
Mann redet, hat Frau zu schweigen“, o.ä. Was mich doch erstaunte, hätte meine neue
Bekanntschaft temperamentsmäßig doch gut als Italienerin durchgehen können, die in ihrer Quirrlichkeit natürlich zuvor auch das Thema einer möglichen Verbindung, sprich Heirat, nicht
ausgeschlossen hatte und der ich kaum zugetraut hätte, sich auf diese Weise den Mund quasi verbieten zu lassen.
Von ihm erfuhr ich Bröckchenweise, was er machte, und zwar über ein Spiel, das auf einem Beistelltischen lag, ein Majong Spiel, das ich zwar vom Hörensagen kannte, aber mehr auch nicht. Es geht
über Stunden und wird im allgemeinen zu viert gespielt und um Geld. Er bezeichnete es als sein zweites Einkommen. Wobei aber auch sein Haupteinkommen mit Spielen zu tun hatte, wie ich bald
erfuhr. Er arbeitete seit 18 Jahren für eine Spielbanken Gesellschaft und hatte sich vom Spieltisch zu einer Art Supervisor hochgearbeitet, der neuen Mitarbeiter klar machte, wo es
langgeht.
Natürlich wollte er wissen, ob ich schon mal in einer Spielbank war und gespielt hätte. Worauf ich ihm nur sagen konnte, dass ich drei oder viermal so eine Einrichtung von Innen gesehen und nur einmal Roulette gespielt, aber nichts
gewonnen hätte. Und dann bekam ich gute Tipps für den Fall, dass ich es noch einmal probieren sollte. Mich vorher genau mit dem Spiel auseinander zu setzen, die Regeln, die Spielweise und alles
Wichtige zu kennen ~ er sagte, dass die meisten Leute genau das nicht täten ~ nur auf Schwarz oder Rot zu setzen, da hier die Chancen immerhin ca. 40 Prozent betrügen, wenigstens etwas zu
gewinnen und maximal nur eine Stunde zu spielen, egal, wie es läuft. Das sei die wichtigste Regel. Und dann kriegte er elegant die Kurve und bot mir an, mir jetzt und auf der Stelle kostenlosen
Nachhilfeunterricht zu geben, mich mit dem Spielen vertraut zu machen, mir Tricks zu zeigen usw. usf.
» Hihi, lachte der Pferd, du glaubst doch wohl nicht, dass ich diesen Hafer fresse und auf einen der ältesten Spieler- und Abzocktricks
hereinfalle? « und machte ihm klar, dass ich prinzipiell nicht
spielte, es auch nicht lernen wollte, nicht einmal nur zum Spaß. Zumal just im Moment meiner Erklärungen ein dritter Mann ~ wahrscheinlich ein potentieller Mitspieler ~ ganz zufällig
hereinschneite. Und dann sah ich zu, dass ich vom Acker kam. Wobei mir die beiden Frauen und ein Freund von ihnen ~ wahrscheinlich der vierte Mann ~ behilflich waren, denn sie brachten mich zu
den Petronas zurück. Eine interessante Info hatte mein Spieler aber dennoch geliefert, die ich bei Gelegenheit vielleicht mal austesten werde. Er empfahl mir nämlich, in Australien in die
Spielbank zu gehen, nicht um zu spielen, sondern weil es das Essen dort „for
free“ gäbe. Und ich möchte doch zu gerne wissen, ob er mir da
einen Bären aufgebunden oder die Wahrheit gesagt hat. Aber Australien ist ja nicht mehr weit. Und um den Abstand wieder einmal um ein Sück zu verkürzen, kaufte ich mir in diesem Irrsinsbusbahnhof
ein Ticket nach Melaka, weiter Richtung Süden. Ich war schon ganz gespannt auf die alte Portugiesen Stadt.
Fotos